Die Mietensituation im bestehenden Sozialen Wohnungsbau ist aus folgenden Gründen problematisch:
- Mindestens ein gutes Drittel der noch vorhandenen Sozialwohnungen kann seine Versorgungsfunktion nicht erfüllen, weil die Mieten über dem Niveau freifinanzierter Vergleichswohnungen liegen bzw. für den eigentlichen Bewohner des Sozialen Wohnungsbaus, die Haushalte mit Wohnberechtigung, nicht zu finanzieren sind. Wegen der unvertretbar hohen Mieten haben Senat und Bezirksämter für etwa die Hälfte aller Sozialwohnungen die Belegungsbindungen aufgehoben.
- Aufgrund des Kostenmietenprinzips und der dadurch bedingten Anbindung an die historischen (Finanzierungs-)Kosten gibt es innerhalb des Sozialen Wohnungsbaus erhebliche Unterschiede im Mietniveau, die nichts mit dem Wohnwert zu tun haben. Der Einfrierungsgrundsatz der Kostenmiete ist bei Veräußerung problematisch.
- Die Anzahl der Sozialwohnungen sinkt beständig, weil der Verlust durch die (vorzeitige) Beendigung von Mietpreis- und Belegungsbindungen nicht durch Sozialen Wohnungsneubau kompensiert wird. Von den 120.000 Sozialwohnungen in Berlin in 2015 verbleiben ohne Neubau im Jahre 2024 nur noch 91.000 Wohnungen.
- Für die rund 21.000 Sozialwohnungen ohne eine Anschlussförderung (Baujahrgänge ab 1985/87), die noch nicht nach Eigentümerwechsel in das Vergleichsmietensystem überführt wurden, bedarf es einer besonderen Hilfe. Denn hier kann die Miete bis zur Kostenmiete (12 bis 20 €/qm monatlich) angehoben werden, was regelmäßig zur Verdrängung von Bewohnern führt. Die Freistellung der Belegungsbindungen hat der Senat inzwischen zurückgenommen.
Der Berliner Mieterverein hat dem Senat einen Vorschlag zur Veränderung der Mietensituation für die bestehenden Sozialwohnungen gemacht: Es soll für jeden Sozialen Wohnungsbau eine staatlich festgelegte soziale Richtsatzmiete festgelegt werden, die im Durchschnitt 5,50 €/qm für wohnberechtigte Haushalte nicht überschreiten darf. Die Differenz zur höheren Verpflichtungsmiete, die sich aus den Förderverträgen und den Kreditverträgen mit den Banken ergibt, soll aus öffentlichen Mitteln und einem teilweisen Verzicht der Eigentümer auf die Eigenkapitalverzinsung finanziert werden.
Mehr zur „sozialen Richtsatzmiete“.
Inzwischen hat das Abgeordnetenhaus von Berlin das Wohnraumversorgungsgesetz (WoVG) beschlossen. Danach können alle Mieter mit Einkommen im Rahmen der Wohnberechtigung einen Zuschuss zur Miete aus Härtegründen erhalten, wenn der Anteil der Nettokaltmiete in Abhängigkeit vom energetischen Zustand des Gebäudes am Haushaltseinkommen mehr als 30 Prozent beträgt. Dabei sind Wohnflächenhöchstgrenzen zu beachten.
Der Berliner Mieterverein hält den Maßstab der Nettokaltmiete für falsch und schlägt einen differenzierten Prozentsatz von 20 bis 30 % von der Bruttokaltmiete vor.
23.12.2015