Die Berliner Bau- und Wohnungsgenossenschaft von 1892 eG feiert im nächsten Jahr ihr 125-jähriges Bestehen. Die zweitälteste Genossenschaft Berlins verfügt über 6769 Wohnungen und hat rund 14.100 Mitglieder. Über die „Datensammelwut“ ihrer Genossenschaft haben zwei Genossen ihren Ärger öffentlich gemacht.
Bereits im Frühjahr diesen Jahres gab die „1892“ eine Bewohnerprognose für das Jahr 2025 in Auftrag, um den künftigen Bedarf an altersgerechten Wohnformen und möglichen Unterstützungsleistungen zu ermitteln und daraus unternehmerische Entscheidungen abzuleiten. Dabei stellte die Genossenschaft fest, dass sie genauere Daten benötigt, um zukunftssicher planen zu können. Das unabhängige Beratungsunternehmen „giwes“ verschickte deshalb im Auftrag der „1892“ im September 2016 an 6590 Haushalte einen sechsseitigen Fragebogen mit 28 Fragen – unter anderem zur Zufriedenheit der Mitglieder mit ihrer Wohnung, dem Wohnumfeld und den Leistungen der Genossenschaft, aber auch zum verfügbaren monatlichen Haushaltseinkommen, den Bildungsabschlüssen der Haushaltsmitglieder ab 18 Jahre und ihrer beruflichen Stellung.
Zwei Mitglieder der Genossenschaften geben nun zu bedenken, dass diese Daten benutzt werden könnten, um den Spielraum für eine Erhöhung der Nutzungsentgelte auszuloten. „Schwer zu verstehen“, sagt Monika Neugebauer, Sprecherin der „1892“, „denn jeder, der eine Wohnung mietet, muss viel mehr persönliche Daten bekanntgeben: Einkommensnachweis, Schufa-Auskunft und so weiter. Die Umfrage war zudem freiwillig und anonym.“ Doch die Anonymität wird von den besorgten Mitgliedern in Frage gestellt: Auch wenn jede Siedlung durchschnittlich aus 286 Haushalten besteht – in einigen kleinen Siedlungen seien Rückschlüsse auf einzelne Bewohner möglich. Monika Neugebauer: „Für solche Rückschlüsse benötigen wir keine Umfrage. Die Befürchtung, durch eine Befragung Mieterhöhungen auszuloten, ist fern jeder Realität und widerspricht aller bisherigen Praxis.“
Der Vorstand führte mit den beiden Mitgliedern ein längeres Gespräch, ohne dass es zu einer Einigung kam. Das Beratungsunternehmen giwes beruft sich darauf, dass die Methodik der Umfrage schon 2005 mit dem damaligen Berliner Datenschutzbeauftragten abgestimmt worden ist. Anja-Maria Gardain, Sprecherin der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit: „Wir prüfen zurzeit die aktuelle Umfrage. Das wird auch anderen Genossenschaften Rechtssicherheit geben.“
Rainer Bratfisch
26.01.2017