Pressemitteilung Nr. 29/21
„Unter der mangelnden Rechtssicherheit der Mietspiegel leiden Berliner Mieterinnen und Mieter seit Jahren. Doch auch mit dem durch die CDU gestutzten aktuell geplanten Mietspiegelreformgesetz wird sich daran nichts ändern“, so der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild, der als Experte bei der Anhörung geladen ist. „Mit den Angriffen auf die Qualifiziertheit haben Vermieter vor dem Mietendeckel jahrelang versucht, Mieterhöhungen oberhalb des Mietspiegels durchzudrücken, zum Teil auch mit Erfolg bei den Amtsgerichten und dem Landgericht.“
Begrüßenswert sei, dass mit dem Gesetzentwurf die Datenbasis für Mietspiegel nun insoweit verbessert werden kann, indem Vermieter und Mieter zur Teilnahme an der Befragung verpflichtet werden. Allerdings steigt die Rechtsunsicherheit andererseits wieder, weil man in einer ergänzenden Rechtsverordnung auch außergesetzliche (!) Merkmale bei der Ermittlung der Mieten zulassen will.
Das grundsätzliche Dilemma der Mietspiegel wird aber weiterhin nicht angefasst. Wird die Qualifiziertheit des Mietspiegels durch den Vermieter „substantiiert“ angegriffen, haben Mieterin beziehungsweise Mieter die Beweispflicht, dass der Mietspiegel qualifiziert ist. Das ist Mietern/Mieterinnen in der Regel nicht möglich beziehungsweise nur unter hohem finanziellen Aufwand für Gutachten. Aber selbst wenn ein solches Gutachten vorgelegt wird, können Mieterinnen und Mieter nicht sicher sein, dass dieses vom Landgericht nicht einfach ignoriert wird, wie es zum Beispiel bei der 63. Kammer des Landgerichts passierte. Die Rechtsansprüche von Mieterinnen und Mietern zur Prüfung von Mieterhöhungen scheitern daher oft an der freien richterlichen Beweiswürdigung und den dann folgenden Gutachtenkosten.
„Statt weiterer Klimmzüge wie der von Vermieterseite geforderter zusätzlicher „Verwissenschaftlichung“ sollte der Gesetzgeber lieber die Kappungsgrenze auf maximal 1,5 % Mietsteigerung pro Jahr senken und endlich die Begründung von Mieterhöhungen so ändern, dass bei vorliegendem qualifizierten Mietspiegel nur auf diesen Bezug genommen werden kann und eine Abweichung vom Mittelwert schon hier dargelegt werden muss“, so Wild. Ein Streit um die Qualifiziertheit überfordert Mieterinnen und Mieter und Gerichte gleichermaßen und dient nur dazu, dass auch der letzte Euro an Mieterhöhungen verlangt werden kann.
19.05.2021