Vier der sechs landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften sind nicht nur Mitglieder im Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU), sondern auch im Zentralen Immobilien-Ausschuss (ZIA), dem aggressiven Verband der kapitalmarktorientierten Wohnungskonzerne. Was wollen sie da?
Die Howoge ist im Jahr 2015 dem ZIA beigetreten. Die damalige Howoge-Geschäftsführerin Stefanie Frensch wechselte 2019 in den Regionalvorstand Ost des ZIA. Die Gesobau ist seit 2016 ZIA-Mitglied, Stadt und Land seit 2018, und die Degewo ist in diesem Jahr beigetreten.
Der ZIA nennt sich selbst „Interessenvertretung kapitalmarktorientierter Immobilienunternehmen“. Nach dem Lobbyregister des Bundestages wendete der ZIA im Jahr 2022 über 2,1 Millionen Euro für Lobbyarbeit auf. Zum Vergleich: Der Deutsche Mieterbund hat dafür ein Budget von gerade einmal 100.000 Euro. Die Zielrichtung des ZIA ist klar: Er fordert „größtmögliche Freiheiten“ für die Immobilienwirtschaft und positioniert sich gegen Mietpreisbegrenzungen, gegen die Verlängerung der Mietpreisbremse und gegen Vergesellschaftungen.
Dem Berliner „Bündnis für Wohnungsneubau und bezahlbares Wohnen“ ist der ZIA im letzten Jahr nur nachträglich und unter Vorbehalten beigetreten, weil ihm die dort ausgehandelten schwachen mieterschützenden Regelungen schon zu weit gingen. So nannte ZIA-Chef Oliver Wittke die Begrenzung der Miete auf 30 Prozent des Haushaltseinkommens „realitätsfern“. Auch nach der Unterzeichnung demonstrierte der Verband seinen Unwillen, indem er zur ersten Bündnis-Zwischenbilanz keine Zahlen lieferte.
Antworten mit identischem Wortlaut
Was wollen die landeseigenen Unternehmen, die als gemeinwohlorientiert gelten und sich als Teil der „sozialen Wohnungswirtschaft“ verstehen, in diesem Verein? Anfragen des MieterMagazins beantworteten die vier Gesellschaften mit identischem Wortlaut. Neben der Interessenvertretung seien „insbesondere der fachliche Austausch und der Netzwerkauf- und -ausbau“ Ziel der ZIA-Mitgliedschaft. „Zwischen allen Akteuren der Immobilienwirtschaft gibt es zahlreiche Schnittstellenthemen, von deren Diskussion und Weiterentwicklung auch die Howoge profitiert“, erklärt Pressesprecherin Sabine Pentrop gleichlautend mit ihren drei Kolleg:innen. Man fragt sich: Sind im BBU, dem die landeseigenen Wohnungsunternehmen traditionell angehören, und in dessen übergeordnetem Bundesverband GdW mit seinen 3000 Mitgliedsunternehmen solche Netzwerke nicht zu finden?
Die Frage nach der Höhe der ZIA-Beiträge wollte keines der Landesunternehmen beantworten. Sie beträgt laut ZIA-Website 35.000 Euro im Jahr. In der Logik der Immobilienlobby würde man sagen: „… viel Geld, das für den dringend benötigten Wohnungsbau fehlt“.
Fazit: Die Mieter:innen von Howoge, Gesobau, Degewo und Stadt und Land finanzieren mit ihren Mietzahlungen einen Lobbyverband, der Stimmung gegen ihre Interessen macht.
Jens Sethmann
Tochterunternehmen von Städtischen im BFW
Drei Landeseigene haben Tochterunternehmen, die auch Mitglied im Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) sind. Es handelt sich um die Gewobe (Degewo), die Wobege (Stadt und Land) und die Gewobag VB (Gewobag). Als Wohnungsverwaltungen für Dritte stünden sie im Wettbewerb mit anderen Anbietern, erklären Stadt-und-Land-Sprecherin Anja Libramm und Degewo-Sprecher Stefan Weidelich unisono die Gründe für die BFW-Mitgliedschaft: „Der BFW bietet hier eine Übersicht, Themenbündelung und Arbeitskreise als Austauschforum für Mitglieder an.“ Der BFW ist eine Organisation privater, mittelständischer Betriebe und lehnt weitere Mietenregulierungen, die Einführung der Wohngemeinnützigkeit und Vergesellschaftungen vehement ab. Die BFW-Beiträge sind nach Umsatz gestaffelt. Zur ihrer konkreten Beitragshöhe wollten Gewobag, Degewo und Stadt und Land keine Angaben machen.
js
26.10.2023