Ein Drittel des Mehrfamilienhausbestandes in deutschen Städten besteht aus Nachkriegsbauten, deren typisches Erscheinungsbild durch eine schlichte Architektur in Zeilenbauweise mit viel Freifläche geprägt ist. Das Forschungsprojekt „ZeilenUmbruch“ an der Technischen Universität Berlin entwickelt Konzepte zur Neugestaltung des Wohnumfelds in diesen Siedlungen.
Ziel ist es, die Identifikation der Bewohnerschaft mit ihrem jeweiligen Quartier zu stärken. Zu diesem Zweck soll das Wohnumfeld den Bedürfnissen der Anwohner angepasst werden. Dafür bieten sich insbesondere die Freiflächen solcher Siedlungen an, die Dr. Gabriele Wendorf, Leiterin des Projekts, als „innerstädtisches Geschenk“ bezeichnet. Obwohl Ökonomen, Sozial- und Umweltpsychologen, Stadtplaner und Architekten bei „ZeilenUmbruch“ zusammenarbeiten, kommen die entscheidenden Gestaltungsideen von den Anwohnern, die als die eigentlichen Experten ihres Wohnumfelds angesehen werden. Anhand von Interviews, geführt im gesamten Berliner Stadtgebiet, entwickelte „ZeilenUmbruch“ das Konzept der „Grünen Mappe“. Diese Mappen werden bei anstehenden Umbaumaßnahmen an die Anwohner verteilt. Sie enthalten Grundrisse der jeweiligen Siedlung sowie kleine Sticker, mit deren Hilfe man ohne Mühe markieren kann, an welchen Orten neue Straßenleuchten, Wege, Sitzbänke oder Papierkörbe sinnvoll wären. Angebotene Postkarten dienen dazu, Freizeitbedürfnisse zu formulieren. Wird ein Spielplatz oder ein Ruheplatz gewünscht? Wie soll er aussehen?
Die Ergebnisse werden in Ausstellungen zusammengefasst und unter den Bewohnern diskutiert, bis es zu einer endgültigen Einigung kommt. Nach Abschluss der Bauarbeiten und Umsetzung der Mieterideen in die Praxis steigt aller Erfahrung nach die Bereitschaft der Anwohner zum verantwortlichen Umgang mit den Außenanlagen.
Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt bietet auch den Wohnungsbaugesellschaften einen organisatorischen und personellen Nutzen. So sind bei den Planungen zur Sanierung einer Siedlung im Lübbenauer Stadtteil Neustadt 600 Mieter und die „Grünen Mappen“ einbezogen worden. Michael Jakobs, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft im Spreewald (WiS), betont: „Für uns war ZeilenUmbruch eine große Hilfe, die Ergebnisse werden wir einbeziehen.“ Im Gegenzug stellt die WiS Praktikumsplätze für Studierende der TU zur Verfügung.
Michaela Schröder
MieterMagazin 11/06
Wohin Laternen, Bänke, Papierkörbe?
Mieterideen werden zum Beispiel in Lübbenau praktisch umgesetzt
Foto: Gabriele Wendorf
23.04.2013