Viele Mieter kennen Geschichten von unendlichen Sanierungen. Nicht wenige geben irgendwann auf und ziehen aus. Die Mieter in der Jablonskistraße 37 in Prenzlauer Berg wehren sich und verlangen vom Vermieter einen Zeitplan, die Einhaltung der Milieuschutzauflagen und der Mindestanforderungen an die Qualität der Sanierung.
Der „Schneider Grundbesitz GmbH & Co. KG“ gehören in Berlin zahlreiche Häuser. „Als langfristig orientiertes Wohnungsunternehmen und verantwortungsvoller, leistungsstarker Vermieter erzielen wir den Großteil unserer Einnahmen aus der Vermietung von attraktivem Wohnraum“, wirbt das Unternehmen auf seiner Homepage. Die Schneider-Gruppe ist auch mit Fassadenarbeiten an Renommierprojekten wie dem Hauptbahnhof, dem Bundeskanzleramt und der BND-Zentrale beteiligt. Wenige Kilometer entfernt, in der Jablonskistraße 37, werkelt das Unternehmen seit über einem Jahr an einer Sanierung, die alles andere als ein Vorzeigeobjekt ist.
Am 30. Juni 2010 finden die Mieter eine Ankündigung der Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten im Briefkasten. Zu diesem Zeitpunkt lag noch nicht einmal ein entsprechender Antrag bei den Behörden vor. Zur Sicherung der Milieuschutzkriterien verhängte das Bauamt einen sofortigen Baustopp – trotzdem wurde weiter „gebaut“ beziehungsweise abgerissen. Zum Jahreswechsel 2010/2011 erteilte der Bezirk eine Baugenehmigung mit Auflagen gemäß der Milieuschutzrichtlinien.
Aber die Auflagen interessierten die häufig wechselnden Bauleiter nicht. Ohne die Mieter zu informieren, wurden zum Beispiel die Schornsteinköpfe abgerissen, bei jedem Regen läuft das Wasser durch das Dach in die Wohnungen, die laienhaft angeklebten Dämmplatten behindern die Trocknung des durchnässten Mauerwerks und einige Wohnungen können nicht mehr beheizt werden. Ein Bauleiter ist nur sehr selten vor Ort, die Arbeiten erfolgen unkoordiniert und laienhaft, es gibt keinen Terminplan, die Mieter werden nicht informiert – eine Sanierung, wie sie chaotischer kaum sein könnte.
Ein Schreiben des Baustadtrats Dr. Michail Nelken vom Mai 2011 an die Eigentümer blieb ebenso unbeantwortet wie Anfragen und Beschwerden der Mieter. Projektleiter Alexander Schläger von der „Schneider Fertigbau GmbH“ bezeichnet sich als „nicht auskunftsbefugt“, die Mitarbeiterin der Hausverwaltung Beate Liedke ist für eine Auskunft an das MieterMagazin ebenso unerreichbar wie für ihre Mieter.
Rechtsberaterin Sabine Mettin vom Berliner Mieterverein unterstützt die Mieter – diverse Gerichtsverfahren stehen mittlerweile an. Inzwischen ist die Bausubstanz des Hauses soweit geschädigt, dass von „attraktivem Wohnraum“ keine Rede mehr sein kann. Setzen die Schneider-Geschäftsführer auf Vertreibung der Langzeitmieter? Dann sollten sie die Werbung auf ihrer Homepage korrigieren, und Schneider Fertigbau sollte sich umbenennen in Schneider Endlosbau.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 10/11
Die Zustände in einem Sanierungsobjekt in der Jablonskistraße sprechen der Eigenwerbung des Vermieters Hohn
Foto: Rudolf Schmidt
27.03.2013