Chemische Reaktionen, die bei Raumtemperatur nur langsam oder gar nicht ablaufen, bei Lichteinstrahlung jedoch beschleunigt werden, sind seit Jahrzehnten bekannt. Jetzt ist die sogenannte Photokatalyse für Wohnraumgestaltung praktisch nutzbar.
Titandioxid sorgt als Pigment seit langem in Lebensmitteln, Zahnpasta und Kosmetika für strahlendes Weiß. Aber das unscheinbare Pulver kann mehr. Prof. Dr. Horst Kisch vom Institut für Anorganische Chemie der Universität Erlangen hat daraus ein „photokatalytisches Pigment“ entwickelt, das Schadstoffe wie Formaldehyd und Kohlenmonoxid sowie Gerüche abbaut. Langzeitversuche haben die dauerhafte photokatalytische Wirkung nachgewiesen. Inzwischen wird aus dem Pigment die weiße stumpfmatte Innenraumwandfarbe „StoClimasan Color“ hergestellt. Der Luftreinigungseffekt funktioniert allerdings nur bei Lichteinfall. Je höher die Lichtintensität, desto besser ist die Wirkung. Die Luftfeuchtigkeit wird durch die neue Farbe nicht verändert. Das Lüften wird allerdings nicht überflüssig. Die Farbe wird nur an das Fachhandwerk geliefert, nur dort kann man dieses komplexe – und deshalb auch vergleichsweise teure – Produkt richtig verarbeiten.
Acht in der „Fraunhofer-Allianz Photokatalyse“ vereinigte Institute arbeiten zurzeit unter anderem an der Entwicklung noch wirksamerer und leistungsfähigerer Photokatalysatoren und einer Schaltbarkeit des Effektes. Photokatalytisch aktive Schichtsysteme können auch eingesetzt werden, um Oberflächen selbstreinigend zu machen, Bakterien, Algen und Pilze abzutöten oder das Beschlagen von Glasscheiben und Spiegeln zu mindern. Auf dem Markt ist bereits ein photokatalytisch wirkender Pflasterstein, der Stickoxide bindet. Bei maximaler Sonneneinstrahlung lässt sich so in wenigen Stunden eine Reduzierung der Stickoxide von mehr als 80 Prozent gegenüber einem herkömmlichen Belag erreichen.
Rainer Bratfisch
MieterMagazin 11/06
Eine neue Wandfarbe absorbiert Gerüche und Schadstoffe
Grafik: Sto AG
23.04.2013