Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft WBM wollte in Friedrichshain bis zu 37 Hochhäuser bauen. Nachdem sie mit den Plänen sowohl die Anwohner als auch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg gegen sich aufgebracht hatte, reduzierte sie die Zahl auf 20.
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften sollen bauen. Für die WBM lautet der politische Auftrag, bis Ende 2016 mit dem Bau von 1000 Wohnungen zu beginnen. Rund 450 davon will die WBM im Plattenbauviertel zwischen dem Volkspark Friedrichshain und dem Ostbahnhof errichten.
Der erste Plan sorgte für Irritationen. Er wirkt, als hätte jemand willkürlich Quadrate auf dem Lageplan verteilt. Auf allen Freiflächen, die der WBM selbst oder dem Bezirk gehören, finden sich einzelne oder mehrere Quadrate – egal, ob sich dort ein Spielplatz, eine Grünanlage oder ein Parkplatz befindet. Jedes Quadrat steht für ein sieben- bis zwölfgeschossiges Hochhaus mit 30 bis 50 Wohnungen. Die WBM versteht den Plan als Potenzialanalyse, die aufzeigt, wo gebaut werden könnte. Das bedeute noch nicht, dass überall tatsächlich Häuser entstehen werden.
Bei den Anwohnern schrillten dennoch die Alarmglocken. Obwohl die WBM vom Bezirk zu einer transparenten Bürgerbeteiligung aufgefordert worden war, erfuhren sie nur zufällig von den Neubauplanungen. So gingen die Bewohner des Karrees zwischen Karl-Marx-Allee, Lebuser, Palisaden- und Koppenstraße auf die Barrikaden, weil in ihrem Block bis zu sieben zehnstöckige Häuser entstehen sollten, davon drei auf der Grünfläche, die an vier Seiten von zehngeschossigen Gebäuden umschlossen ist. Dass die Neubauten die bestehenden Häuser stark verschatten würden und ihre unteren Etagen selbst wenig Sonne abbekämen, schien bei der Planung keine große Rolle zu spielen.
Die WBM hat nicht nur eigene Flächen, sondern auch fünf bezirkliche Grundstücke beplant. Der Bezirk will seine Flächen aber nicht so einfach hergeben. Die Verwaltung prüft zur Zeit, wie viele Schul- und Kitaplätze, Spiel-, Sport- und Grünflächen das Viertel braucht, wenn die Neubaupläne verwirklicht werden. Spielplätze, die nicht in unmittelbarer Nähe neu angelegt werden können, will der Bezirk planungsrechtlich sichern. Ein Neubau wäre dann an dieser Stelle tabu.
Angesichts des Gegenwindes ruderte die WBM nunmehr zurück. Sie berief Ende August einen Runden Tisch ein und fasst jetzt nur noch 20 Baustandorte ins Auge. Zwei Bezirksgrundstücke lässt man unangetastet und aus vielen Innenhöfen sind die Quadrate verschwunden. So sind auch im Karree an der Karl-Marx-Allee nun vier statt sieben Hochhäuser vorgesehen, davon nur noch eines im Garten. Auch wenn schneller Wohnungsbau das Gebot der Stunde ist, müssen Anwohner nicht alles hinnehmen.
Jens Sethmann
30.09.2015