Als der dortige Bürgerverein Anfang September zum großen Fest „40 Jahre Allende-Viertel“ lud, wurde über aktuelle Probleme in Lateinamerika diskutiert. Die Sängerin Quena Tapia sorgte für chilenisches Flair. 1973, als das Viertel nach dem chilenischen Präsidenten Salvador Allende benannt wurde, war der demokratisch gewählte Präsident und Chef der Volksfront-Regierung bereits nicht mehr am Leben. Der Militärputsch des Generals Augusto Pinochet hatte dem Versuch, in Chile eine sozialistische Gesellschaft zu etablieren, ein schnelles und blutiges Ende bereitet.
Salvador Allende war und ist eine Symbolfigur der Linken, dem in der DDR auf besondere Weise gehuldigt wurde. Auch in Bautzen und Wittenberge gibt es Allende-Viertel. Dort wird allerdings bereits „rückgebaut“. Das Allende-Viertel in Treptow-Köpenick ist hingegen nach wie vor eine begehrte Wohnlage. Die etwa 6800 Wohnungen der Anlagen Allende I und II in der waldreichen Gegend um den Müggelsee wurden ab 1971 auf früheren Kleingartenflächen, dem Amtsfeld, und ab 1980 in einem Waldgebiet gebaut. Die Siedlung ist mit Bus und Straßenbahn gut zu erreichen und verfügt neben Kindertagesstätten, Spielplätzen, Schulen, Seniorenheimen, einer Schwimmhalle und anderen Sportmöglichkeiten, Gästewohnungen und einem Shoppingcenter sogar über ein „Wohngebietszentrum“, das allen Mietern offen steht. Der Leerstand tendiert gegen null.
Etwa 1900 Wohnungen werden von der Wohnungsbaugesellschaft Degewo verwaltet. Die Wohnungsbaugenossenschaft Amtsfeld e.V. verwaltet 1308 Wohnungen. In die Schlagzeilen geriet der Block Salvador-Allende-Straße 76, als nach dem Wegfall der Anschlussförderung für Sozialwohnungen die „Siepert Agentur für Vermögenskonzepte“ als Verwalter von einigen Mietern bis zu 13,87 Euro pro Quadratmeter verlangte.
Die Degewo berechnet Altmietern zurzeit 5,19 Euro pro Quadratmeter netto kalt. Neumieter müssen 5,59 Euro zahlen. Das liegt noch im Rahmen des Mietspiegels. Vielleicht ist ja der Kiez wirklich eine „Insel der Glückseligen“, wie die Degewo verkündet? Hans-Jürgen Geicke, Sprecher des Mieterbeirates, ist optimistisch: „Auch wenn der Altersdurchschnitt zurzeit mit 66 Jahren recht hoch ist – es ziehen immer mehr junge Leute ins Allende-Viertel.“
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 10/12
Das Allende-Viertel in Köpenick ist bei seinen Mietern auch im 40sten Jahr seines Bestehens beliebt
Foto: Christian Muhrbeck
20.03.2013