Finanzinvestoren oft international agierender Beteiligungsgesellschaften haben sich in den letzten Jahren vor allem über die Privatisierung öffentlicher Wohnungsbestände massiv auf den deutschen Wohnungsmärkten eingekauft. Eine jetzt vorgelegte Studie des Bundesverbandes für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) belegt messbare Veränderungen in der Wohnangebotslandschaft, allerdings ohne dass die Grundstruktur ins Wanken geriet. Die Finanzmarktkrise hat nun dem Handel mit Wohnungen kräftig zugesetzt.
Der Bundesverband für Wohnen und Stadtentwicklung (vhw) hat in Kooperation mit dem Deutschen Mieterbund (DMB) und dem Verbraucherzentralen Bundesverband (VZBV) seit dem Jahr 2006 ein Projekt über die Veränderungen am Wohnungsmarkt durch die neuen Investoren durchgeführt. In den Beispielstädten Kiel, Essen, Hannover und Berlin wurden die Folgen der Investitionstätigkeit von Finanzinvestoren untersucht. Im Vordergrund standen dabei die Wohnungsversorgung und die Wohnkostenbelastung sowie mögliche Konsequenzen für die sozialräumlichen Strukturen in den Quartieren und der gesamten Stadt.
Etwa jede 14. Mietwohnung befindet sich in der Hand von Finanzinvestoren. Von 1997 bis 2006 wechselten bundesweit 1,4 Millionen Wohnungen den Besitzer. Bund und Länder verkauften 75 Prozent ihres Mietwohnungsbestandes. Der Anteil aller in öffentlichem Eigentum befindlicher Mietwohnungen ist von 12,5 Prozent im Jahr 1998 auf etwa 9,3 Prozent im Jahr 2008 zurückgegangen. Eine Verknappung preiswerten Wohnraums durch den Markteintritt der neuen Investoren will die Studie nicht festgestellt haben. Diese Bewertung erschließt sich aber aus Berliner Sicht nicht. Denn immerhin wurden die Mieten der von Investoren geführten Unternehmen von 2004 bis 2007 im Durchschnitt um mehr als 10 Prozent erhöht, beim Berliner Wohnungsunternehmen GSW sogar um 13 Prozent. Besonderes Ärgernis: Die kommunalen Wohnungen zogen nach. Auch bei ihnen wurden Mietsteigerungen von 7 bis 10 Prozent in diesem Zeitraum verzeichnet.
Inzwischen hat sich der Ansturm auf deutsche Wohnimmobilien stark abgekühlt. Die Erwartungen insbesondere der an kurzfristigen Renditezielen orientierten Anleger, der sogenannten „Opportunisten“, ließen sich offenbar nicht in vollem Umfang befriedigen. Durch Zinsentwicklung und Risikoaufschläge haben sich die Finanzierungsbedingungen stetig verschlechtert. Etliche „opportunistische“ Investoren haben sich seit 2007 ganz oder teilweise vom deutschen Markt zurückgezogen, heißt es in dem vhw-Bericht. Es komme daher zu einer Gewichtsverschiebung von den „opportunistischen“ zu den mittel- bis längerfristig orientierten strategischen Investoren.
Reiner Wild
MieterMagazin 10/09
Deutliche Mietsteigerungen nach der Privatisierung mussten die Berliner GSW-Mieter hinnehmen
Foto: Christian Muhrbeck
31.05.2017