Der Wahlausgang bei den Wahlen zum Bundestag und zum Berliner Abgeordnetenhaus entscheidet darüber, ob bezahlbares Wohnen in den nächsten Jahren ein Regierungsziel wird.
Im Folgenden unsere Forderungen zu den Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahlen 2021:
Die Forderungen im Einzelnen:
Wohnungspolitische Forderungen
an eine künftige Berliner Landesregierung
- Mietendeckel-Aus: Bundesratsinitiative für eine wirksame Mietenregulierung
- Wohnungswirtschaftsgesetz
- Gebäude-, Wohnungs- und Mietenkataster
- Städtischer Wohnungsbestand / Berliner Verfassung
- Bewirtschaftung der landeseigenen Wohnungsunternehmen
- Soziale Wohnraumförderung
- Sozialer Mietwohnungsbestand – gebaut bis 2013 / Miethöhen
- Modernisierungsförderung
- Berliner Liegenschaften
- Grundsteuer als Bodenwertsteuer
- Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum
- Verwahrlosung von Wohnraum
- Planungsverfahren
- Energiewendegesetz / Klimaschutz / Wärmewende
Forderungen an den Bund
Wohnungspolitik
- Bodenpreise und Bodennutzung
- Grundstücke der öffentlichen Hand
- Preislimitierte Vorkaufsrechte
- Mietobergrenzen in Milieuschutzgebieten
- Spekulation verhindern: Baugebote, Entwicklungsmaßnahmen, etc.
- Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen
- Neubau für breite Schichten der Bevölkerung / Sozialwohnungen
- Stärkung des Gemeinwohls
- Share Deals – Grunderwerbssteuer
- Freier Kapitalverkehr – Art. 63 Arbeitsweise der EU/AEUV
- Pariser Klimaschutzziele
Mietrecht/Mietpreisrecht
Forderungen des Berliner Mietervereins
zu den Bundestagswahlen 2021
Der aktuellen Bundesregierung ist es nicht gelungen, mittels gesetzlicher Regelungen sowie steuerlicher und direkter Förderung in der auslaufenden Legislatur der besonderen Bedeutung des Wohnens zur Miete Rechnung zu tragen. Die Gestaltung der Rahmenbedingungen orientiert sich weiterhin deutlich stärker an den Interessen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft als an den Interessen der Mietenden.
Dabei soll nicht verkannt werden, dass schrumpfende und wachsende Regionen mit unterschiedlichen Problemen und politischem Handlungsbedarf in Deutschland oft nicht weit voneinander entfernt sind. Die Politik muss aber die Bereitschaft haben, vor allem da Lösungen aufzuzeigen, wo die Wohn- und Mietsituation besonders dramatisch ist. Das sind vor allem die großen Städte und Wachstumsregionen. Hier steht die Bundespolitik in der Pflicht, den Städten und Umlandregionen mit den Mitteln der Boden-, Bau- und Mietenpolitik sowie mit Förderungen zu helfen. Dabei geht es nicht nur um Masse, sondern um die Sicherung und Erweiterung eines für breite Schichten leistbaren Wohnungsangebots.
Die unterschiedlichen Wohnungsmärkte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zentralen Konfliktlinien zwischen einer an den privaten Verwertungsinteressen der Boden- und Immobilieneigner ausgerichteten Politik und den Bedürfnissen einer auf den Schutz eines sicheren Mietverhältnisses und einer im Verhältnis zum Einkommen leistbaren Wohnung, liegen. Dies ist ganz besonders wichtig im Hinblick auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der COVID-19-Pandemie. Für viele Mieterhaushalte wird sich die wirtschaftliche Situation aufgrund von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit sowie der Aufzehrung von Erspartem und Altersvorsorgeanlagen zwecks Leistung von Wohnungsmieten deutlich verschlechtern. Inwiefern hier noch gegenzusteuern ist, muss die genaue Beobachtung der Entwicklung zeigen.
Für wirksame mietpreisrechtliche Schutzvorschriften muss aktuell nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.4.2021 zum Berliner Mietendeckel auf eine Verbesserung des BGB gesetzt werden. Grundsätzlich werden aber für zukünftige Regulierungen mehrere Wege zu prüfen sein, auch weil die Defizite des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete und aller darauf basierenden Instrumente offenkundig sind.
I. Mietrecht/Mietpreisrecht
1. Mieterinnen und Mieter brauchen eine Verschnaufpause. Deshalb sind für die nächsten 6 Jahre Mieterhöhungen auszuschließen – ohne Betriebskosten und modernisierungsbedingte Steigerungen. Für gemeinwohlorientierte Anbieter mit unterdurchschnittlichen Miethöhen sind Steigerungen bis zu gesetzlich festgelegten Oberwerten zulässig, maximal jedoch jährlich um die Steigerung der Lebenshaltungskosten.
Begründung:
In den letzten Jahren sind die Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen zu einer massiven sozialen Belastung geworden. Die Angebotserweiterung durch Neubau konnte und kann daran bislang wenig ändern. Die Wohnkostenbelastung ist gerade für Haushalte mit unterdurchschnittlichem Einkommen auf ein oft unerträgliches Maß gestiegen. Zur Miete wohnen ist so zu einem Armutsrisiko geworden. Ursache dafür ist das für Mietendämpfung unzureichende System der ortsüblichen Vergleichsmiete. Hohe Mietsteigerungen nach Modernisierung sowie bei Wiedervermietung sind der Mietpreistreiber auch für „normale“ Mietsteigerungen gemäß Mietspiegel.
2. Das Wirtschaftsstrafgesetz ist so zu ändern, dass eine Mietpreisüberhöhung verfolgt werden kann, ohne dass die Ausnutzung eines geringen Angebots im Einzelfall vom Mieter belegt werden muss.
Begründung:
Durch die Rechtsprechung des BGH ist die Anwendung des Wirtschaftsstrafrechts bei Mietpreisüberhöhung lahm gelegt worden. Mietsenkungen sind auf diesem Wege aktuell nicht möglich, weil subjektive Tatbestände bei der Ausnutzung des geringen Angebots dargelegt werden müssen, was weder dem Mieter noch der Behörde aktuell gelingen kann.
3. Es ist eine dauerhaft wirksame Mietpreisbremse zur Kappung der Mieten bei Wiedervermietung zu schaffen. Wirksam bedeutet: volle Transparenz der Miethöhe vor Vertragsabschuss und Abschaffung der Ausnahmen, bis auf die Unanwendbarkeit bei Neubauten.
Begründung:
Auch die letzten Änderungen an der Mietpreisbremse haben nur dazu geführt, dass Mieterinnen und Mieter im Einzelfall ihre Ansprüche auf Reduzierung der Miete besser durchsetzen können, an der weitgehenden Unwirksamkeit der Bremse aufgrund der Ausnahmeregelungen und der Bestandssicherung für überhöhte Vormieten hat sich nichts geändert, wie die Auswertung der Immobilienportale zeigt.
4. Die Umlage nach Modernisierung in ihrer jetzigen Form ist abzuschaffen, mindestens aber auf 4 % der Investition zu beschränken und bei 1,50 Euro pro Quadratmeter im Monat innerhalb von 8 Jahren kappen. Energetische Maßnahmen sollen möglichst warmmietenneutral sein.
Begründung:
Die Beschränkung der Mieterhöhung nach Modernisierung durch das Mietrechtsanpassungsgesetz zum 1.1.2019 hat zwar Teilen der renditeorientierten Anbieter „das Geschäft vermasselt“, für Mieterinnen und Mieter mit unterdurchschnittlichen Einkommen sind aber die zugebilligten Mieterhöhungen von 2,- beziehungsweise 3,- Euro pro Quadratmeter im Monat immer noch zu hoch. Eine 8-%ige Verzinsung ist weiterhin durch nichts zu rechtfertigen.
5. Zur Stärkung des barrierearmen und barrierefreien Wohnens sind die gesetzlichen Voraussetzungen für mieterseitige Maßnahmen zu verbessern. Die Vermieterzustimmung muss grundsätzlich erteilt werden. Nur in Ausnahmefällen darf es zu einer Rückbauverpflichtung oder Sicherheitsleistung kommen.
Begründung:
Auch die kürzlich erfolgte Änderung des BGB wird aller Voraussicht nach das mietrechtliche Hemmnis zur Durchsetzung barrierearmer oder barrierefreier Gestaltung der Wohnung durch Mieterinnen und Mieter nicht beseitigen. Solange die Rückbauverpflichtung oder die finanzielle Absicherung des Rückbaus durch Mieterinnen und Mieter nicht auf spezifische Einzelfälle (Ausnahmen) beschränkt ist, wird mittels Modernisierung durch Mieterinnen und Mieter kaum nutzungsgerechter Wohnraum geschaffen.
6. Der Kündigungsschutz muss grundsätzlich und insbesondere bei Eigenbedarf verstärkt werden.
Begründung:
Versäumnisurteile ohne Anhörung der betroffenen Mieterinnen und Mieter dürfen nicht zum Verlust der Wohnung führen. Die Beschränkung der Heilung durch Schonfristzahlung einzig bei fristloser Kündigung muss aufgehoben werden. Mietverhältnisse dürfen deshalb erst bei gerichtlich festgestellter Vertragsverletzung und fortgesetzter Nichtzahlung beendet werden. Die Nachzahlung der Mietschulden innerhalb der Schonfrist muss nicht nur die fristlose, sondern auch die ordentliche Kündigung wieder heilen. Der Räumungsschutz ist zu verbessern.
Die Möglichkeit, Eigenbedarf geltend zu machen, ist erheblich einzuschränken, etwa durch den Ausschluss von Eigenbedarf für bei Erwerb vermieteten Wohnraum. Ebenso soll für Wohnraum, in dem Mieterinnen und Mieter mit einem Alter von über 70 Jahren leben oder bei dem das Mietverhältnis schon mindestens 10 Jahre besteht, der Eigenbedarf ausgeschlossen werden. Vorgetäuschter Eigenbedarf ist stärker zu sanktionieren.
7. Der Mieterschutz für Gewerbemieterinnen und -mieter ist zu stärken.
Begründung:
Die Aufwertung vor allem innenstadtnaher Wohngebiete hat auch das (Klein-) Gewerbe unter Druck gesetzt. Die in der Regel befristeten Mietverträge werden oft nicht verlängert oder zu Konditionen angeboten, die das nutzende Gewerbe nicht finanzieren kann. Monostrukturen entstehen, die Vielfalt verschwindet. Darunter leiden auch Wohnungsmieterinnen und -mieter, die auf wohnortnahe Versorgungen angewiesen sind. Es bedarf daher vor allem einer Gewerbemietpreisbremse, verbindlicher lokaler Gewerbemietspiegel sowie einer gesetzlichen Option auf Vertragsverlängerung nach Ablauf der ersten Vertragszeit.
8. Die Heizkostenverordnung ist dahingehend zu ändern, dass die Lasten aus der CO2-Bepreisung bei den Vermietern bleiben, damit dies für sie einen Anreiz zur energetischen Verbesserung darstellt.
Begründung:
Die seit 1.1.21 gültige CO2-Bepreisung auf fossile Energieträger verteuert das Heizen für Mieterinnen und Mieter durch Abwälzung im Rahmen der Betriebskosten. Doch die gewünschten CO2-Reduktionen können nicht durch sparsames Heizen der Mieterinnen und Mieter erzielt werden, sondern vorrangig durch Umstellung der Heizanlagen oder Verringerung des Wärmeverlustes im Gebäude, wofür die Anbieter zuständig sind. Die Betriebskostenverordnung ist daher so zu ändern, dass die CO2-Bepreisung im vermieteten Wohnungsbestand von den Vermietern zu tragen ist. Bei Gasetagenheizungen und individuellen Kohleheizungen sind analoge Regeln zu treffen.
9. Die Grundsteuer – erst recht eine zu fordernde reine Bodensteuer – ist eine Eigentümersteuer und soll nicht mehr in den Betriebskosten auf die Mieterinnen und Mieter abgewälzt werden dürfen. Es muss anderenfalls sichergestellt werden, dass Mieterinnen und Mieter ein Einsichtsrecht in sämtliche der Grundsteuer zugrunde liegende Unterlagen einschließlich Messbescheid und Einheitswertbescheid erhalten.
Begründung:
Die Grundsteuer macht einen erheblichen Teil der Betriebskosten aus, der nach der gültigen Rechtslage von den Mieterinnen und Mietern zu tragen ist. Doch diese Abwälzbarkeit ist nicht nachvollziehbar. Gerade durch die Neufassung der Grundsteuer infolge der Verfassungswidrigkeit der (ur-)alten Bemessung kann es zu einer weiteren Belastung für die Mietenden kommen. Die Grundsteuer ist aber – wie der Name schon sagt – eine Steuer auf den Grund beziehungsweise Boden. Von dessen Wertsteigerung profitiert der Eigentümer, während den Mieterinnen und Mietern hohe Mietpreise auferlegt werden. Es ist daher nur folgerichtig, wenn die Grundsteuer aus den umlegbaren Betriebskosten herausgenommen wird.
II. Wohnungspolitik
1. Bodenpreise und Bodennutzung sind zu regulieren und stärker an das Gemeinwohl zu binden. Bodenwertsteigerungen haben dem Gemeinwohl zu dienen, unbebautes Land in den Städten ist grundsätzlich höher zu besteuern.
Begründung:
Die enorm angestiegenen Bodenpreise machen in zentralen Lagen teilweise die Hälfte der Erstellungskosten im Neubau aus; sie verhindern den Bau bezahlbarer Wohnungen für breite Bevölkerungsschichten und sorgen für einen massiven Preisanstieg auch beim Handel mit Gebäuden. Der Umgang mit dem Boden ist der Schlüssel für eine nachhaltige, soziale und gerechte Stadtentwicklung und Voraussetzung für den sozialen Frieden. Die Verfügung über Grund und Boden ist eine sehr wichtige Ressource des Staates.
Die Privatisierung von leistungslosen Bodenwertsteigerungen steht im Widerspruch zur Sozialpflichtigkeit (Art. 14 GG) des Eigentums und der sozialgerechten Bodennutzung wie sie das BauGB erfordert.
2. Grundstücke der öffentlichen Hand dürfen in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten nicht länger zum Höchstpreis veräußert werden, sondern sind dort vorrangig an städtische Wohnungsunternehmen, an Genossenschaften und gemeinwohlorientierte Wohnbauakteure auf Erbpachtbasis und mit Konzept zu vergeben.
Begründung:
Die öffentliche Hand darf sich – egal ob es sich um BIMA-Grundstücke oder Flächen bundeseigener Unternehmen handelt – nicht an der Preisspirale beteiligen, denn nur diese Grundstücke können am Markt zu einer Preisdämpfung beitragen: Die öffentlichen Grundstücke stellen vielfach die Reserve für alle Nutzungen der Daseinsvorsorge dar und sind zu sichern.
3. Preislimitierte Vorkaufsrechte müssen gesetzlich schärfer definiert und auf Objekte außerhalb von Milieuschutz- und Entwicklungsgebieten ausgeweitet werden. Die Orientierung an einem spekulationsgetriebenen Verkehrswert darf kein Maßstab für gemeinwohlorientiertes Bauen sein. Vielmehr soll der Vorkauf zu einem tragbaren nachhaltig zu erwirtschaftenden Ertragswert erfolgen, der auf Belegungs- und Mietpreisbindungen basiert. Die Übertragbarkeit der Regulierungen des Grundstücksverkehrsgesetzes für die Landwirtschaft („Zuweisung zu angemessenen Bedingungen“) ist zu prüfen. Die Ausübungsfrist des Vorkaufsrechts soll auf 6 Monate verlängert werden. Die Frist zur Abgabe von Abwendungsvereinbarungen ist 2 Monate vor Ablauf der Vorkaufsrechtsfrist zu beenden.
Begründung:
Aufgrund mannigfacher Fehler und vorgeblich finanzieller Erfordernisse wurden in der Vergangenheit Grundstücke, Wohnungsbaugesellschaften und Immobilien der öffentlichen Hand verkauft. Um den Bestand an kommunalen Wohnungen oder weiterer Gemeinwohlanbieter nun wieder zu erhöhen, bleibt realistischer Weise nur ein preislimitiertes Vorkaufsrecht. Nicht nur durch die Rechtsprechung wird dieses Instrument aber faktisch ausgehöhlt. Eine gesetzgeberische Absicherung über § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist daher notwendig, denn die Preisentwicklung beim Grundstücks- und Immobilienhandel erfordert einen zu hohen finanziellen Einsatz der Kommune oder lässt das aktuelle Vorkaufsrecht zu einer Ausnahme verkommen.
4. Gemeinden müssen die Möglichkeit erhalten, in Milieuschutzgebieten auch Mietobergrenzen verbindlich zu machen. Die gesetzlichen Ausnahmeregelungen für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in Milieuschutzgebieten sind weitestgehend aufzuheben.
Begründung:
Mit Gebieten der sozialen Erhaltungssatzung will die Kommune erreichen, dass die vorhandene Wohnbevölkerung nicht mittels Baumaßnahmen verdrängt wird. Durch die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit müssen sie dabei auf Mietobergrenzen als Schwelle verzichten. Das ist unsinnig und kontraproduktiv zum Beispiel im Hinblick auf erforderliche energetische Maßnahmen. Hier ist der Gesetzgeber gefordert.
Trotz des kommunalen Genehmigungsvorbehalts der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen werden nach wie vor in Milieuschutzgebieten tausende von Mietwohnungen umgewandelt, weil der Eigentümer sich verpflichtet, binnen sieben Jahren nur an einen Mieter zu verkaufen. Diese Ausnahmeregelung trägt dann doch zu einer unerwünschten Zusammensetzung der Wohnbevölkerung bei und eröffnet Umgehungsmaßnahmen wie dem Leerziehen durch Abfindungen neue Chancen.
5. Der Spekulation mit Grund und Boden muss durch Entwicklungsmaßnahmen, handhabbare Baugebote und Sozialwohnungsbauverpflichtung entgegengewirkt werden. Durch eine kürzere Befristung der Baugenehmigung soll der Grundstückshandel eingedämmt werden.
Begründung:
Die Kommunen benötigen ein neues planungsrechtliches Instrument zur Steuerung der Bodenpreisentwicklung, das auch kleinteilig (zum Beispiel auf § 34 BauGB-Grundstücken) anzuwenden ist. Durch eine das Gemeinwohl stärker berücksichtigende und den Verfahrensaufwand sowie die Rechtssicherheit optimierende Ausgestaltung des Baugebotes gemäß § 176 BauGB, insbesondere für Städte und Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt, kann der Spekulation entgegengewirkt werden. Dazu könnten zum Beispiel in Betracht kommen: eine erleichterte städtebauliche Begründung insbesondere hinsichtlich des „dringenden Wohnbedarfes der Bevölkerung“ gemäß § 175 Abs. 2 BauGB und das Instrument der Innenentwicklung (IEM). Die Barrieren zur Sozialwohnungsbauverpflichtung in Bebauungsplänen nach § 9 Abs. 1 Nr.7 BauGB sind zu beseitigen.
6. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen ist bis auf wenige Ausnahmefälle einzuschränken.
Begründung:
Die Eigentumsbildung im Wohngebäudebestand für breite Schichten der Bevölkerung als Altersvorsorge durch Selbstnutzung ist weitgehend eine Fiktion. Umwandlung ist ein Geschäftsfeld von Investoren. Am Ende wird der weit überwiegende Teil der umgewandelten Wohnungen vermietet und dient als Kapitalanlage beziehungsweise Altersvorsorge für höhere Einkommensschichten, während die in den Wohnungen lebenden Mieter sich ständig unter dem Damoklesschwert der Eigenbedarfskündigung befinden. Mit Umwandlung wird zudem kein neuer Wohnraum geschaffen. Deshalb ist per BauGB oder WEG die Umwandlung weitgehend einzuschränken.
7. Der soziale und preisgünstige Wohnungsneubau ist deutlich auszuweiten. Bund und Länder müssen jährlich zweckgebundene Fördermittel für mindestens 100.000 leistbare Wohnungen bereitstellen. Die Fördersystematik ist hin zu langfristigen und dauerhaften Bindungen umzubauen.
Begründung:
Allein mit mehr Fördermitteln und für Anbieter lukrativeren Förderbedingungen wird es nicht zu mehr preisgünstigen Wohnungen kommen. Aber ohne sie ist es auch nicht möglich. Im Gegenteil. Wenn Unternehmen, Wohnanlagen oder Wohnungen wieder unter eine am Gemeinwohl orientierte Bewirtschaftung fallen sollen, wird es zu Beginn ohne massive öffentliche Investitionen kaum gehen.
8. Gemeinwohlorientierte Eigentümer und Vermieter müssen gestärkt werden. Dazu ist eine neue Wohnungsgemeinnützigkeit einzuführen.
Begründung:
Aktuell ist es das erhebliche Defizit an Wohnungen in Ballungszentren und Universitätsstädten, das den Wohnungsbau und die Wohnungspolitik wieder in den Fokus gerückt hat. Von ebenso großer Bedeutung – gerade auch im Sinne einer längerfristigen Betrachtung – ist aber die ausreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum. Es sind staatliche Förderinstrumente notwendig, die dauerhaft preiswerten Wohnungsbestand schaffen beziehungsweise erhalten und dauerhaft für diejenigen Haushalte zur Vermietung anbieten, die besondere Schwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt haben. Die 1990 aufgehobene Wohnungsgemeinnützigkeit sicherte bei circa 3,3 Millionen Wohnungen gegen Steuervorteile für die zugehörigen Unternehmen eng festgeschriebene Mietpreisbegrenzungen. Im Gegensatz zur befristeten Objektförderung des Sozialen Wohnungsbaus gab es hier einen umfangreichen Wohnungsbestand, der auf einer Unternehmensbindung beruhte und dessen Bindung als Dauerregelung konzipiert war.
9. Share Deals sind weiter als bisher geplant einzuschränken, statt der aktuell vorgesehenen, die Grunderwerbssteuer auslösenden Schwelle von 90 % Beteiligung soll eine Grundsteuerpflicht bereits ab einer Beteiligungsgrenze von 50 % bis 75 % entstehen.
Begründung:
Es ist nicht hinnehmbar, dass etwa der Erwerb eines Eigenheims mit Grunderwerbsteuer belastet wird, während die Übertragung von großen Gewerbeimmobilien oder umfangreichen Wohnungsbeständen nicht selten unter Umgehung der Grunderwerbsteuer gestaltet wird. Es ist davon auszugehen, dass sich hierdurch Steuermindereinnahmen in erheblichem Umfang für die Haushalte der Länder ergeben.
10. Das 1985 mit dem Binnenmarktprogramm verankerte Verbot jeglicher Eingriffe in den freien Kapitalverkehr zwischen den EU-Staaten und zwischen der EU und Drittländern (Art. 63, Abs. 1 Vertrag zur Arbeitsweise der EU/AEUV) für den Immobilienbereich muss eingeschränkt werden. Das kann durch ein Bundesgesetz oder Änderungen im europäischen Recht – wie bei den Maastrichter Sonderregelungen für Dänemark – erfolgen. Die staatliche Finanzierung gemeinwirtschaftlich agierender Unternehmen und Wohnungsbestände, die dauerhaft für gemeinwirtschaftliche Zwecke gebunden sind, muss in Deutschland wie in allen EU-Ländern wieder ungehindert durch EU-Vorschriften möglich sein und durch geeignete gesetzliche Regelungen und Finanzierungsformen unterstützt werden.
Begründung:
Auf der europäischen Ebene hat die deutsche Politik wesentlich dazu beigetragen, dass der Spekulation mit Immobilien in den europäischen Metropolregionen Tür und Tor geöffnet wurden. Es ist nicht hinnehmbar, dass nationale und internationale Finanzanleger die Grundstückspreise in deutschen Städten so hochtreiben, dass ein Wohnungsbau durch sozial verpflichtete Unternehmen und mit bezahlbaren Mieten wirtschaftlich unmöglich ist.
Die staatliche Finanzierung gemeinwirtschaftlich agierender Unternehmen und Wohnungsbestände, die dauerhaft für gemeinwirtschaftliche Zwecke gebunden sind, wird durch das Wettbewerbsrecht der EU behindert. Wohnen gehört aber klar zur Daseinsvorsorge. Jedes EU-Mitgliedsland muss deshalb ohne Gefahr eines Verstoßes gegen die Wettbewerbsvorschriften und ohne Auflagen bei der Eingrenzung der Zielgruppen „seine“ sozialen Institutionen der Wohnungsversorgung aufbauen und erweitern können.
11. Die Klimaschutzziele von Paris sind auch wohnungspolitisch umzusetzen. Wirksame, praktikable und sozialverträgliche Lösungen sind zu entwickeln und umzusetzen. Ressourcenschonendes Bauen, sparsame Flächennutzung, Stadtgrün und Naturschutz am Bau sind zu stärken. Für Wohngebäude ist eine sozialverträgliche Wärmewende erforderlich. Sie braucht neben einer weitergehenden Kappung der Mietsteigerungsmöglichkeiten mehr Beteiligungsmöglichkeiten der Mieterinnen und Mieter bei Planung und Durchführung, die Verpflichtung für Gebäudeeigentümer zur Umsetzung von Maßnahmen in 5-Jahresstufen für die jeweils schlechtesten Gebäude im Hinblick auf CO2-Emissionen und Endenergieverbrauch sowie eine verstärkte und verbesserte Förderung.
Begründung:
Das Energiekonzept der Bundesregierung weist darauf hin, dass „die energetische Sanierung des Gebäudebestands der zentrale Schlüssel zur Modernisierung der Energieversorgung und zum Erreichen der Klimaschutzziele ist. In Städten stammen rund 50 % der CO2-Emissionen aus dem Gebäudebestand. Das Ziel muss deshalb sein, den Wärmebedarf des Gebäudebestandes drastisch um bis zu 40 % bis 2030 zu senken, damit bis 2050 nahezu ein klimaneutraler Gebäudebestand besteht. Klimaneutral heißt, dass die Gebäude nur noch einen sehr geringen Energiebedarf aufweisen und der verbleibende Energiebedarf überwiegend durch erneuerbare Energien gedeckt wird. Dafür ist die Erhöhung der energetischen Sanierungsrate auf mindestens 2 % pro Jahr erforderlich. Mit den aktuellen Strategien von Information, Beratung und Förderangeboten ist das nicht zu erreichen. Wirksamkeit wird ohne neue ordnungsrechtliche Vorgaben nicht erzielt werden.
Stand: 28. April 2021
Forderungen des Berliner Mietervereins
zu den Abgeordnetenhauswahlen 2021 in Berlin
Der Berliner Mietendeckel hatte für Berlin eine Umkehr beim Mieterschutz vor überbordenden Vermieterforderungen hervorgebracht. Mieterinnen und Mieter wurden nach Jahren des massiven Mietanstiegs erheblich entlastet. Bedauerlicherweise hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts auf die Normenkontrollklage von Abgeordneten der CDU/CSU- und der FDP-Fraktion und zwei Richtervorlagen hin das Mietendeckelgesetz als von Beginn an für nichtig erklärt, weil das Land Berlin keine Gesetzgebungskompetenz für öffentlich-rechtliche Mietregulierungen habe. Mit dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts wurde eine Nachzahlungspflicht für große Teile der Berliner Mieterschaft ausgelöst, die für zahlreiche Mieterinnen und Mieter, die während der Corona-Pandemie erhebliche Einkommensverluste haben, das Risiko eines Wohnungsverlustes bedeuten. Mit dem Ende des Berliner Mietendeckels wurde allerdings eine bundesweite Debatte über weitergehende Eingriffe zur Regulierung angespannter Märkte angestoßen. Eine spontane Demonstration mit mehr als 15.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern am Tag der Urteilsverkündung hat dem nun weitergehenden Protest der Mieterinnen und Mieter einen starken Ausdruck verliehen. Soziale Wohnraumversorgung muss überwiegend im vorhandenen Wohngebäudebestand gelöst werden. Eine wirksame Mietenregulierung reicht nicht aus. Es muss daher noch eine Antwort für das fehlende Angebot an leistbaren Mietwohnungen gefunden werden.
Der Gemeinwohl-Wohnungsbestand muss deutlich erhöht werden. Das hat das letzte Jahrzehnt gezeigt, in dem sich die Wohnungspolitik weitgehend an privatwirtschaftlichen Renditeerwartungen orientiert hat. Staatliche Eingriffe und das finanzielle Engagement der öffentlichen Körperschaften müssen stattdessen eine stärkere Bedeutung erlangen. Zivilgesellschaftliches Engagement ist dabei aufzunehmen.
1. Der Berliner Senat wird aufgefordert, sich im Bundesrat für eine wirksame Mietenregulierung einzusetzen. Diese soll umgehend für einen befristeten Mietenstopp sorgen und mittelfristig die Mieterhöhungen auf 1,5 % pro Jahr begrenzen. Bei Wiedervermietungen muss die Miethöhe auf Oberwerte begrenzt werden, die in Gebieten mit erhöhtem Wohnbedarf grundsätzlich auch unterhalb der Mietpreisbremsenkappung liegen sollten. Mietsteigerungen nach Modernisierung sind auf 4 % der Modernisierungskosten jährlich und höchstens 1,50 Euro pro Quadratmeter zu beschränken. Der Senat wird darüber hinaus aufgefordert zu prüfen, inwieweit nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 15.4.2021 überhaupt öffentlich-rechtliche Preisregulierungen im Wohnungswesen denkbar sind, ob Mietpreisregeln grundsätzlich aus der Kompetenz des Bundes herausgelöst werden sollten und inwiefern über Ermächtigungsnormen im BGB die Bundesländer zu adäquaten Mietpreisregeln jenseits des Systems der ortsüblichen Vergleichsmiete kommen können.
Begründung:
Mit dem Beschluss des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 15.4.2021 ist das Gesetz des Berliner Mietendeckels als „von Beginn an für nichtig erklärt worden, weil das Land Berlin für eine öffentlich-rechtliche Landesgesetzgebung keine Kompetenz besitze. Mit dem Beschluss sind aber die Probleme ungezügelten Mietenanstiegs in bestehenden Mietverhältnissen und auch bei Wiedervermietung nicht beendet. Im Gegenteil, sie werden in den nächsten Monaten für viele Mieterinnen und Mieter wieder zunehmen. Trotz der Schwierigkeiten mit dem Zivilrecht und insbesondere mit dem System der ortsüblichen Vergleichsmiete muss nun über eine Bundesratsinitiative um Nachbesserungen gerungen werden. Gegen ein solches Verfahren spricht der Beschluss des BVerfG nicht, denn zur Eingriffstiefe in die Eigentümerrechte hat sich der 2. Senat nicht geäußert. Gleichwohl steht aus, wie nunmehr zukünftig der beste Weg für einen wirksamen Mieterschutz gefunden werden kann. Deshalb hier die Prüfaufträge an den Senat.
2. Berlin braucht ein Wohnungswirtschaftsgesetz aus der landesrechtlichen Kompetenz für das Wohnungswesen, in dem für gewerbliche Vermieter unter anderem die Bildung ausreichender Instandhaltungsrücklagen und Bewirtschaftungsbudgets verankert wird, Belegungsrechte für WBS-berechtigte Haushalte und besondere Bedarfsgruppen sowie Mitwirkungsrechte von Mieterinnen und Mietern sowie Mieterbeiräten festgelegt und Mindestanforderungen an die Transparenz der Gesellschafterstruktur definiert werden.
Begründung:
„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ heißt es in Art. 14 Abs. 2 des Grundgesetzes. Es erscheint notwendig, auch über konkrete Mieterschutzregelungen zur Begrenzung der Miethöhe und zum Schutz vor Kündigungen hinaus, weitere Regelungen zur Bewirtschaftung von Wohnraum für alle Anbieter festzulegen, da die zivilrechtliche Interessendurchsetzung vielfach an Grenzen stößt. Öffentlich-rechtliche Festlegungen für das „Wohnungswesen“ in den Ländern können hier eine sinnvolle Ergänzung darstellen.
3. Im Rahmen seiner landesrechtlichen Kompetenzen soll der Berliner Senat ein Gebäude-, Wohnungs- und Mietenkataster aufbauen.
Begründung:
In Anlehnung an die Kataster in anderen Ländern (Schweden, Dänemark, Schweiz, etc.) soll Berlin ein Gebäude- und Wohnungskataster auf Basis der landesrechtlichen Kompetenz zum Wohnungswesen aufbauen, das der Marktbeobachtung, der Preisregulierung, dem Wohnraumschutz und der Transparenz über die rechtlich und wirtschaftlich Verfügungsberechtigten dienen soll. Mietänderungen sind mit zu erfassen.
4. Mittelfristig soll der Bestand an städtischen Wohnungen durch Neubau, Ankauf und gegebenenfalls Vergesellschaftung auf 500.000 Wohnungen erweitert werden. In der Berliner Verfassung ist abzusichern, dass Berlin als Eigentümer der kommunalen Wohnungsunternehmen dauerhaft an einer Veräußerung gehindert ist. Der Berliner Senat soll Bedingungen schaffen, unter denen der Wohnungsbestand von Anbietern, die sich dem Gemeinwohl explizit verpflichten, auf 50 % des gesamten Wohnungsbestandes steigt.
Begründung:
1990 verfügte Berlin über fast 500.000 kommunale Wohnungen, die ein Korrektiv auf dem überwiegend privat organisierten Mietwohnungsmarkt darstellten. Diese Wohnungsanzahl soll wieder erreicht werden. Die Privatisierung durch Berlin und der Verkauf von Wohnungen mittels Altschuldenhilferegelung des Bundes waren ein schwerwiegender Fehler. Um solche Fehler zukünftig auszuschließen, ist der Veräußerungsausschluss in die Berliner Verfassung aufzunehmen. Der kommunale Wohnungsbestand soll jedoch nicht das einzige Marktkorrektiv darstellen. Aus diversen Erwägungen heraus muss der Gemeinwohlbestand insgesamt erhöht werden. Soweit Berlin dazu die Kompetenzen hat, sollten sie genutzt werden. In diesem Zusammenhang soll der Senat auch prüfen, ob werksgebundener Neubau eine Unterstützung darstellen kann. Der Senat muss zudem in der nächsten Legislatur den Bau von 5.000 Wohnungen für Auszubildende und Studierende mittels Förderung durch die kommunalen Anbieter oder andere Gemeinwohlunternehmen ermöglichen.
5. Die kommunalen Wohnungsunternehmen müssen sich noch stärker sozialpolitisch engagieren, gegebenenfalls mit einer weiteren Unterstützung durch den Eigentümer, das Land Berlin. In die Mietenkonzeption der landeseigenen Wohnungsunternehmen ist daher die Mietenregulierung aus dem Mieten-WoG („Berliner Mietendeckel“) zu übernehmen. Bei Neubauvorhaben sind vermehrt neue Bewirtschaftungs- und Nutzungskonzepte auszuprobieren. Für den Gebäudebestand sind die Mitbestimmungs- beziehungsweise Mitwirkungsmöglichkeiten der Mieterinnen und Mieter zu erhöhen. Dafür ist das Wohnraumversorgungsgesetz anzupassen.
Begründung:
Die städtischen Wohnungsunternehmen haben bei der Wohnraumversorgung am Wohnungsmarkt benachteiligter Haushalte schon eine herausragende Bedeutung. Doch bis der Gemeinwohl-Bestand insgesamt gewachsen ist, wird es notwendig sein, dass die kommunalen Wohnungsunternehmen sich noch stärker engagieren. Dies wird vielfach nur mit einer Unterstützung des Eigentümers, des Landes Berlin, möglich sein. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar dem Land Berlin die Kompetenz für ein Mietendeckel-Gesetz abgesprochen, sich aber bezüglich der konkreten Regulierungen nicht weiter geäußert. Deshalb kann Berlin als Eigentümer die Mietendeckel-Regeln für seine Wohnungsunternehmen weiter anwenden. Der Neubau der kommunalen Wohnungsunternehmen ist von großer Bedeutung, Schnelligkeit sollte aber nicht vor Qualität und Vielfalt stehen. Wohnungen sind sehr langfristige Güter. Gerade im Hinblick auf die Stabilität von Quartieren ist eine weitergehende Mitbestimmung und ernsthafte Mitwirkungsmöglichkeit der Mieterinnen und Mieter sinnvoll.
6. Der Berliner Senat muss die soziale Wohnraumförderung durch Erhöhung des Fördervolumens noch verbessern, um kommunale Wohnungsunternehmen zu stärken und um die Förderung für andere Gemeinwohlanbieter attraktiver zu machen. Damit können auch die sonstigen Förderbedingungen zielgenauer gestaltet werden.
Begründung:
In der aktuellen Wohnungsmarktsituation wird die soziale Wohnraumförderung vorrangig von kommunalen Wohnungsunternehmen in Anspruch genommen. Das ist aktuell nachvollziehbar, denn auch nach Ablauf der Bindungen verbleiben diese Wohnungen im Gemeinwohl-Bestand und sind nicht der privaten Verwertung ausgesetzt. Bezieht man den Grundstückserwerb ein, ist aber auch nach der Neufassung der Förderrichtlinien in Berlin die Wirtschaftlichkeit noch nicht hinreichend gegeben. Das Land Berlin muss daher das Fördervolumen je Wohnung noch erhöhen, kann dafür aber auf Tilgungszuschüsse verzichten. Die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen im Sozialen Wohnungsbau muss fördervertraglich ebenso ausgeschlossen werden wie die vorzeitige Rückzahlung von Darlehen. Die Fokussierung der sozialen Neubauförderung auf die kommunalen Unternehmen wird aber nicht ausreichen, um das angestrebte quantitative Ziel des Gemeinwohl-Bestands zu erreichen. Eine Reform der Wohnungsbauförderung muss sich daher auch auf andere gemeinwohlorientierte Anbieter ausrichten.
7. Für den sozialen Mietwohnungsbestand – gefördert bis 2013 – muss zügig eine Mietenkorrektur vorgenommen werden, um die Ungereimtheiten des früheren Fördersystems aufzuheben und um die Belastung des Landeshaushalts zu verringern.
Begründung:
Der aktuell sichergestellte Mietenstopp aus dem Abbau der Degression kommt das Land Berlin teuer zu stehen. Daher müssen alle rechtlichen und finanztechnischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden, um die Eigentümer bei der Umstellung des Mietensystems mit in die Verantwortung zu nehmen. Damit soll gleichzeitig ein gerechteres Mietensystem eingeführt werden. Vorschläge liegen dazu auf dem Tisch, zum Beispiel in Form der vom BMV vorgeschlagenen Richtsatzmiete. Die Bestimmung höchstzulässiger Mieten könnte wie folgt vorgenommen werden: Zur Sicherung bezahlbarer Mieten im Bestand des öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbaus darf die Wohnung in einem gemäß § 6 II. WoBauG mit öffentlichen Mitteln gefördertem Objekt bis zum Ende der Eigenschaft „öffentlich gefördert“ nicht gegen eine höhere als die höchstzulässige Miete vermietet werden. Dies gilt für bestehende Mietverhältnisse und die Neuvermietung der Wohnung. Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam. Die höchstzulässige Miete wird differenziert in Mietenklassen unter Berücksichtigung des energetischen Zustandes des Gebäudes und der Einkommenshöhen auf der Grundlage der in § 9 Absatz 2 WoFG geregelten Einkommensgrenzen verbindlich festgelegt.
8. Der Berliner Senat muss endlich eine die Bundesförderung ergänzende Modernisierungsförderung von mindestens 150 Mio. Euro pro Jahr auflegen, die im Hinblick auf die Ziele nicht hinter den alten in 2019 außer Kraft getretenen Richtlinien zurückfallen darf. Dem BMV ist bewusst, dass der Erfolg einer solchen Förderung ganz wesentlich von ergänzend zu schaffenden ordnungsrechtlichen Vorgaben abhängig ist.
Begründung:
Es ist ein Armutszeugnis des Berliner Senats, dass es nicht gelungen ist, zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Mietendeckels ergänzend zur Bundesförderung eine neue Modernisierungsförderung aufzulegen, nachdem die alte Förderung eingestellt wurde. Der Berliner Mieterverein warnt den Senat vor einer Missachtung der umweltpolitischen Ansprüche und sozialpolitischen Verantwortung. So bedarf es eines Bindungszeitraums von 20 Jahren auch für die Belegungsbindung. Die Umwandlung der geförderten Wohnungen zu Eigentumswohnungen muss ausgeschlossen werden. Das Förderprogramm benötigt zudem klare Öko-Standards.
9. Die Liegenschaftspolitik des Senats muss einen größeren Beitrag für die soziale Stadtentwicklung und den Neubau preisgünstigen Wohnraums leisten.
Begründung:
Die Berliner Immobilien Management (BIM) muss den städtischen Wohnungsunternehmen oder im Konzeptverfahren auf Erbpachtbasis für andere gemeinwohlorientierte Träger deutlich mehr Grundstücke zur Verfügung stellen. Die Grundstücke von anderen Berliner Landesunternehmen oder Verwaltungen sowie Einrichtungen müssen in die neue Liegenschaftspolitik eingebunden werden. Als Einstieg in eine vorausschauende Bodenbevorratungspolitik ist der jüngst vom Berliner Senat eingerichtete Bodenfonds eine gute Grundlage, die ausgebaut und verstärkt werden muss.
10. Der Berliner Senat soll die im Rahmen der Grundsteuerreform beschlossene Öffnungsklausel nutzen, um eine reine Bodenwertsteuer einzuführen. Er soll sich zudem im Bund für eine Herausnahme der Grundsteuer aus den Betriebskosten einsetzen.
Begründung:
Berlin scheint eine Grundsteuer auf Basis des Bundesrechts einführen zu wollen. Damit wird eine Chance vertan. Denn eine auch auf das Gebäude bezogene Grundsteuer wäre ungerecht, da das in der Immobilie steckende Kapital und auch die Arbeit doppelt besteuert würden, während die Bodenwertsteigerungen als leistungslose Gewinne des Grundstückseigentümers weitgehend unbelastet blieben. Ein den verfassungsrechtlichen Vorgaben angepasste Grundsteuerberechnung kann grundsätzlich wegen der Immobilienpreisentwicklung auch in den zentralen Lagen zu höherer Grundsteuer führen. Doch die Grundsteuer ist eigentlich eine Eigentümersteuer. Der Berliner Senat soll sich daher im Bund für eine Herausnahme der Grundsteuer aus den Betriebskosten einsetzen.
11. Die zweckfremde Nutzung von Wohnungen zu Ferienzwecken und für den Abriss von bestehendem Wohnraum muss weiter eingeschränkt werden.
Begründung:
Nach wie vor ist das Defizit an – vor allem leistbarem – Wohnraum groß. Deshalb muss eine Verringerung des Angebots an Wohnraum verhindert werden. Die Verfolgung der Zweckentfremdung von Wohnraum zugunsten von Ferienwohnungsnutzungen ist jedoch immer noch nicht erfolgreich genug. Nach wie vor werden auf den Portalen von Airbnb, wimdu und Co. tausende Wohnungen als Ferienwohnungen von zumeist gewerblichen Unternehmen angeboten. Der Berliner Mieterverein verlangt eine Task Force, gebildet aus den Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Wohnen sowie Finanzen, Bezirksämtern und Steuerbehörden, um der unerlaubten Zweckentfremdung von Wohnraum durch Ferienbeherbergung endlich ein Ende zu setzen. Die Anforderungen an den Ersatzwohnraum müssen bei geplantem Abriss so gestellt werden, dass der neue Wohnraum dem Allgemeinwohl dient. Dazu sind auch Mietpreisregelungen vorzunehmen.
12. Der Verwahrlosung von Wohnraum muss rasch und entschiedener entgegen getreten werden. Für die Einsetzung von Treuhändern sind alle erforderlichen finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
Begründung:
Es gibt vereinzelt Wohnraum, der seit Jahren leer und oder stark vernachlässigt ist, Bau- und Wohnungsmängel aufweist. Bis jetzt ist es den Behörden nur sehr vereinzelt gelungen, diesen Wohnraum wieder konkreten Wohnnutzungen zuzuführen. Das ist ein erbärmliches Ergebnis. Wenn die Bezirksämter tatenlos sind, muss der Senat die Verfahren an sich ziehen. Damit den Bezirken auch die Option bleibt, einen Treuhänder mit der Bewirtschaftung, Sanierung und gegebenenfalls Wiederherstellung zu Wohnzwecken einzusetzen, sind alle erforderlichen finanziellen und rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen.
13. Die Bezirke müssen daher in die Lage versetzt werden, die bau- und planungsrechtlichen Aufgaben einer wachsenden Stadt besser und schneller zu bewältigen. Dafür sind die organisatorischen, finanziellen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen.
Begründung:
Die Planungsverfahren in den Bezirken sind zumeist schwerfällig, oft langwierig und nicht in die stadtentwicklungspolitischen Ziele des Landes eingebunden. Die Erstellung eines Bebauungsplans kann bis zu 9 Jahren dauern. Das zermürbt alle Beteiligten. Für die bessere und schnellere Bewältigung der bau- und planungsrechtlichen Aufgaben sind die organisatorischen, finanziellen und strukturellen Voraussetzungen zu schaffen.
14. Das Energiewendegesetz ist zu erneuern und durch ein Landesklimaschutzgesetz zu ersetzen, mit dem die Wärmewende im Gebäudebereich endlich vorankommt. Der Anteil erneuerbarer Energien ist zu erhöhen. Dabei muss die Umstellung der Fernwärmeversorgung hohe Priorität erhalten.
Begründung:
Das bisher weitgehend wirkungslose Energiewendegesetz muss durch ein engagiertes Landesklimaschutzgesetz abgelöst werden, das die Erneuerbaren Energien in der Wärmeversorgung deutlich stärker in den Fokus nimmt. Dabei sind alle Spielräume der Landeskompetenz zu nutzen. Das Landesklimagesetz muss ergänzend zum bisherigen Mix aus „Anreiz, Beratung und Vorbildfunktion der öffentlichen Hand“ eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung zu energetischen Maßnahmen mittels eines Stufenmodells bei gleichzeitiger verbesserter öffentlicher Förderung beinhalten.
08.06.2021