Die Verbraucherorganisation Foodwatch schlägt Alarm: Bei Untersuchungen in mehreren Bundesländern überschritten etwa 150 Messwerte den Leitwert von 10 Mikrogramm Uran pro Liter Trinkwasser, in weiteren 800 Proben lag der Wert zwischen 2 und 10 Mikrogramm.
2005 hat das Umweltbundesamt einen „gesundheitlich lebenslang duldbaren Leitwert“ für Uran von 10 Mikrogramm pro Liter Trinkwasser für alle Bevölkerungsgruppen – also auch für Säuglinge und Kleinkinder – festgesetzt. Aber ein Leitwert ist kein Grenzwert. Weder die EG-Trinkwasserrichtlinie (1998) noch die deutsche Trinkwasserverordnung (2001) – beide werden zurzeit überarbeitet – enthalten Grenzwerte für die Uranbelastung. Lediglich für natürliche Mineralwässer und sonstige abgepackte Wässer, deklariert als „geeignet für die Zubereitung von Säuglingsnahrung“, gilt ein verbindlicher Grenzwert von 2 Mikrogramm pro Liter. Die Weltgesundheitsorganisation WHO hat im Jahre 2004 einen Leitwert von 15 Mikrogramm Uran in einem Liter Trinkwasser empfohlen.
In Bezug auf Uran besteht in Berlin kein Grund zur Sorge: Keiner der 43 von Foodwatch erfassten Werte lag über 2 Mikrogramm. Im bayerischen Maroldsweisach wurden 39, in Lobenrot im Landkreis Esslingen bei Stuttgart 33 und in Reimershagen im Landkreis Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern 30,08 Mikrogramm Uran gemessen.
Die chemische Wirkung des giftigen Schwermetalls ist gefährlicher als die relativ geringe radioaktive Strahlung. Nierenkrebs, Leber und Knochenschäden sowie innere Blutungen können die Folge sein. Umweltexperten und einige Länderregierungen fordern deshalb einen verbindlichen Grenzwert von 10 Mikrogramm Uran pro Liter Trinkwasser. Das Bundesgesundheitsministerium prüft derzeit die gesetzliche Festlegung eines solchen Grenzwertes. Auch Ludwig Pawlowski vom Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB) sieht „Regulierungsbedarf“. Ein Grenzwert wäre problemlos zu realisieren: Die technischen Voraussetzungen, Wasser mit höheren Werten entsprechend zu filtern, sind vorhanden. Das Filtern kostet 1bis 2 Cent pro 1000 Liter Wasser. Aber bereits bei Werten über 2 Mikrogramm sollten die Wasserversorger die Bevölkerung ab sofort warnen, damit Säuglinge und Kleinkinder kein uranhaltiges Leitungswasser trinken.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 10/08
Nicht die Radioaktivität, sondern seine chemische Wirkung macht Uran im Trinkwasser gefährlich
Foto: Christian Muhrbeck
13.04.2013