Was die Interessen der Mieter betrifft, ist mit Schwarz/Gelb die eindeutig ungünstigste der denkbaren Koalitionen zustande gekommen. Wohin die Reise gehen soll, deutet sich in den Koalitionsvereinbarungen von CDU und FDP an. Doch man muss zwischen den Zeilen lesen, an klaren Aussagen mangelt es, so der Präsident des Deutschen Mieterbundes (DMB) und Vorsitzende des Berliner Mietervereins (BMV), Dr. Franz-Georg Rips.
MieterMagazin: Die Regierungskoalition hat vereinbart, dass sie klima- und umweltfreundliche Sanierungen erleichtern möchte. Gegen die energetische Sanierung hat der Deutsche Mieterbund nichts einzuwenden. Was verbirgt sich aber hinter der im gleichen Zusammenhang genannten Formel, dass dabei die freie Entscheidung des Vermieters beibehalten bleiben soll?
Dr. Rips: Vom Geist des Papiers und vom Sachzusammenhang her ist davon auszugehen, dass Investitionen in eine energetische Modernisierung nur nach den Grundsätzen des Marktes und der Freiwilligkeit angelegt sind. Ordnungsrechtliche Vorgaben soll es nicht geben. Damit wird das Klimaschutzziel auf keinen Fall erreicht.
MieterMagazin: Wie bewertet der DMB die Ankündigung, bei energetischen Sanierungsmaßnahmen keine Mietminderung mehr zuzulassen?
Dr. Rips: Das verletzt die Systematik des BGB. Das wäre das Gleiche, wenn beispielsweise zur Förderung von Afrika bei Reisen dorthin Minderungsrechte grundsätzlich ausgeschlossen würden. Mieter mindern die Miete ja nicht wegen der energetischen Sanierung, sondern weil sie keine Wasserversorgung haben, die Heizung ausfällt, unerträglichen Lärm ertragen müssen und ähnliches. Ich hoffe, dass die Koalition in dieser Frage zur Vernunft kommt.
MieterMagazin: Die avisierte Vereinheitlichung der Kündigungsfristen meint wohl deren generelle Verkürzung auf drei Monate auch für die Vermieter. Warum ist die bisherige Regelung nach DMB-Ansicht die gerechtere?
Dr. Rips: Es ist ein Unterschied, ob der Mieter selbst kündigt oder ob ihm vom Vermieter gekündigt wird. Er muss ausreichend Zeit haben, sich auf die neue Situation einzustellen und sich darauf vorzubereiten. Vor allem ist es häufig sein Wunsch, im gewohnten Wohnumfeld eine geeignete Wohnung zu finden.
MieterMagazin: Die Koalition will die bestehenden Möglichkeiten gewerblicher Wärmelieferung erweitern. Welche Folgen hat das für betroffene Mieter?
Dr. Rips: Zunächst wird das Wohnen teurer. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich um ein reines Betreiber-Contracting handelt, also an der technischen Anlage keine Änderungen vorgenommen werden. Wir plädieren eindeutig dafür, dass jede Einführung von Contracting mit einer energetischen Verbesserung verbunden sein muss und möglichst warmmietenneutral durchgeführt wird.
MieterMagazin: „Wir wollen die Wohneigentumsquote in Deutschland erhöhen“, heißt es im Koalitionspapier. Kündigt sich hier eine Rückkehr zu Fördermaßnahmen der Eigentumsbildung an, die man aus gutem Grunde in der Vergangenheit gestrichen hat?
Dr. Rips: Ich hoffe, dass dies nicht der Fall ist. Dies würde wieder die Suburbanisierungsprozesse befördern, damit auch stadtfeindlich sein und neue soziale und ökologische Probleme schaffen. Die Aussage im Koalitionspapier ist aber wie vieles andere auch nebulös. Wir müssen also zunächst die konkreten Umsetzungsmaßnahmen abwarten.
MieterMagazin: Das Wohngeldrecht wurde nach langen Debatten zum 1.Januar dieses Jahres reformiert. Von einer Erhöhung in dieser Legislaturperiode ist keine Rede. Vielmehr kündigt das Koalitionspapier „weitere Vereinfachungen“ an. Droht da Unbill?
Dr. Rips: Wir wissen, dass der Begriff der „Vereinfachung“ fast immer den Abbau von Schutzrechten zum Inhalt hat. Bei der letzten Wohngeldreform wollte die große Koalition zunächst auch nur eine Vereinfachung. Die Leistungsverbesserung ist im Gesetzgebungsverfahren im Wesentlichen vom DMB erstritten worden. Angesichts der Verteuerungen des Wohnens durch höhere Heizkosten und durch energetische Sanierungen bedarf das Wohngeld einer Überprüfung. Dabei kann es nicht nur um Vereinfachungen gehen. Die Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, brauchen mehr Unterstützung.
Die Fragen stellten die MieterMagazin-Redakteure
Udo Hildenstab und Reiner Wild.
MieterMagazin 12/09
Wer von Vereinfachung redet, meint meist den Abbau von Schutzrechten“: DMB-Präsident
Franz-Georg Rips
Foto: Christian Muhrbeck
07.04.2013