Die meisten Deutschen haben immer weniger Einkommen zur Verfügung. Schuld daran ist die Preisentwicklung. Fast in allen Bereichen des täglichen Lebens müssen die Verbraucher tiefer in die Tasche greifen.
Preistreiber Nummer eins sind Heizöl, Gas, Fernwärme und Kraftstoffe. Zwischen den Jahren 2000 und 2007 stiegen die Gaspreise um knapp 63 Prozent. Heizöl verteuerte sich allein zwischen den Jahren 2004 und 2007 um rund 45 Prozent. Und im ersten Halbjahr 2008 schraubte sich die Energiepreisspirale sogar noch schneller nach oben. „Wir gehen davon aus, dass Mieter für das Jahr 2008 bis zu 30 Prozent höhere Heizkosten zahlen müssen als im Vorjahr“, sagt der Direktor des Deutschen Mieterbundes (DMB), Lukas Siebenkotten. Durch diese Preiserhöhungen steige die Wohnkostenbelastung eines durchschnittlichen Mieterhaushalts auf 34 Prozent.
Besonders hart treffe dies einkommensschwache Haushalte. Sie müssen laut DMB über die Hälfte ihres Nettoeinkommens für Wohnung und Haushaltsenergie verwenden. Das Statistische Bundesamt schätzt, dass Privathaushalte im Jahr 2008 durchschnittlich 162 Euro pro Monat für Strom und Brennstoffe ausgeben werden. Zum Vergleich: Im Jahr 2002 waren es im Schnitt noch 104 Euro.
Doch nicht nur auf dem Energiesektor, auch im Lebensmittelbereich bekommen Verbraucher immer weniger für ihr Geld. Mehl und Speisequark beispielsweise wurden im vergangenen Jahr um ein Drittel teurer, Nudeln und Orangen um ein Viertel. Die Teuerungsrate trifft aber nicht jeden Verbraucher gleich. Für Geringverdiener liegt sie nach Berechnungen von Fachleuten bei 5,4 Prozent und damit über der vom Statistischen Bundesamt im Juli ausgewiesenen Rate von 3,4 Prozent. Der Verbraucherpreisindex gibt an, um wie viel sich die Preise gegenüber dem gleichen Monat des Vorjahres verändert haben. So lagen beispielsweise die Nettokaltmieten nach Angaben des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg im September 2008 um zwei Prozent höher als ein Jahr zuvor, Nahrungsmittel waren im September 2008 insgesamt 6,7 Prozent teurer.
Der Mieterbund fordert staatliches Gegensteuern
Angesichts dieser Preisentwicklung verwundert es nicht, dass die Kaufkraft von Arbeitnehmern zwischen den Jahren 2004 und 2007 insgesamt um 3,5 Prozent gesunken ist. Das geht aus einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung hervor. „Der Aufschwung ist an den meisten Beschäftigten, Rentnern und ärmeren Menschen vorbeigegangen“, heißt es. „Trotz eines gut dreijährigen Konjunkturaufschwungs ist die reale Einkommenssituation vieler Haushalte heute schlechter als zuvor“, schreiben die Autoren. Auch die Renten sind – gemessen an der Kaufkraft – gesunken, fanden die Wissenschaftler heraus.
„Um die Privathaushalte zu entlasten und um zu verhindern, dass viele Mieter in diesem Winter in einer kalten Wohnung oder mit abgedrehtem Strom leben müssen, sind wirksame Maßnahmen gegen die galoppierenden Energie- und Heizkosten nötig“, sagt Lukas Siebenkotten. Der DMB hat daher ein Zehn-Punkte-Programm vorgelegt, das unter anderem langfristig die energetische Modernisierung des Wohnungsbestandes und die verstärkte Einsetzung erneuerbarer Energien vorsieht. Als kurzfristige Maßnahmen fordert der DMB unter anderem die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um 50 Euro und einen Heizkostenzuschuss oder eine steuerliche Entlastung für Haushalte mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen bis zu 25.000 Euro. „Der Plan von Bundesbauminister Tiefensee, Wohngeldempfängern im Frühjahr 2009 eine Heizkostenhilfe von einmalig rund 150 Euro auszuzahlen, zeigt in die richtige Richtung. Die Einmalzahlung sollte aber nicht auf Wohngeldempfänger beschränkt werden, sondern auch andere einkommensschwächere Haushalte miteinbeziehen“, fordert Lukas Siebenkotten.
Sina Tschacher
MieterMagazin 11/08
Seit Jahren die gleiche Richtung: Die Preise gehen aufwärts, die Kaufkraft geht abwärts
Foto: Maik Jespersen
Zum Thema
Vorsicht vor Indexmietverträgen
Immer mehr neue Mietverträge sind an den sogenannten Verbraucherpreisindex gekoppelt. Betroffene Mieter bekommen damit die derzeit explodierenden Energiepreise doppelt zu spüren. Sie müssen nicht nur die drastisch gestiegenen Kosten für Heizöl oder Gas auf sich nehmen, sondern die steigenden Verbraucherpreise verteuern auch ihre Grundmiete. „Indexmietverträge“ sind an die Entwicklung der Gesamtheit der Verbraucherpreise gekoppelt. Steigen diese, so steigt auch die Miete. Besonders in Orten, wo die Vergleichsmieten nicht so schnell nach oben gehen, ist diese Mietvertragsregelung tendenziell nachteilig für den Mieter.
tch
09.07.2013