Die Bundesregierung hat das Ziel ausgegeben, den CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent zu senken und einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand zu schaffen. Mit der bisherigen Förderung wird dieses Ziel jedoch nicht erreicht. Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat deshalb einen verbindlichen Sanierungsfahrplan angemahnt: Es müssen mehr Fördermittel bereitgestellt werden, die Hauseigentümer müssen aber auch mehr gefordert werden.
Rund 40 Prozent des deutschen Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen entfallen auf die Bewirtschaftung von Gebäuden. Die energetische Sanierung ist deshalb ein zentraler Punkt im Energiekonzept der Bundesregierung von 2010. Schon bis 2020 ist eine Verringerung des Wärmebedarfs um 20 Prozent angestrebt, im Jahr 2050 soll der Gebäudebestand sogar annähernd klimaneutral sein. Konkrete Vorgaben, wie dieses Ziel erreicht werden soll, lässt die Bundesregierung noch vermissen. Ein angekündigter Sanierungsfahrplan steht immer noch aus. Der NABU hat deshalb in einer Studie untersuchen lassen, wie ein solcher Fahrplan aussehen müsste, mit dem der Sanierungszug ohne Verspätung ankommt.
Jährlich müssten 1,8 Prozent aller Gebäude energetisch saniert werden, um das Ziel nicht zu verfehlen. Das hat die Prognos AG errechnet, die die Studie erstellt hat. Zurzeit wird aber gerade mal ein Prozent im Jahr saniert. Die Sanierungsrate muss sich also nahezu verdoppeln. Auch die Sanierungseffizienz muss deutlich erhöht werden, denn bei energetischen Sanierungen bleibt man oft unterhalb der Möglichkeiten. So werden beispielsweise Fassaden nicht vollständig gedämmt oder Heizungsanlagen eingebaut, die in punkto Sparsamkeit nicht auf dem neuesten Stand sind.
Bislang setzt die Bundesregierung auf den guten Willen der Eigentümer, denen finanzielle Anreize zur energetischen Sanierung ihrer Häuser gegeben werden. „Allein durch Freiwilligkeit ist der Weg aber nicht zu beschreiten“, erklärt NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Wenn man allein mit Fördergeldern das Klimaschutzziel erreichen wollte, müsste man der Studie zufolge die Mittel im Bundeshaushalt von 700 Millionen Euro im Jahr 2010 auf 8,9 Milliarden Euro im Jahr 2020 aufstocken, also mehr als verzwölffachen. Das ist weit mehr als alle bisher diskutierten Beträge.
Ohne Vorgaben und Kontrollen geht es nicht
Deshalb müsste die Politik den Eigentümern auch ordnungsrechtliche Vorgaben machen, etwa welche CO2-Reduzierung bis wann erreicht werden muss. Das Energieeinspargesetz und die Energieeinsparverordnung reichen nicht aus. Zudem wird viel zu selten kontrolliert, ob die Vorgaben am Bau tatsächlich eingehalten werden. Viele Bauherren verwenden zum Beispiel aus Sparsamkeit zu dünne Wärmedämmplatten. Auf diese Weise gehen große CO2-Reduktionspotenziale auf lange Zeit verloren. Aus Sicht des NABU ist es auch sinnvoller, in die Reduzierung des Wärmebedarfs zu investieren als in häusliche Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien.
Die soziale Gerechtigkeit darf dabei nicht aus dem Auge gelassen werden. Durch die teils hohen Investitionen sind für Mieter die modernisierungsbedingten Mietsteigerungen meist höher als die eingesparten Betriebs- und Heizkosten. Um soziale Härten zu vermeiden, müssen laut NABU ausreichende und zielgenaue Förderangebote gemacht oder Ausnahmeregelungen getroffen werden. „Der Verzicht auf Sanierungsmaßnahmen ist keine Alternative, weil er die Gefahr ungebremst steigender Heizkosten mit sich bringt“, so Tschimpke.
Jens Sethmann
MieterMagazin 11/11
Wenn die Bundesregierung ihre Energieziele erreichen will, muss die Gebäudesanierung quantitativ und qualitativ besser werden
Foto: Christian Muhrbeck
Die Broschüre „Anforderungen an einen Sanierungsfahrplan“ im Internet unter
www.nabu.de
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Schwarz-gelber Klimaschutz
Mit dem am 28. September 2010 beschlossenen Energiekonzept möchte die Bundesregierung dazu beitragen, dass die globale Durchschnittstemperatur nicht um mehr als zwei Grad steigt. Gleichzeitig hat sie jedoch die Mittel für das erfolgreiche CO2-Gebäude- Sanierungsprogramm von zwei Milliarden Euro in 2009 auf 437 Millionen Euro in 2011 zusammengestrichen. Die Regierung will die Gebäudesanierung künftig über den Energie- und Klimafonds finanzieren, der über die Erlöse aus dem Handel mit CO2-Zertifikaten gespeist wird. Der Bund rechnet mit jährlichen Einnahmen von rund 1,5 Milliarden Euro.
js
01.04.2013