Dem Architekten und preußischen Baubeamten Hermann Muthesius war alles Schnörkelige verhasst. Zusammen mit dem Politiker Friedrich Naumann und dem tonangebenden Designer, Maler und Architekten Henry van de Velde gründete er 1907 den Deutschen Werkbund, der jedes Jahr die neuesten Trends der Warenwelt brachte, nach dem Motto: form follows function – die Funktion bestimmt die Gestalt. Die Produkte der Industrialisierung brauchten Führung und Qualitätssiegel, um auf dem Weltmarkt zu bestehen.
Der Deutsche Werkbund agiert bis in die Gegenwart – und stellt seit 1972 die Vergangenheit im Werkbundarchiv in Berlin, aber auch in einer überzeugenden Online-Sammlung vor. Zurzeit geht’s mit „Profitopolis oder der Zustand der Stadt“ wieder einmal darum, die Stadt neu zu denken, auch in sonntäglichen Familienführungen.
Anlass über den Zustand der Stadt nachzudenken hatte das Werkbundarchiv nach seinem eher erzwungenen Umzug durch Verkauf der Ausstellungsflächen an einen Immobilienfonds. Die Stadtentwicklung der Moderne, das neue Bauen der 20er Jahre waren und sind immer wieder Thema im Werkbund – und spannend nachzuvollziehen in der ersten Sonderausstellung.
Nach der 68er Revolte entstanden in den 70er Jahren die Friedens- und Umweltbewegung, die Bürgerinitativen und die Hausbesetzer:innenszene – der Werkbund kann auf zwei schon damals kuratierte „Profitopolis“-Ausstellungen stolz zurückblicken. Themen wie eine autogerechte Stadt, der Wohngebäudeabriss, die Immobilienspekulation und das Bestreben, auch gegensätzliche Ansprüche an die Stadt in Einklang zu bringen, sind nach wie vor aktuell.
eska
Profitopolis oder der Zustand der Stadt, Ausstellung im Werkbundarchiv – Museum der Dinge
Leipziger Straße 54, 10117 Berlin-Mitte, noch bis 28. Februar 2025,
Donnerstag bis Montag, 12 bis 19 Uhr, Dienstag und Mittwoch geschlossen
25.09.2024