Das Ergebnis einer vom Berliner Mieterverein durchgeführten Leerstandsuntersuchung dürfte den Senat nicht erfreut haben. In der weit überwiegenden Zahl der von Mietern gemeldeten Fälle standen Wohnungen oder Häuser wegen Unvermietbarkeit leer. „Wir gehen davon aus, dass von den 108.000 vom Senat als leer gemeldeten Wohnungen nur die Hälfte überhaupt dem Wohnungsmarkt zur Verfügung steht“, so Hartmann Vetter, Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins.
Das Ergebnis einer vom Berliner Mieterverein (BMV) Anfang September vorgestellten Leerstandsuntersuchung belegt die Skepsis gegenüber den vom Senat gebetsmühlenhaft wiederholten Leerstandszahlen, mit denen der Eindruck von einem stadtweit ausgeglichenen Wohnungsmarkt erzeugt werden soll. Die 1389 dem BMV über Internet oder per Fragebogen benannten Leerstandsfälle hatten weit überwiegend schwerwiegende Defizite, die zu einer Unvermietbarkeit führten. Solche Wohnungen sind am Wohnungsmarkt nicht verfügbar und können deswegen auch nicht als vermietbare Leerstandsobjekte gewertet werden.
Auch Wolf Schulgen, Abteilungsleiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, hatte bereits mehrfach in der Öffentlichkeit zugegeben, dass der Senat von den 108000 leeren Wohnungen rund 35.000 bis 40.000 als nicht auf dem Wohnungsmarkt verfügbar bewertet. Derweil stellt Stadtentwicklungssenatorin Junge-Reyer aber die insgesamt ermittelten leeren Wohnungen immer noch als verfügbare Masse auf dem Wohnungsmarkt dar.
„Es ist absolut unerträglich, dass man über die Anzahl der in Berlin gehaltenen Mastschweine gesicherte statistische Werte hat, bei den essentiellen Wohnungsmarktdaten aber im Trüben fischt“, kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Berliner Mietervereins, Hartmann Vetter. Die offiziellen Leerstandszahlen seien, wenn sie weiter zur Rechtfertigung verwendet werden sollen, dringend einer wissenschaftlichen Untersuchung zu unterziehen.
Die Hauptgründe für den Leerstand sind nach der BMV-Untersuchung mit 30,3 Prozent der Zustand des Hauses oder der Wohnung und mit 13,2 Prozent eine zu hohe Mietforderung. Von den 1389 ausgewerteten Leerständen stehen 4,9 Prozent bis zu 6 Monate leer, 14 Prozent bis zu 12 Monate, weitere 25,9 Prozent bis zu 2 Jahre und 55,1 Prozent mehr als 2 Jahre. Nach offiziellen Senatszahlen beträgt der Wohnungsleerstand per 1. Juli 2008 157.000 Wohnungen (8,3 Prozent des Wohnungsbestandes). Mehr als 6 Monate seien 108.000 Wohnungen leer (5,7 Prozent) und 28.000 Wohnungen mehr als 24 Monate (1,5 Prozent).
Die Untersuchung des BMV belegt, dass die Senatszahlen keinen wohnungspolitischen Wert haben. Deswegen wird der Senat aufgefordert, sich der Diskussion über mietpreisbegrenzende Maßnahmen bei Neuvermietungen zu stellen. Die Rechtsprechung entzieht den vorhandenen rechtlichen Bestimmungen den Boden, indem eine Mangellage, die Voraussetzung für die Anwendung dieser Vorschriften ist, mit Hinweis auf den hohen Leerstand verneint wird. Inzwischen scheint man beim Senat verunsichert zu sein. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen wird berichtet, dass der Senat auch eine wissenschaftliche Erhebung zum Leerstand erwäge.
Reiner Wild
MieterMagazin 10/09
Der Mieterverein ermittelte: Die Hälfte der in Berlin leer stehenden Wohnungen ist nicht vermietbar
Foto: Christian Muhrbeck
06.06.2013