Die Bewohner eines Charlottenburger Mietshauses hatten gültige Mietverträge. Bis ihr Haus verkauft wurde und der neue Eigentümer befand: Die Verträge gehen ihn nichts an. Sie seien nicht vom Eigentümer, sondern einem anderen Vermieter unterschrieben worden. Nun sollen alle raus.
Das Schreiben, das den Bewohnern des Hauses Spandauer Damm 54 Ende Juli ins Haus flatterte, war unmissverständlich: Bis zum 31. Oktober 2014 sollten alle ihre Wohnungen geräumt und an den neuen Eigentümer, die „Euroboden Spandauer Damm GmbH“, übergeben haben. Der Investor aus dem bayerischen Grünwald begründete seine Forderung damit, dass die vorigen Eigentümer, von denen er das Haus gekauft hatte, nicht die Unterzeichner der Mietverträge und damit auch nicht die Vermieter gewesen seien. Unterschrieben sind die Verträge von der „BE-GO Hotel GmbH“, die im Auftrag des Eigentümers das Haus verwaltete und bewirtschaftete. Nach dessen Tod hatten seine Söhne den Besitz geerbt. Die beauftragte Verwaltungs-GmbH arbeitete erst einmal weiter – bis zur Zwangsversteigerung, bei der eben die Firma Euroboden den Zuschlag erhielt.
„Der neue Eigentümer nutzt nun den Umstand aus, dass Eigentümer und Vermieter formal unterschiedliche Personen waren, um das Haus schnell leer zu bekommen“, sagt Michael Häberle, Jurist beim Berliner Mieterverein, der einige der Hausbewohner in dem Rechtsstreit vertritt.
Neue Verträge, so teilte „Euroboden“ seinen Mietern mit, werde man mit ihnen nicht abschließen. Das hält Rechtsberater Häberle indessen auch nicht für notwendig: „Wir sind der Auffassung, dass der Käufer automatisch in die bestehenden Mietverträge eingetreten ist.“ Die Verwaltungsgesellschaft habe schließlich im Auftrag und treuhänderisch für die alten Eigentümer gehandelt, die wirtschaftlich von den Mietverhältnissen profitiert hätten. Außerdem gingen schon seit Mai die Mietzahlungen auf das Bankkonto der Firma „Euroboden“.
Wer zum Auszug bereit sei, dem stellt der neue Inhaber eine gewisse „Beteiligung an den Umzugskosten“ in Aussicht – einen Bruchteil jener erheblichen Ausgaben, die mit dem Umzug in eine viel teurere Wohnung anfallen würden. „Wir raten auf jeden Fall, erst einmal zu bleiben“, so der Jurist des BMV. Euroboden müsse sich als neuer Vermieter an die gesetzlichen Regeln halten.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 11/14
Der Käufer will bestehende Mietverträge nicht anerkennen: Spandauer Damm 54
Foto: Nils Richter
29.12.2017