Mit einer Neufassung des Baugesetzbuches (BauGB) will die Bundesregierung die Innenentwicklung der Städte fördern. Künftig sollen Bebauungspläne einfacher und schneller aufgestellt werden können, mit denen die Umnutzung von innerstädtischen Brachen, eine Nachverdichtung oder eine Aufwertung zentraler Versorgungsbereiche verfolgt wird. Die Bürgerbeteiligung und die Umweltverträglichkeitsprüfung werden bei diesem beschleunigten Verfahren allerdings empfindlich beschnitten.
Ein beschleunigtes Bebauungsplanverfahren soll vor allem für Bauvorhaben im so genannten nicht beplanten Innenbereich zur Anwendung kommen. In diesen Gebieten ohne verbindlichen Bauleitplan musste über die Zulässigkeit von Bauvorhaben bisher immer die Ermessensentscheidung getroffen werden, ob sich der geplante Bau „in die Eigenart der näheren Umgebung“ einfügt. Diese sehr dehnbare Anforderung sorgte immer wieder für Ärger und Unmut auf allen Seiten und wurde in den letzten Jahren vor allem von den Discounterketten ausgenutzt, um freie Grundstücke mit Supermärkten zu bepflastern.
Kern der Baugesetzbuchnovelle ist nun der neu eingefügte Paragraf 13 a. Danach sollen Bebauungspläne, die die Gemeinde zur Stärkung der Innenentwicklung aufstellt, in den Genuss eines vereinfachten Verfahrens kommen. Dabei haben die Bürger und die betroffenen Behörden nur noch einmal die Gelegenheit, Einwände und Bedenken zu äußern. Bislang wurden bei regulären Bebauungsplänen die Bürger und die so genannten Träger öffentlicher Belange zweimal gehört. Außerdem soll bei einem beschleunigten Verfahren die sonst obligatorische Umweltverträglichkeitsprüfung entfallen, wenn die überbaubare Grundfläche weniger als zwei Hektar groß ist. Das entspricht immerhin der Fläche von vier Fußballfeldern. Bei einer Grundfläche von zwei bis sieben Hektar soll in einer Vorprüfung getestet werden, ob erhebliche Umweltauswirkungen zu erwarten sind. Erst in der letzten Überarbeitung des Baugesetzbuches im Jahr 2004 wurde unter Berufung auf EU-Richtlinien die Regelung eingeführt, dass grundsätzlich bei jedem Bauleitplan eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss.
Ein Bebauungsplan für die Innenentwicklung muss auch nicht mehr wie bisher aus dem übergeordneten Flächennutzungsplan, in dem die Gemeinde die Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung festgelegt hat, abgeleitet werden. Es darf durch die Planung lediglich eine geordnete städtebauliche Entwicklung nicht gefährdet werden. Im Gesetzentwurf ist darüber hinaus nirgends definiert, was als Innenstadt und welche Bauvorhaben als der Innenentwicklung förderlich gelten sollen. Ob mehr Wohnungen oder Büros, neue Einkaufszentren oder Parkplätze der Innenstadt gut tun, ist mitunter heiß umstritten.
Michael Marten, Pressesprecher des Bundesbauministeriums, spricht von einer „kopernikanischen Wende“ im Baurecht: „Erstmals bekommt man in der Innenstadt schneller Baurecht als auf der grünen Wiese.“ Die Bundesregierung verspricht sich von dieser Neuregelung eine Verkürzung der Bebauungsplanverfahren um bis zur Hälfte. Der rechtliche Bonus für die Innenentwicklung soll Investitionen erleichtern sowie im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung das Flächenrecycling fördern und den Baulandverbrauch reduzieren.
Effekte auf Arbeits- und Wohnungsmarkt erwartet
Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee (SPD) erwartet auch positive Effekte auf Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie Infrastrukturausstattung.
Mit dem neuen Baugesetzbuch drückt der Gesetzgeber auch bei den Sanierungsgebieten auf die Tube: Künftig muss für jedes Sanierungsgebiet eine Frist festgelegt werden, in der die Erneuerungsmaßnahmen beendet sein sollen. Schließlich wird auch die Berechnung der Ausgleichsbeträge, die von den Eigentümern nach dem Ende der Sanierung erhoben werden, vereinfacht.
Jens Sethmann
MieterMagazin 10/06
Das Baugesetzbuch beschleunigt Planungsverfahren: Künftig können Innenstadtbrachen schneller bebaut werden
Foto: Christian Muhrbeck
Dauerbaustelle Baugesetzbuch
Das Baugesetzbuch ist eine Dauerbaustelle. Erst 2004 wurde es zum letzten Mal geändert, die vorherigen Novellierungen traten 2001 und 1998 in Kraft. Die nun von der Bundesregierung beschlossene Neufassung des Baugesetzbuches muss noch durch den Bundestag und den Bundesrat und soll möglichst Anfang 2007 in Kraft treten – damit bliebe man mit den Novellierungen im bisherigen Dreijahresrhythmus. Von vielen Seiten wurde schon Bedarf für weitere Änderungen angemeldet.
js
28.07.2013