Pressemitteilung Nr. 21/25
Mit dem Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ legen CDU und SPD ihre wohnungspolitische Agenda für die kommenden Jahre vor. Aus Sicht der Mieter:innen ist das Fazit durchwachsen: Einige Fortschritte sind erkennbar, doch an den zentralen Stellschrauben der Mietpreisregulierung bleibt die Koalition deutlich hinter dem Notwendigen zurück.
Positiv ist die geplante Verlängerung der Mietpreisbremse für weitere vier Jahre. Doch die dringend nötige Bußgeldbewehrung bei Verstößen sowie die Präzisierung der Mietwucher-Vorschrift im Wirtschaftsstrafgesetzbuch sollen erst durch eine Expertengruppe bis Ende 2026 „vorbereitet“ werden.
„Eine Expertengruppe einzusetzen, während sich die Wohnungsnot weiter zuspitzt, ist ein gefährliches Verzögern auf Kosten der Mieter:innen“, sagt Sebastian Bartels, Geschäftsführer des Berliner Mietervereins. „Die nötigen Reformvorschläge liegen seit Jahren auf dem Tisch – gefragt ist jetzt politischer Wille und sofortiges Handeln, nicht Stillstand bis 2027.“
Damit bleibt die Mietpreisbremse ein schwaches, befristetes Instrument mit vielen Ausnahmen und ohne flächendeckende Wirkung. Ihre erneute Befristung sendet zudem ein klares Signal an die Immobilienwirtschaft: Abwarten könnte sich weiter lohnen, denn strukturelle Eingriffe oder dauerhafte Preisregulierung sind nicht vorgesehen. Zentrale Versprechen der SPD aus dem Wahlprogramm – etwa ein Mietenstopp in angespannten Wohnungsmärkten oder die Absenkung der Kappungsgrenze auf 6 Prozent innerhalb von drei Jahren – wurden im Koalitionsvertrag nicht umgesetzt.
„Unsere Erwartungen lagen erneut bei den Wahlversprechen der SPD – umso größer ist nun die Enttäuschung“, so Bartels. „Nach dem Aus des Berliner Mietendeckels haben wir uns für eine bundesgesetzliche Regelung starkgemacht – angesichts der aktuellen Mehrheitsverhältnisse ist diese Perspektive jedoch leider in weite Ferne gerückt.“
Völlig ungelöst bleibt das Problem der Eigenbedarfskündigungen – eine Bedrohung für Zehntausende Mieter:innen in den Großstädten. Reformvorschläge, etwa die Einschränkung des Eigenbedarfs auf Selbstnutzung und Verwandte ersten Grades, fehlen vollständig.
„Dass der Missbrauch von Eigenbedarfskündigungen weiterhin ignoriert wird, ist ein gravierendes Versäumnis“, betont Bartels. „Gerade hier hätte auch die CDU Kompromissbereitschaft zeigen können.“ In Berlin zeigt das von zahlreichen Berliner Bezirken und dem Berliner Mieterverein getragene Bündnisprojekt „Wohnungsnot durch Umwandlung und Eigenbedarfskündigungen stoppen“ den hohen Reformbedarf.
Doch steckt auch einiges Positives im Koalitionsvertrag: Begrüßenswert sind die geplanten Einschränkungen bei Indexmieten, möbliertem Wohnen und Kurzzeitvermietungen – wichtige Schritte gegen Verdrängung. Ebenso positiv: die Verlängerung des Umwandlungsschutzes und die Stärkung des kommunalen Vorkaufsrechts.
Auch die angekündigte Ausweitung staatlicher Fördermittel – insbesondere für sozialen Wohnungsbau, gemeinnützige Träger, barrierefreies Wohnen und energetische Sanierungen – kann wichtige Impulse setzen. Die Eigenkapitalstärkung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften ist ein bedeutendes Signal für Berlin.
Kritisch ist hingegen die klimapolitische Ausrichtung: Die Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes und das Bremsen bei der EU-Gebäuderichtlinie stehen im klaren Widerspruch zu den vereinbarten Klimazielen – auch im Gebäudesektor. Die zügige Novellierung der AVBFernwärme Verordnung zugunsten von transparenter und fairer Preisgestaltung ist für das Gelingen der Wärmewende und die Bezahlbarkeit bei den Heizkosten für die Miethaushalte aber ein wichtiges Signal.
„Wichtig ist, dass vieles davon jetzt zügig umgesetzt wird – die Sorgen der Mieter:innen über steigende Lebenshaltungskosten sind real“, sagt Bartels. „Die Menschen müssen den Koalitionsvertrag ‚Verantwortung für Deutschland‘ vor allem als soziale und demokratische Verantwortung erleben.“
Spannend bleibt die Ressortverteilung: Sollte die SPD die Schlüsselressorts Justiz, Umwelt und Klimaschutz sowie Bauen, Wohnen und Stadtentwicklung erhalten, wäre das ein Hoffnungsschimmer für Mieter:innen. Denn dort entscheidet sich, ob die SPD ihre errungenen Vereinbarungen zügig umsetzen kann.
Fazit: Der Koalitionsvertrag enthält einige Fortschritte, bleibt aber beim Mieterschutz deutlich zu mutlos. Das große Schweigen bei der Mietpreisregulierung lässt einen echten Kurswechsel in der Wohnungspolitik weiterhin vermissen. Für Mieter:innen heißt das: Die Lage bleibt ernst und politischer Druck notwendiger denn je. Immerhin schimmern eine Priorisierung des sozialen Wohnungsbaus, die Stärkung kommunaler und gemeinnütziger Akteure, eine Änderung bei der Modernisierungsumlage nach § 559 BGB zugunsten von Mietenden sowie städtebaurechtliche Maßnahmen gegen die Verdrängung von Mietenden durch.
Berlin, 10. April 2025
10.04.2025