In einigen Häusern der Hohenschönhauser Konrad-Wolf-Straße sollen plötzlich 12 Euro Netto-Kaltmiete bezahlt werden – und das im Sozialen Wohnungsbau. Das Problem der Wohnungen ohne Anschlussförderung ist seit über zehn Jahren ungelöst. Der nächste Senat muss für die gefährdeten Sozialmieter endlich eine Antwort finden.
Mit einer Nettokaltmiete von rund 8,80 Euro pro Quadratmeter sind die 136 Sozialwohnungen an der Konrad-Wolf-Straße 62-64 schon nicht wirklich günstig. Zum 1. Januar wird die Miete aber auf einen Schlag um circa 35 Prozent auf 12,11 Euro angehoben – und das ist legal. Der Grund: Die Wohnanlage gehört zu den fast 28.000 Sozialwohnungen, die ab dem Jahr 2003 keine Anschlussförderung mehr bekommen haben. Deshalb darf der Vermieter die „Sozialmiete“ auf die sogenannte Kostenmiete anheben, die sich an den meist überhöhten Baukosten bemisst. Um rund 200 Euro im Monat soll die 63-Quadratmeter-Wohnung von Andrea Kruse* teurer werden. „Die Miete macht dann knapp 50 Prozent unserer Rente aus“, sagt sie. Der Mietzuschuss der Investitionsbank Berlin hilft nicht viel weiter. Umziehen kommt für sie nicht in Frage: „Mein Mann ist schwer krank. Wir können hier nicht raus.“ In der Wohnanlage werden die meisten deutlich mehr als 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete zahlen müssen.
Die Mieterinnen und Mieter haben sich zusammengeschlossen und eine Protestkundgebung am Rathaus Lichtenberg abgehalten. Doch die IBB hat bestätigt, dass die Mieterhöhung auf 12,11 Euro rechtlich zulässig ist. Eine Überprüfung durch den Berliner Mieterverein (BMV) hat immerhin ergeben, dass die Erhöhung nicht zum 1. Oktober, sondern erst ab dem 1. Januar greift.
Bei einem neu eingezogenen Haushalt geht der BMV gegen die Mieterhöhung vor. Bei Vertragsabschluss im Juli hat die Hausverwaltung die Kostenmiete nicht offengelegt und ließ die Mieter im Glauben, die Miete würde wie üblich um höchstens 13 Cent pro Quadratmeter im Jahr steigen – um dann zweieinhalb Monate später 237 Euro mehr zu verlangen. „Es geht nicht an, dass man den Leuten etwas vorgaukelt“, sagt BMV-Rechtsberaterin Aliki Bürger. Bereits vor drei Jahren konnte sie in derselben Wohnanlage eine solche Mieterhöhung erfolgreich abwehren.
Das Grundproblem existiert seit vielen Jahren. Der rot-rot-grüne Senat hat 2016 eine Lösung versprochen. Doch die Koalitionsparteien konnten sich nicht einigen. „Das muss endlich gelöst werden“, fordert Mieterin Kruse vom künftigen Senat. „Es ist existenzbedrohend.“
Jens Sethmann
* Name geändert
BMV-Info 165: Wegfall der Anschlussförderung
Informationen und Antragstellung zum Mietzuschuss bei der IBB:
Tel. 030 2125-4545
www.ibb.de/de/foerderprogramme/mietzuschuss-in-sozialwohnungen.html
E-Mail: mietzuschuss@ibb.de
27.11.2021