Erst kamen die Pürierstäbe und Fernseher, dann die Handys und Fernreisen, und nun hat der Discounter Lidl sein Sortiment auch auf Mietwohnungen erweitert.
In der Bornholmer Straße in Prenzlauer Berg entstehen derzeit acht Wohnungen auf dem Dach des frisch eröffneten Lidl-Marktes. Etwa 30 Wohnungen sollen darüber hinaus zusammen mit einer weiteren Lidl-Filiale in der Prenzlauer Allee gebaut werden. Dort klafft derzeit noch eine Baulücke, die durch Markt und Wohnungen als Blockrandbebauung geschlossen werden soll.
„Das Dach des Lidl-Marktes wird begrünt, die acht Wohnungen mit Terrassen und Atrien sind in diese Grünfläche integriert“, sagt Lidl-Sprecher Stephan Krückel zu dem Projekt in der Bornholmer Straße. Das Obergeschoss verfüge über eine separate, vom Lidl-Markt unabhängige Erschließung. „Die Fertigstellung ist für das Jahresende avisiert.“ Zu den Plänen in der Prenzlauer Allee mag er sich nicht genauer äußern, da diese noch in einer sehr frühen und damit noch nicht verbindlichen Entwicklungsphase steckten.
Auch die Höhe der Mieten in der Bornholmer Straße verrät Krückel nicht. Zu „marktüblichen Preisen“ solle man auf dem Dach des Discounters residieren können, sagt er. Als Vermieter will Lidl also nicht unbedingt günstiger sein als die Konkurrenz. Sobald eine Besichtigung der Wohnungen möglich sei, werden sie laut Krückel auf dem freien Markt angeboten. Bis dahin bleibt die Frage der Miete offen.
Etwas anders ist die Sache im bayerischen Tegernsee gelaufen, wo Lidl ebenfalls Wohnungen bauen ließ. Dort hat der örtliche Stadtrat die Gewährung der Baugenehmigung an die Zusage des Filialisten geknüpft, die Wohnungen günstig an sozial schwächer Gestellte zu vermieten. „17 Wohnungen für 6,50 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete sind so entstanden“, erzählt Stadtratsmitglied Anton Staudacher (CSU). Auf dem freien Markt koste es in Tegernsee sonst locker das Doppelte. „Die Kommune darf die Mieter mit aussuchen und kann somit sicherstellen, dass wirklich Bedürftige von diesen Konditionen profitieren.“
Möglich wurde die spezielle Regelung laut des Tegernseer Lokalpolitikers durch zwei besondere Vorbedingungen: Zum einen gehörte das Grundstück, das Lidl kaufen und bebauen wollte, der Stadt. In Prenzlauer Berg war das nicht der Fall. Zum anderen gab es in Tegernsee schon einmal einen Bürgerentscheid gegen den Bau einer Lidl-Filiale, wenn auch an einer anderen Stelle. „Lidl wollte unbedingt nach Tegernsee, so ist es zu dieser Absprache gekommen“, sagt Staudacher. Eine rechtliche Grundlage hätte der Stadtrat für das Stellen von Bedingungen im Prinzip nicht gehabt. Eine vergleichbare Vereinbarung – so der zuständige Stadtrat in Pankow – konnte für den Neubau in Prenzlauer Berg, wo bezahlbarer Wohnraum in hohem Maße Mangelware ist, zwischen Bezirk und Discounter deshalb nicht getroffen werden.
Obwohl das doppelte Engagement Lidls in Berlin sowie das in Tegernsee es nahe legen – der große Einstieg ins Immobiliengeschäft sind die Baumaßnahmen nicht. Nur in Ausnahmefällen errichte der Discounter Wohnungen, sagt Sprecher Krückel. Diese seien dort gegeben, wo etwa die baurechtliche Situation am Standort eine mehrgeschossige Bebauung vorsehe oder sich die Lage für ergänzenden Wohnungsbau eigne.
Juliane Wiedemeier
MieterMagazin 12/11
In Prenzlauer Berg setzt Lidl Wohnungen auf das Laden-Dach
Foto: Juliane Wiedemeier
27.03.2013