Ab dem 1. Januar 2007 werden auch für alle „neuartigen Geräte, mit denen Fernsehempfang möglich ist“ Rundfunkgebühren fällig. Grundsätzlich hatten die Ministerpräsidenten es so bereits vor zwei Jahren beschlossen, in diesem Oktober wurden sie konkret: Wer ein UMTS-Handy oder einen PC besitzt, ist verpflichtet, Rundfunkgebühren zu zahlen. Die privaten Haushalte trifft es laut Gebühreneinzugszentrale (GEZ) nicht, denn wer schon ein Radio- oder Fernsehgerät angemeldet hat und bezahlt, dem bleibt der privat genutzte Rechner als Zweitgerät kostenfrei. Die neue Gebühr trifft vor allem Selbstständige und kleine Unternehmer. Quer durch alle Parteien kommt allerdings Protest: zuviel der Abzocke!
Mit dem Rundfunkänderungsstaatsvertrag von 2005 sind ab dem 1. Januar 2007 auch internetfähige PCs „grundsätzlich anmelde- und gebührenpflichtig“ – sie gelten als weitere „Rundfunkempfangsteile“. Hinter der merkwürdig altmodisch klingenden Bezeichnung „neuartige Geräte“ verbergen sich internetfähige PCs, UMTS-Handys, Spielkonsolen und Organizer. Vorläufig beschränkten sich die darüber entscheidenden Ministerpräsidenten auf Kosten von 16,56 Euro pro Quartal – entsprechend der Rundfunkgebühr. Egal ist, ob tatsächlich via Internet Radio gehört wird oder nicht – es steht mit dem PC oder UMTS-Handy immerhin ein potenzielles Empfangsteil zur Verfügung.
Diese Definition ist nicht neu, der Staatsvertrag sah schon immer den Besitz eines Gerätes, nicht den Empfang von Programmen, als Voraussetzung der Gebührenpflicht an. Ob das Radio oder TV-Gerät defekt in der Ecke steht oder in den Keller verbannt wurde – die Gebühren sind fällig. Das Gerät könnte ja jederzeit wieder in Empfangsbereitschaft versetzt werden.
Die Rundfunkgebühr besteht aus einer Grundgebühr von 5,52 Euro pro Monat. Dafür darf Radio gehört werden. Besitzer eines Fernsehgeräts müssen immer die Grundgebühr und die Fernsehgebühr, zusammen monatlich 17,03 Euro zahlen, auch wenn sie über kein Radio verfügen. Weitere Empfangsgeräte innerhalb einer Familie sind meistens gebührenfrei. Wird ein Autoradio nur privat, nicht beruflich, genutzt, fällt es in die Rubrik Zweitradio, ebenso der Radiowecker wie auch das Radio im Bad oder in der Küche. Wer aber zusätzlich Rundfunkgeräte im Campingwagen oder in seiner Zweitwohnung hat, muss sie anmelden und Gebühren entrichten.
Ein Familienhaushalt mit minderjährigen Kindern und ohne Rente beziehende Großeltern überweist vierteljährlich 51,09 Euro. Dieser Haushalt zahlt für Rechner und Handy nicht extra – solange alles privat genutzt wird. Wohnen erwachsene Kinder mit eigenem Einkommen im Haushalt der Eltern, dann müssen sie die Empfangsgeräte in ihrem Zimmer extra anmelden.
Zweitgeräte kostenlos
Wohngemeinschaften und nichteheliche Lebensgemeinschaften kommen nicht in den Genuss des Familienbonus. Nur der gebührenzahlende Bewohner hat Anspruch auf kostenlose Zweitgeräte. Der Lebenspartner hat seine Geräte ebenso selbst anzumelden wie die Mitbewohner einer Wohngemeinschaft die in ihren Wohnräumen genutzten Geräte.
Wer weder Radio noch TV besitzt, aber PC oder UMTS-Handy, der ist nach dem 1. Januar 2007 gleichfalls dem Zugriff der GEZ ausgesetzt – auch wenn er damit kein Radio hört, sondern nur im Internet surft oder telefoniert. Er hat seine empfangsbereiten Geräte bei der GEZ anzumelden – die Anmeldeformulare liegen bei allen Banken, Sparkassen und Postämtern aus – und er hat die Rundfunkgebühr zu zahlen. Die GEZ geht davon aus, dass derzeit nahezu alle Haushalte Gebühren zahlen, deshalb seien nur „in seltenen Ausnahmen“ Menschen von den neuen Gebühren betroffen – nämlich jene, die bewusst auf TV und Radio verzichten. Oder solche, die „schwarz“ hören und sehen.
Die seltene Ausnahme kommt in Berlin offenbar recht häufig vor. Geschätzt wird die Schwarzseherquote auf 18 Prozent. Ulrich Anschütz, Unternehmenssprecher von „Radio Berlin-Brandenburg“, will die Zahl nicht bestätigen, aber Berlin sei diesbezüglich der „Spitzenreiter der deutschen Großstädte“.
Dass – analog des alten GEZ-Werbeslogans – schwarz hören und sehen teuer zu stehen kommen kann, hat man in Schweden kürzlich erfahren: Zwei Ministerinnen traten nach nur zehn Tagen Amtszeit zurück, weil sie unter anderem jahrelang keine Rundfunkgebühren bezahlt hatten. Jährlicher Beitrag in dem skandinavischen Land: 220 Euro. Da half auch nicht das Argument „Das Fernsehprogramm gefällt mir nicht“. Der Skandal bescherte der schwedischen Gebühreneinzugszentrale nach ARD-Angaben „im Gefolge der Berichte auf einen Schlag 6000 Anmeldungen, darunter von zahlreichen Prominenten aus Politik, Wirtschaft und Unterhaltung“.
In Deutschland finanzieren sich das Erste, Zweite, die Dritten Programme und die öffentlich-rechtlichen Radiosender größtenteils über die Rundfunkgebühren. 2005 brachten 39 Millionen Radiohörer und 34 Millionen Fernseher knapp sieben Milliarden Euro in die Kassen der GEZ.
Es trifft die Kleinen
Vor allem die Berufsverbände Selbstständiger und Kleinunternehmer kritisieren die jetzt auf den Weg gebrachte neue Gebühr. Für Freiberufler oder Lehrer, die ihren PC zu Hause auch beruflich nutzen, kämen Mehrkosten in Höhe von 66,24 Euro jährlich zu. Wird es in einigen Jahren bei den meisten Rechnern möglich sein, TV-Programme zu sehen, werden wahrscheinlich auch die höheren Fernsehgebühren kassiert. Kleinunternehmer trifft es ungerechterweise am härtesten: Jedes Unternehmen, egal, ob es einen oder Tausende empfangsbereiter Rechner in seinen Arbeitsräumen hat, muss nur einmal die Gebühr zahlen.
Auch wenn die GEZ versucht, mit flotter Werbung wie „Schon GEZahlt?“ ihr schlechtes Image aufzupolieren, ist in Internetforen weiter von „GEZtapo“, von „Spitzeln“ und von „AbGEZockt“ die Rede. Offenbar wurden mit den Außendienstmitarbeitern der Landesrundfunkanstalten oft schlechte Erfahrungen gemacht. An den Wohnungstüren verhielten sie sich so, dass Menschen sich eingeschüchtert und bedroht fühlen oder zu Unrecht des „Schwarzsehens“ verdächtigt. Auch die Briefe, mit denen die GEZ die Anmeldung des Rundfunkempfangsteils anmahnt, muten eher penetrant an.
Von vielen Seiten wird derzeit laut über eine Entbürokratisierung der „Datenkrake“ GEZ nachgedacht, die 2003 mit dem wenig schmeichelhaften Big Brother Award ausgezeichnet wurde. Der Berliner Datenschutzbeauftragte forderte bereits in seinem Jahresbericht von 1999 die Einführung einer allgemeinen Mediengebühr. Dann könne die „Schnüffelei“ ersatzlos eingestellt werden und die sehr bedenklichen „riesigen Datenbestände der GEZ wären entbehrlich“.
Clara Luckmann
MieterMagazin 12/06
Die GEZ bittet zur Kasse: nicht nur für Radio und TV, sondern auch für PC und UMTS-Handy
alle Fotos: Christian Muhrbeck
Wer schon ein Radio- oder Fernsehgerät angemeldet hat und bezahlt, dem bleibt der privat genutzte Rechner als Zweitgerät kostenfrei
Ganz schlechter Ruf: Die GEZ ist bei der Eintreibung von Gebühren nicht zimperlich
Adressen:
www.gez.de
www.rundfunkbeitrag.de/
Wer wird von den Gebühren befreit?
Befreiungen von der Rundfunkgebühr sind aus sozialen, gesundheitlichen oder finanziellen Gründen möglich. Sie werden ausschließlich auf schriftlichen Antrag gewährt – und nie rückwirkend.
Zu den Berechtigten gehören:
– Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld
– Empfänger von Leistungen nach dem Asylbewerbergesetz
– BAföG-Empfänger, die nicht bei den Eltern leben
– Pflegebedürftige Menschen unter bestimmten Voraussetzungen
– Sonderfürsorgeberechtigte
– Taube und stark hörgeschädigte Menschen
– Blinde und stark sehbehinderte Menschen (Sehbehinderung mindestens 60 Prozent)
– Behinderte Menschen (Grad der Behinderung mindestens 80 Prozent).
Nähere Informationen und Antragsvordrucke können aus dem Internet
(www.gez.de) heruntergeladen werden.
Wichtig ist, dass vom Bewilligungsbescheid oder Schwerbehindertenausweis eine beglaubigte Kopie vom Original angefertigt und mit eingereicht wird. Alle Bürgerämter beglaubigen das Original direkt auf dem Befreiungsantrag im Feld „Bescheinigung zur Vorlage bei der Behörde“. Einen per E-Mail gestellten Antrag akzeptiert die GEZ nicht. Die Befreiung beginnt frühestens in dem Monat nach Eingang des Antrages bei der GEZ in Köln. Achtung: Die Befreiung wird nur befristet gewährt und muss regelmäßig neu beantragt werden, auch wenn sich an der sozialen oder wirtschaftlichen Situation des Antragstellers nichts geändert hat.
Clara Luckmann
05.06.2019