Mit einem „Berliner Appell“ für eine nachhaltige Wohnungspolitik und einer Warnung vor den Folgen des Ausverkaufs öffentlichen Wohnungsbestandes wandte sich die Internationale Mieterallianz (International Union of Tenants) auf ihrem 17. Weltkongress an die Öffentlichkeit.
Vom 20. bis 23. September sind 90 Delegierte der nationalen Mieterverbände aus 25 Nationen in Berlin zusammengekommen. Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Dr. Franz-Georg Rips, forderte Schutzmaßnahmen gegen Immobilienjongleure und Renditejäger: „Wohnungen sind Wirtschaftsgüter, sie sind aber in gleicher Weise Sozialgüter, weil sie für die Menschen einen Lebensmittelpunkt darstellen, der geschützt und sicher sein muss. Wir sind gegen den Missbrauch von Wohnungen als bloße Finanzanlageprodukte.“ Von 1999 bis heute sind 1,8 Millionen Wohnungen in Deutschland in großen Paketen verkauft worden. Etwa die Hälfte erstanden internationale Großerwerber. Vor dem Hintergrund der US-Immobilienkrise kritisierte Rips die unverantwortliche Tätigkeit der Hypothekenbanken im angloamerikanischen Raum. Verbraucher dürften beim Kauf oder bei der Anmietung von Immobilien nicht in Finanzverpflichtungen getrieben werden, die sie dauerhaft nicht erfüllen könnten.
Der Präsident der International Union of Tenants (IUT), Sven Carlsson, lenkte die Aufmerksamkeit auf die Folgen ungehemmter Privatisierungen, die zu steigenden Wohnkosten und mangelndem Mieterschutz führen: In Stockholm stehen 100.000 öffentliche Wohnungen zum Verkauf. In den Niederlanden strebt die Regierung eine Eigentümerquote von 65 Prozent an, 700.000 Mietwohnungen sollen bis 2010 verkauft werden. In England hat die massive Privatisierungswelle bei den öffentlichen Wohnungen in den 80er Jahren bereits zu einer Eigentumsquote von 70 Prozent geführt. In den meisten EU-Ländern ist es etablierte Politik, das Wohneigentum zu fördern. Diese Politik sei verfehlt und alles andere als nachhaltig. Carlsson: „Eine gut funktionierende Gesellschaft braucht die Vielfalt des Wohnens, es muss eine Wahlfreiheit des Einzelnen entsprechend seinen persönlichen Lebensumständen zwischen Miete und Eigentum geben.“
Auf der öffentlichen Kundgebung, an der als Hauptredner Prof. Klaus Töpfer und die Berliner Senatorin für Stadtentwicklung, Ingeborg Junge-Reyer auftraten, richtete Rips einen Appell an Vermieter und Politik für eine konsequent nachhaltige Wohnungswirtschaft und -politik: „Gerade im Wohnungswesen muss der Gedanke der Nachhaltigkeit im Sinne der Herstellung einer Balance zwischen ökonomischen, sozialen und ökologischen Interessen realisiert werden.“
Der IUT gehören 54 Mieterorganisationen aus 44 Staaten an. Ab 2008 wird sie gemeinsam mit dem Deutschen Mieterbund in Brüssel vertreten sein.
Barbara Litke
MieterMagazin 11/07
Gastredner beim Weltkongress der Internationalen Mieterallianz war auch der ehemalige deutsche Bauminister Klaus Töpfer
Foto: Jürgen Schoo
Mehr Informationen:
www.iut.nu
15.07.2013