Das Jahr neigt sich dem Ende zu, Weihnachtsfest und Jahreswechsel stehen vor der Tür. Aber auch die „besinnliche Zeit“ hat ihre Tücken. Wer hier ohne Anecken beim Vermieter oder den Nachbarn durchkommen will, tut gut daran, einige Regeln zu beachten, die auch anderen einen friedfertigen Jahresausklang garantieren. Dieses Mal hat sich die Autorin mit einem kleinen Augenzwinkern den Fragen genähert, was aber der Vorfreude auf die Festtage keinen Abbruch tun soll.
Folgende Fragen behandelt dieser Artikel:
- Darf ich den Weihnachtsbaum nach dem Ende der Festtage
zwecks Entsorgung aus dem Fenster werfen? - Im Gegensatz zu gelegentlichen Essensdüften im Treppenhaus
kann der ständige Geruch nach Gänsebraten und Weihnachtskeksen
schon einmal die Laune verderben.
Darf die Miete gemindert werden? - Darf ich Fenster und Balkon nach Belieben weihnachtlich dekorieren?
- Und was gilt für die Dekoration im Treppenhaus?
Darf denn wenigstens das Treppenhaus mit Engelchen, Weihnachtskränzen
und Lichterketten aufgehübscht werden? - Darf ein gemeinsames Adventssingen im Innenhof veranstaltet werden?
- Darf die Haushaltskasse durch den Verkauf von selbst
gekochtem Glühwein vor der Haustür aufgebessert werden? - Muss der Vermieter für ausreichend Papiertonnen in der Weihnachtszeit sorgen?
- Dürfen ungewollte Geschenke in das Treppenhaus
oder vor die Haustür gestellt werden mit dem Zettel „zu verschenken“? - Die Silvesterparty der Nachbarin geht immer bis weit nach Mitternacht –
Grund für eine Mietminderung? - Übernimmt die Versicherung Schäden an Wohnung und Gebäude,
die durch Feuerwerkskörper entstehen?
1. Darf ich den Weihnachtsbaum nach dem Ende der Festtage zwecks Entsorgung aus dem Fenster werfen?
Achtlos einen Weihnachtsbaum aus dem Fenster zu werfen, kann bekanntlich zu Schaden an Mensch und Tier und damit zu hohen Schmerzensgeldforderungen führen, so dass von dieser Variante abzusehen ist. Dagegen bietet sich an, den vorher abgeschmückten Baum in kleine Stücke zu zersägen und in der Biomülltonne zu entsorgen. Da dies wegen des vollgenadelten Treppenhauses und der tagelang nicht mehr möglichen Biomüllentsorgung den Unmut der Nachbarn auf sich ziehen dürfte, ist es besser, die Termine in Erfahrung zu bringen, an denen die Stadtreinigung im Januar jeden Weihnachtsbaum mitnimmt, der am Straßenrand abgestellt wird.
2. Im Gegensatz zu gelegentlichen Essensdüften im Treppenhaus kann der ständige Geruch nach Gänsebraten und Weihnachtskeksen schon einmal die Laune verderben. Darf die Miete gemindert werden?
Grundsätzlich gehören Kochen und Backen zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Nur wenn die Kochgerüche „eine durchgängige erhebliche Belastung darstellen und das Maß des Empfindens eines „Durchschnittsmenschen“ überschreiten (Landgericht Essen vom 23. September 1999 – 10 S 491/98), kann ein Mietminderungsrecht in Betracht kommen. Da Gänsebraten und Vanillekipferl zur Weihnachtszeit gehören, dürfte sich der festlich eingestimmte „Durchschnittsmensch“ kaum gestört fühlen und die vorübergehende Geruchsoffensive nicht zur Mietminderung berechtigen. Vielleicht sollte man sich lieber beim Nachbarn mit einer guten Flasche Wein zum Gänseessen einladen oder sich als Gegenschlag an selbst gemachten Rumkugeln versuchen.
3. Darf ich Fenster und Balkon nach Belieben weihnachtlich dekorieren?
Wer kennt es nicht: Die mit zarten Lichterketten oder roten Weihnachtssternen gesäumten Hausfassaden werden plötzlich durch einen in bunt blinkenden Lichtinstallationen versinkenden Balkon unterbrochen, der sogar vorbeifahrende Autos in voller Einsicht ihrer überhöhten Geschwindigkeit bremsen lässt. Oder eilen Passanten mit hektischen Blicken auf das über ihnen schwebende Hinterteil eines die Fassade hinauf kletternden Weihnachtsmannes vorbei, den eine Nachbarin dort mit Dübel und Schraube befestigt hat. Hier gilt: Erlaubt ist, was weder die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährdet, noch die Substanz der Hausfassade beschädigt oder das Recht der Nachbarn auf einen vertragsgemäßen und weitestgehend ungestörten Gebrauch ihrer Wohnung beeinträchtigt.
4. Und was gilt für die Dekoration im Treppenhaus? Darf denn wenigstens das Treppenhaus mit Engelchen, Weihnachtskränzen und Lichterketten aufgehübscht werden?
Das Landgericht Hamburg sagt hierzu, dass das ganzjährige Anbringen von Dekorationsobjekten an der Wohnungseingangstür vom Mitbenutzungsrecht des Mieters umfasst sein kann (LG Hamburg vom 7.5.2015 – 333 S 11/15), womit zumindest der Weihnachtskranz an der Wohnungstür unproblematisch sein dürfte. Wer aber kleine „Stehrumchens“ auf den Fensterbrettern verteilt, Lichterketten am Geländer anbringt oder Räucherkerzen vor sich hin qualmen lässt, sollte sich auf jeden Fall bewusst machen, dass der „vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache“ den Mieter nicht dazu befugt, außerhalb seiner Wohnung umfängliche „Gestaltungsarrangements“ zu installieren und damit andere Mieter vom üblichen Gebrauch des Treppenhauses auszuschließen (Amtsgericht Münster vom 31. Juli 2008 – 38 C 1858/08).
5. Darf ein gemeinsames Adventssingen Im Innenhof veranstaltet werden?
Während sich die meisten Nachbarn über eine solche Darbietung erfreut zeigen und in den Gesang mit einstimmen dürften, ist es gerade in Berlin nicht auszuschließen, dass ein Nachbar das Singen überhaupt nicht gutheißt und mit selbstgemachten, zielsicher geworfenen Rumkugeln versuchen wird, das Ganze zu unterbinden. Hier gilt: Außerhalb der Ruhezeiten von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens ist ähnlich wie beim Üben eines Musikinstruments nichts gegen diese einmalige Gemeinschaftsaktion einzuwenden, sofern ein angemessener Zeitrahmen eingehalten wird. Wie immer ist die Rücksichtnahme auf die lieben Nachbarn das Gebot der Stunde. Wenn alle mit Rumkugeln versorgt sind, ist es Zeit, das Singen zu beenden.
6. Darf die Haushaltskasse durch den Verkauf von selbst gekochtem Glühwein vor der Haustür aufgebessert werden?
Muss womöglich aufgrund der Corona-Pandemie auf den alljährlichen Glühweingenuss auf Weihnachtsmärkten verzichtet werden, kann einem die Idee kommen, vor der Haustür einen Stand aufzubauen und vorbeilaufenden Passanten in weihnachtlicher Stimmung Glühwein und Rumkugeln zum Kauf anzubieten. Doch das geht leider nicht. Einerseits kann der Vermieter eine derartige gewerbliche Nutzung des Bereichs vor dem Wohnhaus untersagen. Aber auch das Ordnungsamt wird nicht lange mit einer Untersagungsverfügung auf sich warten lassen, da es sich ohne Sondernutzungserlaubnis und Ausschankgenehmigung um eine unerlaubte Spontanaktion handelt, die am Ende auch noch teuer werden kann.
7. Muss der Vermieter für ausreichend Papiertonnen in der Weihnachtszeit sorgen?
Während schon ganzjährig die Papiertonnen vom zunehmenden Verpackungsmüll ächzen, kommt es spätestens am 25.12. zum Papier- tonnen-Gau, wenn die Bescherung am Vorabend viele Geschenke und noch mehr Geschenkpapier hervorgebracht hat. Eine Mietminderung kommt hier jedoch nur in Frage, wenn grundsätzlich eine zu geringe Zahl von Mülltonnen zur Verwahrlosung des Müllplatzes führt (AG Lichtenberg vom 16.3.2004 – 6 C 239/03). Der absehbare jährliche Papierentsorgungsstau nach den Weihnachtstagen dürfte hierfür noch nicht genügen.
8. Dürfen ungewollte Geschenke in das Treppenhaus oder vor die Haustür gestellt werden mit dem Zettel „zu verschenken“?
Trotz der alljährlich getroffenen Verabredung „Wir schenken uns diesmal nichts“ wird sich der eine oder andere Weihnachtsgast nicht davon abbringen lassen, mit selbst gemachten „Must-Haves“ oder schnell erbeuteten Schnäppchen zur Beglückung seiner Mitstreiter am Heiligen Abend zu sorgen. Da bleibt nur, am nächsten Tag die Bescherung für die Nachbarn in das Treppenhaus zu verlagern und dort das gut gemeinte Objekt am besten eingepackt im Original-Papier (wegen der Papiertonne) anzubieten. Aber Achtung: Nimmt es überhand, kann der Vermieter diese zweckfremde Nutzung des Treppenhauses untersagen. Wird der Tauschhandel vor die Haustür verlagert, greifen sogar die Verbotsregelungen des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, die das als illegalen Müll im öffentlichen Straßenland verstehen und mit Bußgeld belegen.
9. Die Silvesterparty der Nachbarin geht immer bis weit nach Mitternacht – Grund für eine Mietminderung?
Alle Jahre wieder kommt erst das Christuskind und dann die krachende Silvesterparty der Nachbarin. Ist sie in fester Überzeugung ihres Rechts, einmal im Jahr eine große Party feiern zu dürfen, nicht von dieser Tradition abzubringen, bleibt wohl nur, eine großzügige Mietminderung zu kalkulieren und in Vorfreude auf die klingelnde Kasse der großen Party entgegenzusehen? Ganz so ist es leider nicht. Zwar gibt es kein Recht, einmal im Jahr eine große Party feiern zu dürfen. Auch gilt die gesetzliche Nachtruhe grundsätzlich in der Silvesternacht (wenn auch etwas eingeschränkt – schließlich ist auch das Knallern erlaubt). Doch dürfte ein im Grundsatz gegebenes Mietminderungsrecht so klein bemessen sein, dass sich der Aufwand nicht lohnt. Da ist die gegenseitige Rücksichtnahme zielführender, also entweder die Nachbarin zu bitten, ab 1 Uhr nachts die Musik leiser zu stellen oder einfach mitzuschwofen.
10. Übernimmt die Versicherung Schäden an Wohnung und Gebäude, die durch Feuerwerkskörper entstehen?
Die Silvesternacht – des einen Freud ist des anderen Leid. Doch was ist, wenn die liebe Nachbarin ihr frisch erworbenes Silvesterraketen-Arsenal auf dem Balkon in Stellung bringt? Glücklich, wer hier neben und nicht gegenüber der Nachbarin wohnt. Doch Spaß beiseite: Hier geht die Nachbarin zu weit. Raketen haben auf dem Balkon nichts zu suchen, schon gar nicht, wenn gegenüberliegende Wohnungen durch das drohende Feuerwerk gefährdet sind. Kommt es durch die Rakete zu Schäden, ist die Nachbarin in der Pflicht. Und weil das Abfeuern von Silvesterraketen auf dem Balkon eine Pflichtverletzung ist, streikt in diesem Fall auch die Haftpflichtversicherung. Also vielleicht doch lieber zur traditionellen Wunderkerze greifen und dafür die Nachbarn in Sicherheit wissen.
Wibke Werner
27.11.2021