Die Energiepreise explodieren, und die Sorge ist bei vielen im Lande groß, sie bald nicht mehr bezahlen zu können. Niemand kann voraussagen, ob es in diesem Winter wirklich zu einem Gas-Notstand kommt. Aber eins ist sicher: Auf viele Mieterinnen und Mieter werden enorm hohe Nachforderungen für Heizung und Warmwasser zukommen. Sparen ist also das Gebot der Stunde. Doch in vielen Haushalten kann gar nicht so viel eingespart werden. Wenn das Haus nicht isoliert und die Fenster undicht sind, heizt man zum Fenster hinaus und erreicht trotzdem nur 19 Grad Innen-Temperatur. Dazu kommt, dass Ratschläge, wie sie von Politikern geäußert werden, manche Realitäten im Lande außer Acht lassen: Wer von einer kleinen Rente lebt, zieht schon lange einen warmen Pullover an, anstatt die Heizung aufzudrehen. Jahrzehntelang wurde die Energiewende verschlafen, und nun sollen es die Bürgerinnen und Bürger richten – dieser Eindruck drängt sich mitunter auf.
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Dass die Verbraucher mit der sogenannten Gasumlage zusätzlich 2,4 Cent pro Kilowattstunde zahlen sollen, um die Energieunternehmen zu unterstützen, darunter auch solche, die gut dastehen, hat viele Menschen empört. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ist inzwischen zurückgerudert und hat zum Ausgleich die Mehrwertsteuer für Gas von 19 auf 7 Prozent gesenkt. CDU und Linke fordern in seltener Einmütigkeit die Streichung der Gasumlage. „Die Ampel-Parteien machen eine Politik zur Absicherung der Profite von Konzernen, nicht für die Mehrheit der Bevölkerung“, kritisiert der Bundestagsabgeordnete Lorenz Gösta Beutin (Die Linke).
Der Ukraine-Krieg hat eine schon vorher vorhandene Preisentwicklung auf dem Energiemarkt noch einmal deutlich verschärft. Mieter mit Gasetagenheizungen bekommen das bereits in voller Härte zu spüren, denn hier wurden die erhöhten Einkaufspreise – je nach Vertragskonstellation – häufig gleich weitergereicht. Bei zentralbeheizten Häusern wird der große Schock erst mit den Abrechnungen im nächsten Jahr kommen. Nach einer aktuellen Umfrage des Verbandes Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) haben die Versorger seit Jahresbeginn 2022 bei rund 85 Prozent der Berliner BBU-Mitgliedsunternehmen die Energiepreise angehoben – um bis zu 300 Prozent. 36,3 Cent zahlen Neukunden derzeit für eine Kilowattstunde Gas (Stand 15. September 2022). Vor einem Jahr waren es noch 5,9 Cent. Über die Hälfte der Berliner Wohnungen werden mit Gas beheizt. Betroffen von den Preissteigerungen sind aber fast alle, denn auch Fernwärme, Heizöl und sogar Briketts und Holzpellets sind teurer geworden. Ein Zurück zu den alten Preisen wird es auch nach dem Ende des Ukraine-Krieges nicht geben. Sparen, sparen, sparen – lautet die Devise.
Keine Heizpflicht mit vorgegebenen Mindesttemperaturen
Doch wie groß ist das Einsparpotenzial im privaten Bereich überhaupt? Für Mieterinnen und Mieter enthält die zum 1. September in Kraft getretene Energieeinsparverordnung kaum Änderungen – nur mietvertraglich vereinbarte Pflichten zur Einhaltung von Mindesttemperaturen werden ausgesetzt. „Eine solche Heizpflicht gibt es gar nicht, man muss lediglich dafür sorgen, dass keine Frostschäden entstehen“, erklärt Sebastian Bartels von der Geschäftsführung des Berliner Mietervereins (BMV). Anderslautende Klauseln mit bestimmten Mindesttemperaturen, wie sie manche Mietverträge enthalten, sind unwirksam. Viele Wohnungsunternehmen wollen in diesem Winter die Vorlauftemperaturen ihrer Wohnungen so einstellen, dass tagsüber maximal 21 Grad und nachts 17 Grad erreicht werden. Das ist von der Rechtsprechung gedeckt. Eine Lösung für all die, die es ein wenig wärmer brauchen – etwa Kleinkinder –, gibt es nicht. Technisch ist es nicht möglich, nach Wohnung zu differenzieren, und das Zuheizen mit elektrischen Heizlüftern ist kostspielig. Immerhin: Weitergehende Temperaturabsenkungen sind derzeit ebenso wenig zulässig wie eine zeitweise Abschaltung der Warmwasserversorgung.
Mit den ständigen Appellen zum kollektiven Sparen ist es ein wenig wie mit den Corona-Regeln: Es nervt, und manches kommt arg gouvernantenhaft daher, aber es macht schon Sinn. „Energie sparen kann auch richtig viel Geld sparen“, sagt Energieberater Ingo Neumann (siehe unten).
Das Problem dabei: Mieterinnen und Mieter haben derzeit keine Möglichkeiten, ihren Vermieter zu Einsparmaßnahmen zu zwingen, ganz gleich ob es um die Wahl des Gasanbieters oder um das Einstellen einer niedrigeren Vorlauftemperatur bei der Heizung geht. Und viele Vermieter sehen keine Veranlassung, durch entsprechende Veränderungen Energie beziehungsweise Geld zu sparen, können sie doch die Heizkosten 1:1 an ihre Mieter weitergeben.
„Wir fordern, dass in den energetisch schlechtesten Häusern die Vermieter an den Kosten für Heizung und Warmwasser beteiligt werden müssen“, erklärt Reiner Wild. In einem 9-Punkte-Plan will der Deutsche Mieterbund (DMB) darüber hinaus Hauseigentümer zu Effizienzmaßnahmen wie der Optimierung der Heizanlage gesetzlich verpflichten. Ein weiterer Punkt: Vermieter müssten einen Wirtschaftlichkeitsnachweis erbringen, also beispielsweise darlegen, warum sie keinen günstigeren Energieanbieter wählen und dabei auch den Mietern unaufgefordert die Verträge und Rechnungen des aktuellen Versorgers vorlegen. Beim Berliner Mieterverein hält man es außerdem für sinnvoll, dass Energieberater vor Ort aufklären, denn wenn weniger geheizt wird, kann leicht Schimmel entstehen. Der Vermieter hat die Pflicht, Hinweise zum Heiz- und Lüftungsverhalten zu liefern. „Den Mieterinnen und Mietern beim Einzug ein Faltblatt in die Hände zu drücken, reicht nicht“, so Bartels. Stattdessen könnte man, wie schon in den 1980er Jahren, speziell Leute, etwa Studierende, nach entsprechender Schulung als Energieberater in die Wohnungen schicken. Beim Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) hält man wenig von diesem Vorschlag. „Damals hatten wir Massenarbeitslosigkeit, das fand im Rahmen von Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen statt“, gibt Sprecher David Eberhart zu bedenken. Eine solche aufsuchende Beratung könne zudem nur freiwillig sein. Die Befürchtungen, dass es zu einem Anstieg der Streitfälle um Schimmel kommen könnte, teilt man indes auch in seinem Verband.
Energiewende im Schneckentempo
Weg von fossilen Energien, hin zu erneuerbaren Energien und effizienter Gebäudetechnik ist das Gebot der Stunde, und gerade im Wohnungsbestand schlummern riesige Einsparpotenziale. Das Schneckentempo, in dem sich die Energiewende vollzieht, wird vom Berliner Mieterverein seit Langem kritisiert. Die Wohnungswirtschaft müsse endlich zu entsprechenden Investitionen gezwungen werden. Dazu gehöre selbstverständlich auch das Bereitstellen von Fördermitteln. Ein Schritt in die richtige Richtung ist das kürzlich neu aufgelegte Förderprogramm „SolarPLUS“, mit dem Fotovoltaikanlagen zur Stromerzeugung auf Dächern und an der Fassade bezuschusst werden. Städtische Wohnungsbaugesellschaften wie die Howoge statten mittlerweile nicht nur fast alle Neubauten, sondern seit letztem Jahr auch die ersten Bestandsgebäude mit Solaranlagen aus. Für eine Siedlung, so die Unternehmenssprecherin, werde derzeit die Wärmerückgewinnung aus Abwasser geprüft. „Auch der Einsatz von Windkraftanlagen oder Wärmepumpen in Nullenergiehäusern, die ausschließlich mit grünem Strom versorgt werden, steht bei uns auf der Agenda.“
Doch bis diese mittel- und langfristigen Maßnahmen greifen, ist der Staat gefordert, finanzielle Hilfen zu leisten. Denn bis weit in die Mittelschicht hinein sind die Menschen mit den explodierenden Energiekosten überfordert.
Das dritte Entlastungspaket ist dürftig
Das kürzlich geschnürte dritte Entlastungspaket der Bundesregierung hält der Deutsche Mieterbund (DMB) für nicht ausreichend. Zwar wird die angekündigte Wohngeldreform mit einer dauerhaften Heizkostenpauschale und einer Klimakomponente begrüßt. „Aber Millionen von Mieterinnen und Mietern, die sich finanziell knapp oberhalb der Wohngeldgrenzen bewegen, brauchen ebenfalls dringend einen Heizkostenzuschuss“, kommentierte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Auch der Berliner Mieterverein hält das Paket für „dürftig“. Die beschlossenen Energiepreispauschalen – die nur nach massivem Protest auch Studierenden und Rentnern mit 200 beziehungsweise 300 Euro zugute kommen – seien angesichts der zu erwartenden Nachzahlungen ein Tropfen auf den heißen Stein, kritisiert Sebastian Bartels. Zudem hat sich die Ampelkoalition nicht – wie in der Corona-Pandemie 2020 – dazu durchgerungen, zahlungsbedingte Kündigungen durch den Vermieter für mindestens sechs Monate auszuschließen. Ein solches Kündigungsmoratorium ist aber aus Sicht des DMB dringend erforderlich.
Eine faire und wirksame Maßnahme gegen die drohende Energiearmut wäre nach Überzeugung sowohl des DMB wie auch des BMV eine Deckelung der Energiekosten. Eine Stromsparbremse ist bereits angekündigt worden, die Details sind aber derzeit noch völlig unklar. Einen Gaspreisdeckel lehnt Wirtschaftsminister Habeck bislang ab. Die Grundidee beider Deckel: Haushalte bekommen ein bestimmtes Kontingent zu einem verminderten Preis. Was über dieses Kontingent hinausgeht, muss zum Marktpreis bezahlt werden.
Zur Finanzierung der Unterstützungsleistungen könnte man – so BMV-Geschäftsführer Bartels – durchaus auch mutigere Maßnahmen ergreifen: „Während andere Länder bereits marktregulierende Preisdämpfungsmodelle und eine Übergewinnsteuer beschlossen haben, soll hier erst einmal eine Expertenkommission eingesetzt werden.“
Der Berliner Senat will zusätzlich zu den Maßnahmen des Bundes einen Härtefallfonds für Energiekosten auflegen. 380 Millionen Euro wurden dafür bereits in den Doppelhaushalt 2022/2023 eingestellt – allerdings sollen daraus auch die steigenden Energiekosten der öffentlichen Gebäude bezahlt werden.
Die Soziologin Jutta Allmendinger befürchtet soziale Verwerfungen, wenn es nicht gelingt, Einkommensschwache zu entlasten. Die Energiekrise, so die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin, trifft Arme am meisten, die bekanntlich am wenigstens CO2 verbrauchen. Hier müsse der Staat gegensteuern.
Birgit Leiß
Hilfen für Bezieher von Hartz IV und kleiner Einkommen
Menschen, die von Grundsicherung oder Hartz IV leben, leiden besonders unter den gestiegenen Energiekosten. So sind im Regelsatz eines Alleinstehenden gerade einmal 38 Euro für Strom und Wohnungsinstandhaltung vorgesehen – das dürfte bei den wenigsten reichen. Ab 1. Januar 2023 wird Hartz IV durch das neue „Bürgergeld“ ersetzt, dann sollen es 50 Euro mehr werden – nicht wegen der Energiekrise, sondern weil das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber 2019 dazu aufgefordert hat.
Rechtsanwältin Petra Goebel, die im Auftrag des Berliner Mietervereins eine Sozialberatung durchführt, geht davon aus, dass es zu horrenden Heiz- und Betriebskostennachzahlungen kommen wird. Zwar muss das Amt die Nachzahlungen in voller Höhe übernehmen. Aber dieser Übernahmeanspruch ist eingeschränkt, wenn das Jobcenter zuvor wirksam zur Kostensenkung aufgefordert hat, weil die zulässige Warmmiete gemäß AV (Ausführungsvorschrift) Wohnen bereits erreicht worden ist. Dann müsse man damit rechnen, dass sich die Leistungsträger querstellen. In solchen Fällen empfiehlt sie: Widerspruch einlegen und bei Ablehnung gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Was viele nicht wissen: Auch wer keine Leistungen vom Amt bezieht, hat einen Anspruch auf Übernahme der Nachzahlungen – ein entsprechend niedriges Einkommen vorausgesetzt. Wichtig ist, dass der Antrag im Monat der Fälligkeit gestellt wird. Der Nachzahlungsbetrag wird in der Regel als Zuschuss und nur in Ausnahmefällen als zinsloses Darlehen gezahlt. Weil der Zugang im Zweifelsfall bewiesen werden muss, rät Petra Goebel dazu, den Antrag entweder per Post als Einwurf-Einschreiben zu schicken oder im Beisein von Zeugen (die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören sollten) in den Briefkasten des Leistungsträgers zu werfen. Einer freiwilligen Erhöhung der Vorauszahlungen, wie derzeit von vielen Vermietern gefordert, würde das Jobcenter wohl kaum zustimmen, vermutet Petra Goebel.
Für die Wohnungssuche von Menschen im Leistungsbezug bedeuten die rasant gestiegenen Warmmieten eine Katastrophe. Bereits jetzt gebe es nur eine Handvoll Wohnungen, die der AV Wohnen entsprechen, sagt die Rechtsanwältin: „Der Staat geht von Mieten aus, die es nicht mehr gibt.“ Das gelte auch für das Wohngeld. Die geplante Wohngelderhöhung werde kaum etwas bringen, solange die für Berlin geltenden Mietenstufen nicht den derzeitigen Mieten angepasst werden.
Trotzdem: alle mit kleinem Einkommen sollten prüfen lassen, ob sie einen Anspruch auf Wohngeld haben. Hier gibt es einen Wohngeldrechner:
https://stadtentwicklung.berlin.de/wohnen/wohngeld/diwo.shtml
Wer in einer der rund 88.000 Sozialwohnungen lebt, kann bei der Investitionsbank Berlin (IBB) einen Mietzuschuss beantragen, wenn die Bruttowarmmiete mehr als 30 Prozent des Einkommens beträgt:
www.ibb.de/de/foerderprogramme/mietzuschuss-in-sozialwohnungen.html
Für alle landeseigenen Wohnungen gilt, dass die Nettokaltmiete (demnächst Bruttokaltmiete) höchstens 30 Prozent des Haushaltseinkommens betragen darf („Härtefallregelung“). Auf Antrag muss die Wohnungsbaugesellschaft die Miete entsprechend reduzieren.
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Die Beratung zu Sozialrecht und Miete (Wohngeld, Grundsicherung, Hartz IV und so weiter) findet dienstags von 15 bis 19 Uhr im BMV-Beratungszentrum in der Müllerstraße statt. Nur mit Terminvereinbarung: Tel. 030 226 260
„Warmwasser ist flüssiges Gold“
Beim Duschen und Heizen lässt sich einiges sparen, leider teilweise nicht ohne Komfortverzicht. So muss man sich von einer schönen heißen Badewanne im Winter vielleicht verabschieden, wenn man weiß, dass sie mit rund 2,40 Euro zu Buche schlägt (bezogen auf eine Füllung mit 200 Litern). „Warmwasser ist flüssiges Gold“, sagt der Energieberater Ingo Neumann. Der Ingenieur, der für Mitglieder des Berliner Mietervereins eine kostenlose Energieberatung durchführt, empfiehlt daher allen die Anschaffung eines Duschstopps. Ein solcher Sparduschkopf kostet nur ein paar Euro. Durch ihn laufen dann nur noch 7 statt 14 Liter Wasser pro Minute. Die Stiftung Warentest hat ausgerechnet, dass das bei einer dreiköpfigen Beispielfamilie insgesamt 633 Kilowattstunden Strom im Jahr spart. Wenn jedes Familienmitglied noch ein paar Grad kühler duscht, kommt man auf eine Ersparnis von 707 Euro im Jahr. „Wer einen Durchlauferhitzer oder Boiler hat, sollte zudem das Wasser für Nudeln oder zum Geschirrspülen im Wasserkocher erhitzen“, rät Ingo Neumann.
Bei den Heizkosten hilft nur eins: Thermostat runterdrehen. Jedes Grad weniger spart 6 Prozent Energie. Entgegen anderslautender Meinungen hält Neumann es übrigens für völlig unbedenklich, ein Zimmer der Wohnung gar nicht zu heizen. Türen geschlossen halten und ab und zu durchlüften, dann sei das völlig okay. Apropos Lüften: Die Luft muss sich komplett austauschen. Richtig gemacht, dauert das nicht lange: die Fenster weit öffnen, Vorhänge zurückziehen und für kurze Zeit die frische Luft hereinströmen lassen. Zugige Fenster kann man selber abdichten, indem man innen und außen eine Isolierfolie anbringt. Allerdings: Vielleicht hilft auch eine Mängelanzeige bei der Hausverwaltung. Der Vermieter ist grundsätzlich verpflichtet, die Fenster in Ordnung zu halten. Jeder Haushalt sollte zudem einen Luftfeuchtemesser haben, sagt Ingo Neumann. Ein solches Hygrometer zeigt Temperatur und Feuchtigkeit an und kann Schimmelbildung vorbeugen, gerade wenn man sparsamer heizt. Bis 60 Prozent Luftfeuchtigkeit ist nichts zu befürchten.
Aus Angst vor einer kalten Wohnung haben sich viele einen elektrischen Heizlüfter zugelegt. Wenn man ihn auf 1000 Watt laufen lässt, hält der BMV-Energieberater das in Ausnahmefällen für akzeptabel, vor allem natürlich bei einem Heizungsausfall. Etwa 35 Cent kostet das pro Stunde. Mieter mit Gasherd sollten aber unbedingt die Hausverwaltung fragen, ob der Stromkreis dafür ausgelegt ist. Ist die Wohnung mit Elektroherd ausgestattet, sind die Leitungen bereits verstärkt.
Mieter mit Gasetagenheizung, die ihren Anbieter selber wählen, können zudem richtig viel sparen, wenn sie zum Grundversorgertarif der Gasag wechseln – nicht zu verwechseln mit der Ersatzversorgung, in die man automatisch rutscht, wenn der bisherige Versorger pleite geht. Der Grundversorgertarif der Gasag ist derzeit mit 15 Cent pro Kilowattstunde bei Weitem der günstigste.
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Hana Pfennig über einen Gasanbieterwechsel
Wir haben eine Gasetagenheizung. Als vierköpfige Familie mit einem Jahresverbrauch von rund 12 000 Kilowattstunden haben wir früher rund 85 Euro pro Monat gezahlt. Im Dezember 2021 hat dann unser Gasversorger Grünwelt Energie Insolvenz angemeldet. Wir sind erst einmal in die Grundversorgung der Gasag gerutscht. Als wir uns nach einem günstigeren Anbieter umgesehen haben, waren wir schockiert über die hohen Preise – und das war noch vor dem Ukraine-Krieg.
Wir haben uns schließlich für Shell Energy entschieden, die Günstigsten, die wir finden konnten. Eigentlich war uns Ökogas immer wichtig, aber wir müssen jetzt aufs Geld gucken. Zunächst haben wir einen monatlichen Abschlag von 195 Euro gezahlt. Ab 1. Oktober steigt er wegen der Gasumlage auf 295 Euro – für eine 80 Quadratmeter große Wohnung, das ist doch absurd! Die einmalige Energiepauschale von 300 Euro ist da wenig hilfreich.
Zum 1. Oktober haben wir auch noch eine Mieterhöhung von 150 Euro bekommen. Also bei uns ballt sich das zur Zeit ganz schön. Dabei verdienen wir beide ganz gut. Es gibt andere, die das viel existenzieller trifft. Wir schränken uns jetzt ein und hoffen, dass wir etwas zurückbekommen. Jetzt wird nur noch geduscht, und die Heizung wird auf 20 Grad heruntergedreht.
Aufgeschrieben von Birgit Leiß
Swen Hubrich über sein Heizungsmanagement
Wir heizen schon seit Jahren nicht mehr. Wir haben das irgendwann mal aus Idealismus ausprobiert und sind dann dabei geblieben. Es gibt in unserer Wohnung kein Zimmer (außer dem Schlafzimmer), das wesentlich auf unter 15 Grad abfällt, und das reicht ja vollkommen aus. Wenn meine Freundin am Computer arbeiten muss, sitzt sie im Winter in der Küche. Dort hat es immer mindestens 18 Grad, denn durch Kochen, Toasten, Backen und so weiter entsteht ja viel Wärme.
Ich bin warm angezogen und arbeite im Wohnzimmer oder bin in Decken gepackt auf dem Sofa zu finden. Wenn einem doch kalt wird, macht man ein paar Liegestütze und schwupps ist einem wieder für eine halbe Stunde warm. Man muss aber sagen, dass unser Haus gut gedämmt ist und die Fenster ordentlich verglast sind. Wir haben das Glück, dass sich unsere Wohnungsverwaltung kümmert und Einnahmen in die Instandhaltung investiert. Und das, obwohl die Miete überschaubar ist.
Klar, gar nicht zu heizen, ist nicht für jeden etwas. Wir haben neuerdings ein Baby und werden daher auch nicht ganz ohne Heizen durch den nächsten Winter kommen. Aber es gibt auf jeden Fall erhebliche Sparpotenziale. Ich hab das mal ausgerechnet: Jeder Tag, den man in der Heizperiode nicht heizt, spart zwischen 8 und 25 Euro.
Aufgeschrieben von Birgit Leiß
29.09.2022