Die Deutsche Annington hat sich umbenannt in „Vonovia“. Was sich anhört wie eine Schönheitsreparatur, ist in Wirklichkeit eine Verkaufslackierung. Die Konzernstrategie bleibt die alte. Selbst ein Aktionärsvertreter mahnt die Unternehmensführung, Mieterinteressen nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
Die Deutsche Annington, seit zwei Jahren an der Börse, schaffte vor Kurzem den Sprung in den Deutschen Aktienindex (DAX) – ist nunmehr also eines der 30 kapitalmarktstärksten Aktienunternehmen der Republik. Mit der Aufnahme in den Leitindex hat sich der Wohnungsriese (350.000 Wohnungen, rund 1 Million Mieter) auch einen neuen Namen gegeben: Vonovia.
Nach Ansicht der „Wirtschaftswoche“ wird der Aufstieg in den Dax dem Unternehmen womöglich nicht nur Freude bereiten: Zwar sei dadurch ein stärkeres Engagement von institutionellen Anlegern garantiert, was dem Wert der Aktie nutzt. Wer sich aber verstärkt im Blickfeld des Geldmarktes bewegt, muss auch mit mehr kritischer Öffentlichkeit – und nervösen Anlegern – rechnen, wenn, wie bei Annington regelmäßig geschehen, negative Schlagzeilen über das Unternehmen die Runde machen.
Doch mit der Namensänderung, so Vorstandschef Rolf Buch, soll auch ein Wechsel in der Firmenstrategie sichtbar werden. Der Immobilienriese will weg vom Image der Heuschrecke, das sich die Annington im Laufe ihrer Firmengeschichte zugezogen hat: Um satte Renditen zu erwirtschaften, hatte man bei Verwaltung und Instandsetzung der Wohnungen gebremst, das Nachsehen hatten die Mieter. Und jetzt? Buch: „Wir müssen den Mieter als Kunden sehen. Er muss König werden.“
Doch davon ist man weit entfernt. So wurde zwar mittlerweile Geld in die stark angeschlagene Gebäudesubstanz des Unternehmens gesteckt, die Hälfte davon holten sich die Firmenbuchhalter bei den Bewohnern in Form von Modernisierungszuschlägen auf die Mieten aber wieder zurück. Auf der anderen Seite die altbekannte Expansionsstrategie: Nachdem sich die Annington Anfang des Jahres 2015 das Wohnungsunternehmen Gagfah einverleibt hatte – was sie zum größten Vermieter Deutschlands machte – kündigte Unternehmenslenker Buch noch weitere Zukäufe an.
Auch beim Deutschen Mieterbund sieht man die zunehmende Konzentration kritisch. Der deutsche Mietertag installierte im Frühjahr eine Arbeitsgruppe, die die Aktivitäten der großen Immobilienunternehmen fortan unter die Lupe nimmt.
Dass dies notwendig ist, offenbart auch eine Empfehlung an die Vonovia von einer Seite, von der man es eher nicht erwartet hätte. Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Marc Tüngler, mahnte an, mit Mieterinteressen nicht allzu sorglos umzugehen: Verkaufen Kommunen künftig wieder Wohnungsbestände an private Investoren, würden sie – aus Erfahrung klug – darauf achten, wem sie ihre Mieter überlassen.
Udo Hildenstab
30.09.2015