Pressemitteilung Nr. 01/24
„Anstatt ihre Mieterschaft mit Mahnungen für offenbar fehlerhafte Heizkostenabrechnungen zu überziehen, sollte Vonovia alle Heizkostenabrechnungen der Abrechnungsperiode 2022 umfassend überprüfen!“ fordert Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins (BMV). „Es ist angesichts auffällig hoher Nach-zahlungen absurd, dass der Konzern in seiner Siedlung Mariendorf-Ost zwar einige Mieterinnen und Mieter um Entschuldigung für fehlerhafte Abrechnungen bittet und eine korrigierte Abrechnung ankündigt, nur wenige Haustüren weiter dagegen an den immensen Nachzahlungen festhält“, so Bartels. Nach Ansicht des BMV spricht zudem einiges dafür, dass die in Mariendorf-Ost eingeräumten Fehler berlinweit auch weitere Siedlungen des Konzerns betreffen. Der BMV kritisiert daher das Verschicken von Mahnungen, zum Beispiel am Tempelhofer Damm. BMV-Geschäftsführer Sebastian Bartels: „Es ist wichtig, dass die betroffenen Mieterinnen und Mietern sich durch Mahnungen nicht einschüchtern lassen, sondern zusammenhalten und sich untereinander vernetzen“.
In der Beratungspraxis des BMV spitzt sich derzeit die Lage zu: Zum einen verlangen viele Wohnungsunternehmen trotz gesunkener Energiepreise deutlich zu hohe Vorauszahlungen für das neue Abrechnungsjahr 2024; zudem weisen zahlreiche Heizkostenabrechnungen, zumeist im Zusammenhang mit Fernwärme und Wärme-Contracting, enorme, d.h. vierstellige Nachforderungen auf, die viele Betroffene finanziell überfordern. Ein Großteil der von Wärmelieferunternehmen berechneten Kosten orientiert sich an einer fast undurchschaubaren Berechnungsformel, in die auch Börsenpreise für Energie einfließen. Wohnungsunternehmen wie Adler und Vonovia, aber auch landeseigene Unternehmen wie die Gewobag vermögen es bisher leider nicht, ihre undurchschaubaren Abrechnungen transparent zu erläutern. Daher sollten Mieterinnen und Mieter möglichst noch innerhalb der 30tägigen Zahlungsfrist wichtige Belege anzufordern und bis zur Gewährung ihr sogenanntes Zurückbehaltungsrecht nutzen, um Einsicht in Belege zu fordern und die Abrechnung im An-schluss daran sofort gründlich prüfen zu lassen. Das Zurückbehalten von Nachforderungen ist allerdings an wichtige, rechtliche Bedingungen geknüpft. Diese und andere Tipps finden Sie auf Seite 2 dieser Pressemitteilung!
Aufgrund der derzeit unübersichtlichen Lage für betroffene Mieter:innen bitten wir die Berliner Medien um die Verbreitung folgender wichtiger Serviceinhalte:
- Wer bis zum 31. Dezember 2023 eine Heizkostenabrechnung für 2022 mit unklaren Kosten oder auffällig hohen Nachzahlungen erhalten hat, sollte so schnell wie möglich, spätestens aber bis Ende dieses Monats, schriftlich die Einsicht in wichtige Belege verlangen, mindestens jedoch die Energielieferrechnung sowie den Vertrag mit dem Wärmeenergielieferanten. Im gleichen Schreiben sollten die Auffälligkeiten aufgeführt werden. Vorsicht: Ohne Belegeinsicht können Einwendungen in der Regel nicht hinreichend begründet werden und sind dann unbeachtlich!
- Vermieterinnen wie Vonovia, die weder ihren Sitz noch eine Hausverwaltung in Berlin haben, müssen die Belege übersenden, sofern der Mieter sich bereit erklärt, die Kopierkosten (höchstens 0,50 € je Kopie) zu übernehmen. Gleiches gilt, wenn es sich um eine Sozialwohnung handelt. In den übrigen Fällen kann die Vermieterin auf eine Einsichtnahme bei ihr vor Ort verweisen. In einem solchen Fall sollte man sie dennoch unter Fristsetzung um Übersendung der Belege bitten und zeitgleich alternativ drei Termine zur Einsichtnahme vorschlagen. Reagiert die Vermieterin oder Hausverwaltung hierauf nicht, sollten Mieterinnen und Mieter anschließend einen Termin benennen, an dem sie möglichst in Begleitung eines Zeugen vor Ort erscheinen, um Einsicht zu nehmen.
- Solange die Vermieterin die Belegeinsicht nicht gewährt, besteht an der Nachforderung und an einer etwaigen Vorschusserhöhung ein Zurückbehaltungsrecht. Mit anderen Worten: Die Nachzahlung, egal wie hoch, muss in der gesetzlichen Zahlungsfrist von 30 Tagen nach Erhalt der Abrechnung erst einmal nicht geleistet werden!
- Meist geht mit zweifelhaften Abrechnungen auch eine exorbitante Erhöhung der Vorauszahlungen für das Abrechnungsjahr 2024 einher – Mieterinnen und Mieter sollten sich darauf nicht ohne vorausgegangene Beratung einlassen, da die Energiekosten im vergangenen Jahr wieder gesunken sind. Faustformel für einen angemessenen monatlichen Vorschuss: Die 2021 und 2022 tatsächlich entstandenen Heizkosten, also ohne die geleisteten Vorauszahlungen, addieren und durch 24 Monate teilen.
- Wer die Nachzahlung nicht mit eigenen Mitteln stemmen kann, sollte zusätzlich zur Geltendmachung von Belegeinsicht bzw. Zurückbehaltungsrecht, einen Antrag auf Kostenübernahme beim Jobcenter bzw. (für Rentner) beim Sozialamt stellen. Dann wird, soweit unter Berücksichtigung des Einkommens, der laufenden Kosten sowie der Nachforderung die Voraussetzungen für eine finanzielle Hilfe erfüllen, quasi für einen Monat Bürgergeld ausgezahlt, um die Nachforderung aus der Heizkostenabrechnung zu decken. Der Antrag auf dieses Bürgergeld muss erst einmal nicht begründet werden; beizufügen ist nur die Abrechnung. Bei Heizkosten, die bis zum 31. Dezember 2023 zugegangen sind, kann der Antrag auf Übernahme der Nachforderungen von Heizkosten gemäß § 37 Absatz 2 Sozialgesetzbuch II noch bis zum Ablauf des dritten Monats nach dem Fälligkeitsmonat gestellt werden. Geht die Abrechnung beispielsweise am 31. Dezember zu, ist der Antrag bis zum 31. März 2024 möglich.
- Eine Nachzahlung unter Vorbehalt bietet sich nur an, wenn entweder
– die Abrechnung im Vergleich zur Vorjahresabrechnung keine Auffälligkeiten aufweist und eine Überprüfung der Abrechnung erst nach Ablauf von 30 Tagen möglich ist, oder
– wenn der Vermieter die Einsicht in die Belege gewährt hat und die Abrechnung rechnerisch korrekt ist. Sobald die Belege vorliegen, sollte eine Überprüfung der Abrechnung zeitnah, in der Regel innerhalb von 14 Tagen erfolgen. - Sofern die Nachzahlung unter Vorbehalt geleistet wurde, kann zu viel Gezahltes später zurückverlangt werden, sofern die Einwände gegen die Abrechnung begründet wurden und der Vermieter die Unstimmigkeiten nicht ausräumen konnte.
18.01.2024