Während Mieterräte in den landeseigenen Wohnungsbauunternehmen gesetzlich festgeschrieben sind, hängen die Mieterbeiräte in den Quartieren vom guten Willen der Unternehmensführungen ab. Eine Änderung der Ungerechtigkeit liegt längst beschlussfertig in der Schublade der Senatsverwaltung.
Seit 12 Jahren engagiert sich Karin Karg als Mitglied des Mieterbeirates der Gewobag am Klausenerplatz: „Ich bin mal mit Elan an die Sache herangegangen, weil ich dachte, so kann ich im Kiez am besten helfen, Probleme zu lösen“ – ob es sich nun um rigorose Eingriffe in Hausbegrünungen handelt, um die verzweifelte Suche nach einer Tauschwohnung oder Fragen zu den Betriebskosten.
Geantwortet wird spät – oder auch gar nicht
„Aber wir schicken unsere Beschwerden und Anfragen hier buchstäblich ins Ungewisse“, erklärt die Beirätin frustriert. Ansprechpartnerin für die gewählten Mieterbeiräte der Gewobag ist eine jeweils für ein Gebiet zuständige Koordinatorin. Die leitet Beschwerden, Kritik wie auch Ideen und Anregungen an die zuständigen Stellen im Unternehmen weiter. Antworten bekommen sie oft erst nach Monaten – oder auch gar nicht, so Karin Karg. Ein Kontakt zu leitenden Mitarbeitern? Gar zur Führungsetage? Bei der Gewobag Fehlanzeige.
„Die arbeiten nicht mit den Beiräten zusammen, weil sie es gar nicht wollen“, lautet Kargs ernüchterndes Fazit. Dabei sollen Mieterbeiräte nicht nur einen direkten Kontakt vom Wohnhaus ins Unternehmen ermöglichen. Seit mehr als drei Jahrzehnten vertreten sie ehrenamtlich die Interessen von Mieterinnen und Mietern auf Quartiersebene – im Gegensatz zu den 2016 in Berlin gegründeten Mieterräten, die innerhalb des Unternehmens agieren und mit zwei Sitzen (einer davon stimmberechtigt) im jeweiligen Aufsichtsrat der kommunalen Wohnungsunternehmens vertreten sind. Während aber die Arbeit der Mieterräte als ein Ergebnis des Mieten-Volksentscheides vor sieben Jahren auf gesetzlicher Grundlage geregelt wurde, arbeiten Mieterbeiräte, die es schon viel länger gibt, ohne einen solchen festgelegten Rahmen. Jedes landeseigene Wohnungsunternehmen kann die Zusammenarbeit nach eigenem Ermessen regeln.
Wie unterschiedlich der Umgang der Wohnungsbauunternehmen mit den Mietervertretungen ist, wurde auf einer Konferenz deutlich, zu der sich Berliner Mieterräte und Mieterbeiräte Anfang November getroffen haben. Zum sechsten Mal diskutierten sie mit Vertretern der Wohnraumversorgung Berlin, der Wohnungspolitik und auch Interessengruppen wie dem Berliner Mieterverein über ihre Erfahrungen. Dabei gab es durchaus Kritik, vor allem an die Adresse des anwesenden Stadtentwicklungssenators Andreas Geisel (SPD). In seiner Rede vor den Konferenzteilnehmern hatte Geisel betont, wie wichtig die Arbeit der Mietergremien sei: „Wenn wir eine Vernetzung zwischen Mieterbeiräten vor Ort und den Mieterräten in den Aufsichtsräten schaffen, haben alle gewonnen.“ Geisel versprach eine Novellierung des Wohnraumversorgungsgesetzes, die dann auch die Arbeit der Mieterbeiräte gesetzlich regeln sollte.
Die Ankündigung stieß bei manchen Konferenz-Teilnehmer:innen auf Unverständnis: „Ein solcher Entwurf liegt doch seit über einem Jahr abstimmungsreif in der Schublade“, sagte Heike Külper, die bei der Gesobau sowohl als Mieterrätin als auch in ihrem Pankower Kiez als Mieterbeirätin aktiv ist. Sie arbeitet auch in einer Initiativgruppe von Mieterbeiräten aus den landeseigenen Wohnungsbauunternehmen mit. Sie hatten monatelang an der Novelle gearbeitet. Verhindert worden sei eine Gesetzesänderung bisher in erster Linie von der SPD, so Heike Külper: „Wir Mieterbeiräte leisten eine wichtige Arbeit in den Quartieren – anerkannt und gesetzlich fixiert wird das aber nicht.“
Rosemarie Mieder
Seit 26 Jahren ohne gesetzliche Legitimation
Im Mai 1986 beschloss der West-Berliner Senat die Einrichtung von Mietervertretungen im landeseigenen Mietwohnbestand. Diese gewählten Mieterbeiräte sollte es bis 1996 geben, wo sie in der wiedervereinigten Stadt trotz Forderungen nach einer Weiterführung dann keine Legitimation durch das Land Berlin mehr erhielten. Aber es bildeten sich – vor allem im Ostteil Berlins – spontan neue Mietervertretungen in den kommunalen Wohnbeständen. Auch wenn es bis heute keinerlei gesetzliche Festlegung zu ihrer Arbeit, einem Wahlrhythmus und der Verantwortung der Wohnungsbauunternehmen den Mietervertreter:innen gegenüber gibt, haben sie sich in den sechs kommunalen Wohnungsbauunternehmen etabliert. Derzeit arbeiten 135 Mieterbeiräte mit 599 Mitgliedern auf Quartiersebene.
rm
05.12.2022