Weg von der Straße, rein ins Abgeordnetenhaus: Mit einer Konferenz zum Sozialen Wohnungsbau wollten im November Bürgerinitiativen ihren Protest gegen Verdrängung und Mietenexplosion in die Politik tragen. Dabei geht es dort momentan noch kälter zu als vor der Tür. Der Senat erhielt nun Rat, wie die Mieter im Sozialen Wohnungsbau geschützt werden können.
Die Erfahrungen von Betroffenen und die Analyse von Wissenschaftlern – mit dieser Mischung wollten die Veranstalter, die Initiativen „sozialmieter.de“ und „Kotti & Co“, das Phänomen des unsozialen Berliner Sozialwohnungsbaus auseinandernehmen und aufzeigen, wie es sozial wieder zusammengesetzt werden kann, wenn die Politik nur will. Das Urteil über die Konferenz fiel bei den Veranstaltern unterschiedlich aus: Als „Meilenstein“ bezeichnete Sebastian Jung von sozialmieter.de die Konferenz. Ulrike Hamann von Kotti & Co zeigte sich skeptischer: „Die Konferenz war erst ein Erfolg, wenn Taten folgen.“
Welche Taten könnten folgen? Viele könnten folgen. Aber sie greifen nicht so schnell und nicht so umfassend, wie eigentlich nötig. So könnte das Resümee der Veranstaltung lauten. Den Stopp von Zwangsräumungen, Mietkonzepte für Großraumsiedlungen, ein neues Wohnraumgesetz, mehr kommunale Wohnungen forderten die Teilnehmer. Experten entlarvten die Höhe der Kostenmiete als einen künstlichen Wert, der zumeist nicht den tatsächlichen Kosten von Bau und Bewirtschaftung Berliner Sozialwohnungen entspräche. „Die Kostenmieten sind, wenn man sie juristisch hinterfragt, nicht haltbar“, sagte der Rechtswissenschaftler Professor Martin Schwab von der Freien Universität.
Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, forderte eine Begrenzung der Sozialmieten unabhängig von der Kostenmiete. „Wir brauchen eine Sozialmiete, die unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt“, so sein Credo. „Aber es fehlt dafür der politische Mut.“
Nach der Vorstellung des Berliner Mietervereins ist eine staatlich festgelegte Richtsatzmiete am besten geeignet, den Abstand zur ortsüblichen Vergleichsmiete unter Berücksichtigung von Standard und Ausstattung zu bestimmen. Dies sei, zumindest für die knapp 130.000 Sozialwohnungen in Grund- und Anschlussförderung, auch verfassungsrechtlich unbedenklich, wie ein schon 2010 vom Senat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten ergeben habe. Trotz dieser klaren Aussage der Gutachter hätte der Senat bislang die Richtsatzmiete immer mit Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit abgelehnt. Eine grobe Täuschung.
„Der Senat muss endlich handeln“, so der breite Konsens der Tagungsteilnehmer an den anwesenden Staatssekretär Gothe.
Wiebke Schönherr
MieterMagazin 12/12
Ob die Konferenz zum Sozialen Wohnungsbau ein „Meilenstein“ war, wird die Zukunft zeigen: Schirmherr Andrej Holm im Gespräch mit Staatssekretär Gothe
Foto: Wiebke Schönherr
21.03.2013