35 Jahre nach ihrer Abschaffung wird die Wohngemeinnützigkeit wieder eingeführt – allerdings nur in einer abgespeckten Schmalspurversion.
Am 18. Oktober hat der Bundestag mit dem Jahressteuergesetz die Neue Wohngemeinnützigkeit beschlossen. Ab Januar 2025 können Unternehmen, die dauerhaft Wohnungen zu günstigen Bedingungen vermieten, als gemeinnützig anerkannt werden und dadurch Steuervorteile erhalten.
Für Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) ist das „eine weitere starke Säule für bezahlbaren Wohnraum“. Die Miete muss dafür auf Dauer unter der marktüblichen Miete angesetzt werden. Die Wohnungen müssen an Haushalte vergeben werden, deren Einkommen höchstens das Fünffache des Sozialhilfesatzes beträgt, bei Alleinstehenden und Alleinerziehenden bis zum Sechsfachen. Mit diesen Einkommensgrenzen können theoretisch 60 Prozent aller Haushalte von der Gemeinnützigkeit profitieren.
Praktisch dürfte die Neue Wohngemeinnützigkeit nicht einmal 0,2 Prozent der Haushalte erreichen. Die Regelung zielt vor allem auf sozial orientierte Unternehmen, karitative Vereine und Stiftungen ab. Das Bauministerium schätzt, dass „zunächst etwa 100 Körperschaften“ die Wohngemeinnützigkeit in Anspruch nehmen und rund 105.000 Mieter:innen daraus Nutzen ziehen.
Das ist kein Vergleich mit der bis 1989 existierenden Gemeinnützigkeit: In der alten Bundesrepublik waren 1800 kommunale, staatliche, gewerkschaftliche und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen mit 3,4 Millionen Wohnungen gemeinnützig. „Mittelfristig muss der Anteil dauerhaft gebundener Wohnungen am Immobilienmarkt auf 30 Prozent erhöht werden“, fordert Melanie Weber-Moritz, Bundesdirektorin des Deutschen Mieterbundes (DMB). Die Steuererleichterung allein sei ein zu geringer Anreiz. „Für den Erfolg einer neuen Wohngemeinnützigkeit braucht es zwingend Investitionszuschüsse, umfangreiche Steuerbefreiungen und die vergünstigte Bereitstellung öffentlicher Grundstücke für Wohnungsbauvorhaben“, so Weber-Moritz. Der Bund müsste dafür mindestens eine Milliarde Euro pro Jahr bereitstellen.
Zudem bemängelt der DMB ebenso wie der Berliner Mieterverein (BMV) die ungenaue Festlegung auf eine „marktübliche Miete“. Sie fordern eine Mietgrenze bei 20 Prozent unterhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete. Die nun beschlossene Wohngemeinnützigkeit sei „meilenweit entfernt von dem, was nötig ist, um die angespannte Wohnungssituation zu entschärfen“, so BMV-Geschäftsführerin Ulrike Hamann-Onnertz.
Jens Sethmann
26.11.2024