Die jüngsten Ankündigungen des Regierenden Bürgermeisters, gegen überteuerte Mieten vorzugehen, erweisen sich bei näherem Hinsehen als Worthülsen.
Kai Wegner (CDU) hatte Mitte September erklärt, die Einhaltung der Mietpreisbremse konsequenter durchsetzen zu wollen. Viele Angebote im Internet würden gegen die Bremse verstoßen. Sanktionen gibt es bislang nicht. Denkbar, so Wegner, sei es, ein Bußgeld einzuführen. Doch dafür ist der Bund zuständig. Gleichzeitig, so der Regierende Bürgermeister wolle man dafür sorgen, den Wucher-Paragrafen wieder scharf zu stellen. Nach Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetz ist es ordnungswidrig, Mieten zu verlangen, die die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr 20 Prozent überschreiten. Ab 50 Prozent ist es sogar eine Straftat. In der Praxis spielt der Paragraf nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach im Einzelfall die Ausnutzung der Mangellage nachzuweisen ist, kaum noch eine Rolle. Wie bereits im Koalitionsvertrag vereinbart, soll zudem eine Prüfstelle zur Einhaltung der Mietpreisbremse eingerichtet werden. Befugnisse, die über die reine Unterstützung und Beratung von Mieter:innen hinausgehen, sind jedoch offenbar nicht vorgesehen. Es handele sich um zivilrechtliche Auseinandersetzungen zwischen Vermieter und Mieter. „Die Mietpreisprüfstelle ist weder konzeptionell unterfüttert, noch gibt es dafür bisher finanzielle Mittel im Haushaltsentwurf“, kritisiert Katrin Schmidberger, bündnisgrüne Sprecherin für Wohnen und Mieten. Überhöhte Mieten seien aber nicht nur ein privates Problem. Die Grünen fordern seit Langem ein Landesamt für Wohnungswesen, das Mietpreise überprüft und Mietwucher ahndet.
Auch beim Berliner Mieterverein (BMV) hat man große Zweifel, dass es der Senat ernst meint. Die Einschätzung, dass man für die Einrichtung der Prüfstelle erst den qualifizierten Mietspiegel abwarten müsse, teilt BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels nicht. „Und selbst wenn: Man könnte zumindest jetzt schon Vorbereitungen treffen, damit man im Frühjahr bei Erscheinen des neuen Mietspiegels startklar ist.“ Der politische Wille, die Mieter:innen vor überhöhten Mieten zu schützen, fehle nach wie vor. Frankfurt/Main und Freiburg machen vor, wie es geht. Das Wohnungsamt der Mainmetropole hat in den letzten zwei Jahren über 1300 Verfahren wegen Mietwucher eingeleitet. In Freiburg werden Wohnungsinserate systematisch durchkämmt und die Anbieter von Wuchermieten angeschrieben. „Das würde sich unter Maklern und Vermieterinnen herumsprechen“, ist Bartels überzeugt.
Und was sagt die Wohnungswirtschaft zu Wegners Vorstoß? Während der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) stärkere Sanktionen bei Missachtung der Mietpreisbremse sowie das „Geländegängigmachen“ des Wucherparagrafen begrüßt, äußert sich der Eigentümerverband Haus & Grund verärgert. Die in Internetportalen aufzufindenden Angebotsmieten seien nicht repräsentativ, so dessen Vorsitzender Carsten Brückner. Nicht die Verschärfung von Verbotsgesetzen, sondern der beschleunigte Neubau seien der einzig richtige Weg.
Birgit Leiß
26.10.2023