Seit Jahren geht im Kreuzberger Waldekiez die Angst vor Spekulanten um. Rund 200 Wohnungen des städtischen Wohnungsunternehmens WBM im ehemaligen Sanierungsgebiet standen zum Verkauf. 182 davon wurden jetzt von einer Genossenschaft erworben, die sich vor allem die Einbindung der türkischen Bewohner auf die Fahnen geschrieben hat.
Die zwölf Grundstücke, die von der Wohnungsbaugesellschaft Mitte (WBM) an die Wohnungsbaugenossenschaft „Am Ostseeplatz“ verkauft wurden, liegen im Kiez Waldemar-, Adalbert- und Naunynstraße. Es handelt sich um einfache Altbauten, zum Teil noch mit Ofenheizung. Hier leben überwiegend türkische Mieter, viele schon seit Jahrzehnten. Für die Genossenschaft, die bislang vor allem Bestände in Prenzlauer Berg und Friedrichshain hat, ist der Kauf eine Herausforderung. Seit fast zwei Jahren wird versucht, die Migranten von den Vorteilen genossenschaftlichen Wohnens zu überzeugen.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und das Bundesbauministerium begleiten das Projekt seit 2005 im Rahmen eines Forschungsprogramms. „Wir wollen den Mietern zeigen, dass es einen dritten Weg zwischen Eigentum und Miete gibt“, sagt Barbara Rolfes-Poneß vom Büro „WorkArt“, die das Projekt betreut. Einfach ist das nicht. Bislang sind erst 30 Mieter Mitglieder geworden, allerdings erfolgte der Kauf erst am 1. August 2007. Schon bald soll mit der Instandsetzung und Modernisierung begonnen werden. „Das geht nicht zum Nulltarif, aber die Mieten werden sich sozialverträglich entwickeln“, betont Rolfes-Poneß.
Kritik kommt von der „Berliner Alternative für Solidarität und Gegenwehr“ (BASG). Zwar sei es erfreulich, dass die Häuser nicht in die Hände von Heuschrecken gefallen seien, sagt Sprecher Rouzbeh Taheri. Aber die „Genossenschaft Am Ostseeplatz“ agiere wie ein klassisches Wohnungsunternehmen und habe sofort die mietsteigernde Sanierung angekündigt. „Die WBM hat den Kauf durch eine Bewohnergenossenschaft blockiert“, kritisiert Taheri.
Die WBM weist das zurück. „Es ist völlig illusorisch, dass die Bewohner so viel Eigenkapital hätten aufbringen können, auch wir mussten über ein Jahr mit den Banken verhandeln, bis die Finanzierung endlich stand“, meint auch Rolfes-Poneß. Im Unterschied zu einem privaten Investor sei man zudem nicht an der Rendite orientiert.
Über den Erwerb weiterer Grundstücke im Waldekiez ist die Genossenschaft bereits in Verhandlungen mit der WBM.
Birgit Leiß
MieterMagazin 10/07
Die Ex-WBM-Häuser in der Kreuzberger Adalbertstraße sind jetzt unter dem Dach einer Genossenschaft
Foto: Christian Muhrbeck
16.04.2013