Seit 1993 gibt es in Berlin zur Versorgung von Wohnungsnotfällen das so genannte „Geschützte Marktsegment„. Sowohl die Wohnungswirtschaft als auch der Senat gehen davon aus, dass der Bedarf in den kommenden Jahren noch ansteigen wird. Dennoch bleiben die Wohnungsunternehmen weit hinter ihren Verpflichtungen zurück.
Die Soll-Zahlen standen von Anfang an nur auf dem Papier: 1350 Wohnungen pro Jahr sollten die Unternehmen bereitstellen, 1100 für Einpersonenhaushalte und 250 für Zwei- und Mehrpersonenhaushalte. Das sieht eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Land Berlin, den Bezirksämtern und den städtischen Wohnungsbaugesellschaften vor. Bis zum Jahre 2000 betrug das Kontingent sogar 2000 Wohnungen. Es handelt sich um ganz normale Mietwohnungen, die über die Bezirksämter an
Obdachlose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen vergeben werden. Während bis 1996 immerhin rund 80 Prozent des Solls erfüllt wurden, sank die Zahl in den Folgejahren bis zu einem Tiefstand von 27 Prozent im Jahre 1999. Die Wohnungsunternehmen gaben zudem an, nicht über genügend freie Einzimmerwohnungen zu verfügen – gerade dafür gibt es auf dem Wohnungsmarkt eine starke Nachfrage.
Seit 2001 steigt die Zahl der angebotenen Wohnungen wieder an. So wurden im vergangenen Jahr insgesamt 1236 Wohnungen ins Geschützte Marktsegment gemeldet, allerdings kam es nur zu 823 Mietvertragsabschlüssen. Dafür gibt es eine Vielzahl von Gründen. Manche Angebote werden von den Wohnungsunternehmen wieder zurückgezogen, für andere finden sich keine geeigneten Bewerber. Dazu muss man wissen, dass die Wohnungsbaugesellschaften „nicht gerade ihre besten Wohnungen“ zur Verfügung stellen, wie es in der erwähnten Studie heißt. Es handele sich überwiegend um schwer vermietbare Wohnungen mit Einfachstandard.
Für das laufende Jahr zeichnet sich nach Angaben der Senatsverwaltung für Soziales wieder ein Angebotsrückgang ab. Zum einen hätten die Unternehmen die Mietregelung zu Hartz IV abwarten wollen, die zum 1. Juli in Kraft getreten ist. Zudem erwarte die Wohnungswirtschaft, dass im nächsten Jahr durch die Umsetzung von Hartz IV eine Umzugswelle in den preisgünstigeren Wohnraum anlaufen wird.
Im Klartext: Zwei besonders benachteiligte Gruppen auf dem Wohnungsmarkt konkurrieren bald um den schrumpfenden Bestand an preiswerten, belegungsgebundenen Wohnungen.
Birgit Leiß
MieterMagazin 12/05
Um die preiswerten Wohnungen stehen zusätzlich zu den Wohnungslosen bald auch Hartz-IV-Empfänger an
Foto: Kerstin Zillmer
28.12.2017