Seit Beginn des „Stadtumbaus Ost“ im Jahr 2002 sind 2600 Wohnungen der Abrissbirne in Berlin zum Opfer gefallen. Bis 2009, wenn das Programm ausläuft, sollen es etwa 6000 werden. Berlin liegt damit hinter den anderen Ost-Bundesländern. Und das ist gut so – meint nicht nur der Berliner Mieterverein (BMV).
Der „Stadtumbau Ost“ ist ein gemeinsames Förderprogramm von Bund und Ländern. Die Kommunen Ostdeutschlands werden hierdurch bei der Aufwertung von Stadtquartieren und dem „Rückbau“, sprich: Abriss von Wohnungen, unterstützt.
„Wir sind nach einem ruhigen Auftakt in den Jahren 2002 und 2003 deutlich besser in Fahrt gekommen“, so Wolfgang Schulgen von der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Dass in der Hauptstadt im Vergleich zu anderen ostdeutschen Städten sehr viel weniger Wohnungen abgerissen worden seien, liege vor allem daran, dass Berlin anfangs der Modernisierung Vorrang vor dem Abriss eingeräumt hat. „Wenn wir in eine Wohnung erst vor kurzem 600 Euro investiert haben, können wir sie jetzt nicht einfach abreißen“, erklärt Schulgen. „Das Bewusstsein musste erst wachsen, dass sich der Wohnungsmarkt verändert hat und reine Modernisierungen den Leerstand nicht verhindern.“ Und doch erlebe Berlin im Unterschied zu anderen Städten und Kommunen Ostdeutschlands keinen dramatischen Bevölkerungsrückgang.
Letzteres bestätigt auch Sigmar Gude vom Berliner Stadtforschungsinstitut TOPOS. Er warnt genau deshalb auch jetzt vor einem großräumigen Plattenbauabriss. „Es besteht die Gefahr, dass uns nach einiger Zeit genau dieser billige Wohnraum fehlt.“ In den entsprechenden Siedlungen bestehe zwar derzeit ein Überangebot, doch gerade im Innenstadtbereich werde günstiger Wohnraum langsam knapp. „Deshalb ist nur ein moderater Abriss sinnvoll.“ Für einen umsichtigen Abriss plädiert auch der BMV. „Gut wäre, nur einige Stockwerke zu entfernen und den Rest umzubauen“, so der stellvertretende BMV-Hauptgeschäftsführer Reiner Wild.
Ein gelungenes Beispiel steht im Berliner Stadtbezirk Marzahn-Hellersdorf. Durch Rück- und Umbau von 1670 Wohnungen entstanden hier die attraktiven „Ahrensfelder Terrassen“ mit 409 Miet- und 38 Eigentumswohnungen. Über 1200 Wohnungen wurden also abgerissen, statt elf Stockwerke sind es nun nur noch drei bis maximal sechs.
Beim Abriss konzentriert sich Berlin insbesondere auf öffentliche Einrichtungen wie Kitas und Schulen. „Das ist Teil des Konzeptes“, so Wolfgang Schulgen, „und ein weiterer Grund für den zunächst zögerlichen Wohnungsrückbau.“ In den Siedlungen, die einst gerade für junge Familien gebaut wurden, leben mittlerweile deutlich weniger Kinder als zu Spitzenzeiten.
Kristina Simons
MieterMagazin 10/06
Gelten als gelungenes Beispiel für den Stadtumbau Ost:
die Ahrensfelder Terrassen in Hellersdorf
Foto: Christian Muhrbeck
23.04.2013