Fast 40 Jahre lang war Barbara Liebig-Gleibs Mieterin der Wohnungsbaugesellschaft Degewo. Aus dieser Zeit hat sie fünf dicke Aktenordner mit Schriftverkehr. Mehrfach wurde sie vor Gericht gezerrt. Doch was sich nach ihrem Auszug abspielte, übertraf ihre schlimmsten Befürchtungen.
Der Ärger begann Anfang 2008 mit der Modernisierung der Häuser in der Alboinstraße in Tempelhof. Weil Barbara Liebig-Gleibs ihr Bad selber modernisiert hatte – mit Genehmigung der Degewo -, erteilte sie auf Anraten des Berliner Mietervereins (BMV) nur eine Teilzustimmung. „Die wollten mein Bad zusammenkloppen und dann den Standard schaffen, den ich schon hatte“, empört sich die Mieterin. Irgendwann beschloss die Degewo, gar nichts mehr in der Wohnung zu machen. Die angefangenen Arbeiten wurden einfach abgebrochen. „Ich habe fast drei Jahre lang in einem Zustand ständiger Baubereitschaft verbracht“, sagt sie. Die nervlich angeschlagene Mieterin und ihr Mann entschlossen sich zum Auszug.
Bei der Wohnungsabnahme mit dem Hauswart Ende April 2010 gab es keinerlei Beanstandungen. Daher war das Ehepaar fassungslos, als eine Woche später eine lange Mängelliste kam, mit der Aufforderung, sämtliche Einbauten zu entfernen. In dem Schreiben wurde zudem behauptet, sie seien zum vereinbarten Abnahmetermin nicht erschienen und hätten den Schlüssel in den Briefkasten geworfen. „Eine glatte Lüge – zum Glück hatte ich Zeugen dabei“, so die Mieterin. Trotzdem wurde sie auf 3250 Euro Schadenersatz verklagt: Malerarbeiten, die Demontage der alten Heizkörper und Arbeiten an der Elektroanlage. „Das ist natürlich absurd, das sind Instandsetzungsarbeiten“, sagt dazu ihre Rechtsanwältin, Dr. Catharina Kunze. Dazu kommt, dass die Mieterin wegen eines starren Fristenplans im Mietvertrag gar nicht zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet war.
Dass auch die Forderung der Degewo nach Entfernung der Einbauten jeglicher Grundlage entbehrt, stellte sich einige Tage vor dem Gerichtstermin heraus. Durch Zufall erfuhr Barbara Liebig-Gleibs von ihrer Nachmieterin, dass diese sämtliche Einbauten übernommen hatte. Die Wohnung war im ursprünglichen Zustand neu vermietet worden. „Meine Investitionen hat die Degewo ohne eigenen Kostenaufwand sich selbst zugute gerechnet“, ärgert sie sich.
Mit diesen Tatsachen konfrontiert, ließ sich die Degewo auf einen Vergleich ein. Sechs Siebtel der Gerichtskosten muss sie übernehmen, ihre Schadensersatzansprüche zog sie zurück. Die Mieter sind überglücklich, dass dieses Kapitel nun endlich abgeschlossen ist. „Ohne den Mieterverein im Rücken hätten wir es nicht geschafft“, sagen sie.
Birgit Leiß
MieterMagazin 12/11
Mit Erfolg wehrte sich das Ehepaar Liebig-Gleibs gegen die ungerechtfertigten Schadenersatzforderungen der Degewo
Foto: Sabine Münch
01.04.2013