Rechtzeitig vor der Eröffnung der 1. Internationalen Fachtagung zum EU-Feinstaub-Programm, die im November in Graz stattfindet, hat EU-Umweltkommissar Stavros Dimas angekündigt, dass die EU-Kommission Städten und Gemeinden bei der Umsetzung der umstrittenen Feinstaubrichtlinie entgegenkommen will.
Bis Jahresende werden mindestens 70 deutsche Städte – darunter auch Berlin – die Feinstaubgrenzwerte von 50 Mikrogramm je Kubikmeter Luft an mehr als den erlaubten 35 Tagen überschreiten. In Brüssel liegt bereits die formelle Beschwerde eines Anwohners der Höhenstraße in Frankfurt am Main vor, die ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland bewirken kann. Die Bundesregierung lässt sich allerdings Zeit: Frühestens im September 2006 soll ein Bericht über die Umsetzung der Feinstaubrichtlinie – seit 2002 deutsches Recht und am 1. Januar 2005 in Kraft getreten – vorliegen. Noch wird über die Förderung von Dieselrußfiltern gestritten, noch fehlen bundeseinheitliche Regelungen zur Kennzeichnungspflicht von Fahrzeugen und deren jeweiliger Schadstoffklasse.
Die jetzt von Dimas präsentierte Initiative, die Grenzwerte zu senken, Feinpartikelbelastungen natürlichen Ursprungs herauszurechnen und eine Einzelfallbewertung betroffener Städte zu ermöglichen, sorgt für zusätzliche Konfusionen. Ein Aufweichen der Richtlinie käme vor allem der Industrie zugute. Das „Handelsblatt“ spricht Klartext: „Die Kommission ging bei ihren Plänen auf Einwände der Industrie ein, die vor zu hohen Kosten warnte.“
Zahlreiche Städte haben angekündigt, an ihren Aktionsplänen festzuhalten. Manuela Damianakis, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bestätigt, dass auch der Berliner Senat am Luftreinhalteplan („Es staubt immer weiter“, MieterMagazin 10/2005, Seite 13) festhalten wird.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 11/05
Grenzwerte runter – Problem gelöst? Feinstaub ist in den Großstädten ein ernst zu nehmendes Umweltproblem (hier: Feinstaubmessung am Fahrzeug)
Foto: Kerstin Zillmer
01.08.2013