Die Altenheimkette „Marseille“-Kliniken will umstrukturieren: Raus aus dem Geschäft mit der Pflege, rein ins IT-Business. Betroffen davon wäre auch der Senioren-Wohnpark in Lichtenberg. „Was bedeutet ein Eigentümerwechsel für unsere Verträge?“, fragt besorgt eine Bewohnerin im Haus für Betreutes Wohnen an der Parkaue?
Seit über fünf Jahren lebt die 91-jährige Gerlinde H. im Haus für Betreutes Wohnen des Senioren-Wohnparks Berlin-Lichtenberg. Hier hat sie Kinder, Enkel und Urenkel in der Nähe, hier fühlt sich die stark sehbehinderte Seniorin sicher aufgehoben. „Aber ich frage mich, ob das so bleibt“, wendet sie besorgt ein.
Ihr Haus gehört zur bundesweit tätigen Altenheimkette Marseille-Kliniken. Das Unternehmen betreibt deutschlandweit rund 60 Pflegeeinrichtungen, in denen etwa 8000 Menschen leben. Nach Presseinformationen plant Marseille nun eine Umstrukturierung: Raus aus dem Geschäft mit den Alten, dafür rein in die Entwicklung von IT- und Softwarelösungen. Auch der Senioren-Wohnpark in Lichtenberg stünde dann zur Disposition. „Was bedeutet das für uns im Haus für Betreutes Wohnen?“, wollte Gerlinde H. vom Berliner Mieterverein (BMV) wissen?
„Erst einmal gibt es einen Unterschied zwischen sogenanntem Service-Wohnen und klassischen Alten- und Pflegeheimen oder auch betreuten Wohngemeinschaften“, erklärt Frank Maciejewski vom BMV. Für letztere gilt seit 2009 das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG). Es setzt voraus, dass der Vertrag über das Wohnen eng an Pflege- und Betreuungsleistungen gekoppelt ist und dass die Versorgung im Vordergrund steht. „Beim Betreuten Wohnen ist das nicht der Fall“, so der Mietrechtsspezialist. „Hier wird zwar oft gegen eine monatliche Pauschale ein Grundservice mit gebucht, etwa ein Hausnotruf, Ansprechpartner und Kontaktpersonen oder auch die Vermittlung kleinerer Besorgungen – aber die Bewohner der einzelnen Apartments managen ihren Alltag allein.“ Ihre Verträge mit dem jeweiligen Eigentümer der Einrichtung sind daher normale Mietverträge. „Damit heißt es beim Übergang der Immobilie an einen neuen Eigentümer: Kauf bricht nicht Mietrecht„, so Frank Maciejewski. Der neue Besitzer muss in den alten Mietvertrag eintreten und auch jene Dienstleistungen übernehmen, die im Rahmen des Wohnungsmietvertrages vielleicht mit vereinbart worden sind.
Damit ist allerdings nicht garantiert, dass ein Eigentümerwechsel auch tatsächlich reibungslos vonstatten geht. „Für all jene, die Verträge des Service-Wohnens abgeschlossen haben“, so Maciejewski, „ist der BMV Ansprechpartner und Interessenvertreter.“ Gerlinde H. hat ihren Fragen vorsorglich einen Aufnahmeantrag für den Mieterverein beigelegt.
Rosemarie Mieder
MieterMagazin 12/13
Für Seniorenheimbewohner gilt normales Mietrecht, wenn Pflege und Versorgung nicht im Vordergrund ihres Vertrages stehen
Foto: Christian Muhrbeck
12.06.2018