Nur weil Immobilien vermeintlich unbeweglich sind, bedeutet das nicht, dass sie kein Eigenleben besitzen. Ratten- und Mäusekolonien, Motten, Silberfischchen, Kakerlaken, Pelzkäfer – alles Zeitgenossen, die vereinzelt gerade noch tolerierbar, in Massen aber eine Zumutung sind.
Frau Karrenbauer* etwa blickte mit Besorgnis auf die Kugelkäferpopulation, die ihren Verkehrsweg hinter ihren Scheuerleisten hatte. Ihre Vermieterin, Frau Sensbaum*, bestellte einen Kammerjäger, der die Tierchen umweltschonend um die Ecke bringen sollte. Einen zweiten kurzfristigen Termin konnte der Kammerjäger nicht wahrnehmen, so dass die Vermieterin eine überregional bekannte Firma mit dem weitergehenden Insekten-Exitus beauftragte. Fortan ward kein Kugelkäfer mehr gesehen, aber die Mieterin war auch weg: Die von der Firma aufgebrachten Insektizide mit Langzeitwirkung waren nicht zur Anwendung in Wohnräumen geeignet und verursachten bei Frau Karrenbauer Haarausfall, Atemnot und starke Kopfschmerzen. Ein Gutachten bestätigte die gesundheitsgefährdende Schadstoffbelastung der Wohnung. Frau Karrenbauer stellte daraufhin ihre Mietzahlungen ein und kündigte fristlos. Die Vermieterin beteuerte, dass sie auf den hervorragenden Leumund der Firma vertraut habe und klagte auf weitergehende Mietzahlung. Wie hätten Sie entschieden?
Das Amtsgericht Trier befand die Handlungsweise der Mieterin als rechtens – unabhängig davon, ob die Vermieterin an der Situation schuld war oder nicht. Die Wohnung war durch den Chemie-Cocktail nachweislich auf lange Zeit erheblich gesundheitsgefährdend belastet (AG Trier vom 14. 8.01 – 6 C 549/00). In einem späteren Urteil wurde überdies eine Mietminderungsmöglichkeit schon allein bei starkem Kugelkäferbefall einer Wohnung zugestanden (AG Trier vom 11. 9.08 – 8 C 53/08).
Elke Koepping
* Name von der Redaktion geändert
MieterMagazin 12/13
Illustration:
Julia Gandras
05.12.2013