Vor zwei Monaten erschien der Armutsbericht der Bundesregierung, der auf eine zunehmende Kluft zwischen Arm und Reich schließen ließ. Nun erklärt eine neue wissenschaftliche Untersuchung das Gegenteil.
Erstmals seit dem Mauerfall sei im Jahr 2006 die Ungleichverteilung der Einkommen zurückgegangen, meldet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Gleichzeitig sei zum ersten Mal seit zehn Jahren das Armutsrisiko gesunken. Als Hauptursache für den erfreulichen Trend sieht das DIW den deutlichen Rückgang der Arbeitslosigkeit. „Mehr Wachstum hat zu mehr Beschäftigung und damit zu weniger Armut und Ungleichheit geführt“, so DIW-Präsident Prof. Dr. Klaus Zimmermann.
Noch vor zwei Monaten hatte das DIW den Armutsbericht der Bundesregierung als Schönfärberei kritisiert. Der Aufschwung sei nicht bei den Einkommensschwachen angekommen, sagte Dr. Markus Grabka vom DIW damals dem MieterMagazin (siehe Ausgabe 9/08, Seite 20: „Die Polarisierung setzt sich fort“). „Uns liegen jetzt neuere Daten vor und die besagen, dass der konjunkturelle Aufschwung Wirkung zeigt“, so Dr. Grabka heute. Die aktuellen Zahlen basieren auf einer im Jahr 2007 durchgeführten und kürzlich ausgewerteten Befragung von über 10.000 Haushalten. Demnach ist der Anteil der als armutsgefährdet geltenden Bevölkerung von 18 auf 16,5 Prozent gesunken.
Kritik an der aktuellen Studie kam von den Wohlfahrtsverbänden sowie vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). „Das DIW versucht offensichtlich, das Armutsproblem in Deutschland kleinzureden, um Stimmung gegen Mindestlöhne zu machen“, hieß es in einer Mitteilung des DGB.
Einen Grund, die Zahlen zu bejubeln, gibt es ohnehin nicht. Auch beim DIW geht man von einem Zwischenhoch aus. „Aller Wahrscheinlichkeit nach wird sich der Trend mittelfristig nicht fortsetzen.“
Birgit Leiß
MieterMagazin 11/08
Auch die neuen Zahlen geben keinen Anlass zum Jubel: Das Armutsproblem in Deutschland bleibt drängend (hier: Suppenküchenbesucher in Pankow)
Foto: Paul Glaser
09.07.2013