Seit 1. November gilt eine neue Trinkwasserverordnung. Sie dient unter anderem dem Schutz vor Legionellen. Nach amtlichen Schätzungen gibt es 6000 bis 30.000 Erkrankungen pro Jahr, etwa jede zehnte könne tödlich verlaufen. Beim Trinken des Wassers besteht keine Gefahr, krankheitsverursachend ist das Einatmen – etwa beim Duschen oder über bestimmte Klimaanlagen.
Seit 2001 schon werden alle Schulen, Kindergärten oder Krankenhäuser regelmäßig auf Legionellen überprüft. Nun sind auch die Hauseigentümer in der Pflicht, jährlich ihre Trinkwassererwärmer untersuchen zu lassen. In der Vergangenheit war eine Überprüfung nur bei konkreten Erkrankungsmeldungen erforderlich.
Dabei ist die Gefahr, sich durch Klimaanlagen von Büros, Betrieben, Hotels und Fahrzeugen nebst Scheibenwisch- und Autowaschanlagen, Wohnraumbefeuchtern und Whirlpools zu infizieren, nicht minder hoch. In Krankenhäusern besteht für Legionellenerkrankungen zudem ein vierfach höheres Sterberisiko.
Das Umweltbundesamt (UBA) stützt sich bei seinen Aussagen über Infektionsquellen und -risiken bisher nur auf Vermutungen, wie dessen Experte Benedikt Schaefer gegenüber dem MieterMagazin einräumt. Und auch die Sprecherin des Berliner Robert-Koch-Instituts, Susanne Glasmacher, wusste auf die Frage, ob eine jährliche Prüfung wirklich sinnvoll ist, nur zu antworten: „Dazu kann ich wirklich nichts sagen.“ Das verwundert insofern, als sich die neue Trinkwasserverordnung maßgeblich auf Studien der beiden Häuser stützt.
Stehen bei all diesen Unwägbarkeiten Aufwand und Nutzen in einem erträglichen Verhältnis? Die jährlichen Gesamtkosten bei den Warmwassereinrichtungen in Wohngebäuden werden auf 500 Millionen Euro geschätzt. In der Betriebskostenabrechnung würde sich das auf 25 Euro pro Mieterhaushalt belaufen.
Dabei gibt es einfache Mittel, sich zu schützen. So empfiehlt Schaefer, das Warmwasser einmal täglich auf 60 Grad Celsius zu erhitzen, um die Bakterien abzutöten. Das lässt sich auch an den Warmwasserbereitern von Mehrfamilienhäusern bewerkstelligen. Auch können durch korrekte fachliche Trinkwasser-Installationen Verkeimungen mit Legionellen erfahrungsgemäß sicher vermieden werden.
Nicht nur die Berliner Senatsverwaltung sieht die Schwachstellen der neuen Regelung. „Viele Länder haben erkannt, dass die Umsetzung der Verordnung schwierig ist“, bekennt Regina Kneiding, Sprecherin der Gesundheitssenatorin. Der Bund hat angekündigt, die Verordnung noch einmal zu überdenken. Allerdings geht es bisher nur um vereinfachte Regeln der Anlagenmeldepflicht.
Holger Klemm
MieterMagazin 12/11
Legionellen in der Warmwasserversorgung: Wären präventive Maßnahmen nicht effektiver als teure Kontrollen?
Foto: MieterMagazin-Archiv
26.10.2017