Für die energetische Sanierung des Märkischen Viertels erntet die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau von allen offiziellen Seiten Lob und Anerkennung. Sogar auf der „Expo“ in Shanghai wurde die Großwohnsiedlung als ökologisches Vorzeigeprojekt präsentiert. Für die betroffenen Mieter stellt sich das etwas anders dar.
„Besser ist es nicht geworden“, meint eine Bewohnerin aus der Fürstenwalder Straße. Abgesehen vom Vollwärmeschutz sieht sie keinerlei Verbesserungen. Vorhandene teure Fliesen wurden durch Standard-Fliesen ersetzt und das Bad wurde mit einem Waschbecken ausgestattet, das kleiner ist als vorher. Wie andere Mieter auch berichtet sie zudem von einer äußerst chaotischen Baudurchführung. Teppiche wurden nicht ordnungsgemäß abgedeckt, neue mietereigene Einbauküchen verschmutzt und aus den angekündigten drei Wochen in der Umsetzwohnung wurden acht. „Probleme gibt es bei fast jedem Mieter“, sagt Rechtsberater Thomas Florange vom Berliner Mieterverein (BMV). Weil den ganzen Tag die Türen offen standen, verschwanden bei mehreren Bewohnern Gegenstände wie Notebook, Schmuck oder Bohrmaschinen aus Keller oder Wohnung. Eine Familie musste ein Jahr darum kämpfen, bis der mit Betonspritzern verunstaltete Teppich ersetzt wurde.
Besonders empörend ist der Fall eines älteren Ehepaares, dessen vormals barrierefreie Wohnung mit Schwellen ausgestattet wurde. Nach dem Wiedereinzug stürzte die alte Dame prompt und brach sich einen Zeh. „Wir hatte die Gesobau vorher ausdrücklich darauf hingewiesen, dass diese Bewohnerin auf eine schwellenfreie Wohnung angewiesen ist“, so Rechtsberater Florange. Sein Eindruck: Die Beeinträchtigungen gehen weit über das hinaus, was bei einer Sanierung dieser Größenordnung nun mal unvermeidlich ist. Immerhin konnte der BMV für seine Mitglieder eine Umsetzwohnung für die Kernbauzeit durchsetzen.
„Eine hundertprozentig staubfreie Sanierung gibt es nicht“, meint dazu die Sprecherin der Gesobau, Kirsten Huthmann, die den Vorwurf einer „chaotischen Baudurchführung“ zurückweist. Sie spricht von bedauerlichen Einzelfällen. Lediglich beim Pilotprojekt am Eichhorstweg sei es nicht optimal gelaufen: „Wir haben aus diesen Fehlern gelernt und unsere Kundenbetreuung optimiert.“
Insgesamt wird die Gesobau bis zum Jahre 2016 rund 440 Millionen Euro in Wärmedämmung und moderne Standards von 13000 Mietwohnungen investieren. Die Mieten steigen nur moderat: Aufgrund der Einsparungen bei den Nebenkosten liegen die Mietsteigerungen bei 15 bis 35 Euro monatlich.
Birgit Leiß
MieterMagazin 11/10
Die Baudurchführung im Märkischen Viertel gab vielen Mietern Anlass zu deutlicher Kritik
Foto: Christian Muhrbeck
04.04.2013