Von westdeutschen und ausländischen Touristen wurden die verwitterten Fassaden in Prenzlauer Berg mit einem faszinierten Schauder bestaunt. Nicht selten konnte man noch Einschusslöcher aus dem Krieg erkennen! Mit der Sanierung wurden in den letzten Jahren die meisten bröckelnden Wände repariert und mit Pastellfarben überstrichen. Kriegsspuren findet man nur noch an ganz wenigen Häusern. Eine Initiative will nun die letzten vom Krieg gezeichneten Fassaden sichern.
Die Zeiten, in denen ganze Straßenzüge in Prenzlauer Berg als Kulisse für Kriegs- und Nachkriegsfilme dienen konnten, sind längst vorbei. In den meisten Straßen bilden die unsanierten Häuser mittlerweile die Ausnahme unter den glatt verputzten oder neu verstuckten Fassaden. Dabei sind die Erinnerungen an den Krieg, die von den zerschossenen Fassaden für jeden sichtbar wach gehalten wurden, verschwunden. In der schon fast durchsanierten Oderberger Straße ist die Stuckfassade der Nummer 44 noch mit Einschusslöchern übersät, die vermutlich 1945 in den letzten Kriegstagen bei der sinnlosen „Schlacht um Berlin“ entstanden sind.
„Es wäre schade, wenn die Spuren alle verschwinden“, sagt Anwohnerin Martina Bolz. Sie hat sich an die Kulturstaatsministerin Christina Weiss und an das Landesdenkmalamt mit dem Vorschlag gewandt, die vom Krieg gezeichneten Fassaden mit einer Art Klarlack zu konservieren. Innen können die Häuser normal saniert werden. „Für szenige Bewohner Berlins wäre es wahrscheinlich sogar äußerst reizvoll, in einem derartig konservierten Haus zu wohnen, wenn es nicht ein Zeichen des sozialen Abstiegs wäre, sondern Kultstatus hätte“, meint Martina Bolz. Sie ist überzeugt, dass eine so erhaltene Fassade auch eine große touristische Anziehungskraft haben kann.
Zuständigkeitshalber antwortete die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf Martina Bolz‘ Vorschlag: Weder in der Denkmalpflege noch in der Stadterneuerung sei bisher ein solcher Ansatz vorgesehen. Die Verwaltung habe ohnehin nur geringen Einfluss darauf, wie der Eigentümer die Fassade gestaltet. Bleibt also zu hoffen, dass sich der eine oder andere Eigentümer für diese Idee erwärmen kann.
Jens Sethmann
MieterMagazin 12/05
Anwohnerinitiative: Die Kriegsschäden sollen erhalten bleiben
Foto: Jens Sethmann
28.04.2013