Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) ist bei Mieterhöhungen die im Mietvertrag angegebene Wohnungsgröße maßgeblich, selbst wenn die Wohnung tatsächlich erheblich kleiner ist. Bis zu 10 Prozent darf die Wohnfläche nach unten abweichen. „Das Urteil ist enttäuschend und nicht nachvollziehbar – es öffnet Missbrauch und Betrügern Tür und Tor“, kommentiert der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten.
Ein Hamburger Vermieter hatte bei einer Mieterhöhung einen Quadratmeterpreis von 7,76 Euro verlangt und die im Mietvertrag genannte Wohnfläche von 55,75 Quadratmetern zugrunde gelegt. Die Mieterin wollte das nicht hinnehmen, schließlich ist ihre Wohnung tatsächlich nur 51,03 Quadratmeter groß, also rund 8,5 Prozent kleiner. Vor dem BGH konnte sich der Vermieter jedoch durchsetzen. Abweichungen bis zu zehn Prozent lägen innerhalb der „Toleranzgrenze“ und müssen dem höchsten Gericht zufolge hingenommen werden.
In der Konsequenz muss die Mieterin nun 36,63 Euro pro Monat oder 439,56 Euro pro Jahr für nicht existierenden Wohnraum zahlen. „Vermieter, die bei der Festlegung der Wohnungsgröße im Mietvertrag großzügig zu ihren Gunsten rechnen, werden mit barem Geld belohnt“, erklärt DMB-Direktor Lukas Siebenkotten. „Das ist unerträglich.“ Mieter sind solchem Treiben relativ schutzlos ausgeliefert, denn sie haben in der Regel nicht die Möglichkeit, vor einem Mietvertragsabschluss die angegebene Wohnfläche zu überprüfen.
Der Wohnflächenschwindel hat bereits erhebliche Ausmaße: Einer Untersuchung der Dekra zufolge sind etwa 80 Prozent der Wohnungen in Deutschland bis zu 10 Prozent kleiner als im Mietvertrag angegeben. „Für diese Vermieter ist das BGH-Urteil ein Milliardengeschenk“, so DMB-Direktor Siebenkotten.
Jens Sethmann
MieterMagazin 10/09
Bis zu zehn Prozent darf, die tatsächliche Wohnfläche von der im Vertrag abweichen
Foto: Christian Muhrbeck
Die BGH-Entscheidung vom 8. Juli 2009
(Aktenzeichen: VIII ZR 205/08)
06.05.2018