Seit September dieses Jahres stehen die Plattenbauten in der Wilhelmstraße zwischen Voß- und Behrenstraße unter Denkmalschutz. Doch im Innern der Häuser liegt einiges im Argen.
Undichte Fenster, veraltete Rohre, Risse in der Wand und Legionellen in den Warmwasserrohren – beim Berliner Mieterverein (BMV) ist das von 1987 bis 1992 erbaute Spätwerk des DDR-Städtebaus vor allem durch gravierende Mängel und störenden Ferienwohnungsbetrieb bekannt. So berichten Mieter aus der Gertrud-Kolmar-Straße, dass das Treppenhaus seit dem Erstbezug noch nie renoviert worden ist. Auf Schreiben reagiere die Hausverwaltung gar nicht oder erst nach Monaten.
Grundsätzliche Kritik an der Entscheidung des Denkmalamts kommt von der Gesellschaft Historisches Berlin. Der Verein spricht von einer „fatalen Fehlentscheidung“. Das unvollendete Ensemble sei ein Versuch gewesen, das Todesstreifengelände städtebaulich aufzuwerten, behauptet Gerhard Hoya, Vorstandsvorsitzender des Vereins. Eine Denkmalwürdigkeit kann er nicht erkennen.
Berlins Landeskonservator Christoph Rauhut spricht dagegen von einem Leuchtturmprojekt der Ost-Berliner Hauptstadtplanung. Das Viertel unterscheide sich in vielerlei Hinsicht von anderen Plattenbauquartieren. Rauhut: Mit ihren Erkern, Balkonen, Loggien, den betonten Ecken und Mittelachsen würden die freistehenden, sich um Höfe gruppierenden Häuser auf die barocken Palais anspielen, die im 18. Jahrhundert die Wilhelmstraße gesäumt haben. In den individuell geschnittenen, ungewöhnlich großen Wohnungen wohnten einst Angehörige der DDR-Führungselite.
Birgit Leiß
27.11.2021