Pressemitteilung Nr. 13/23
Acht Jahre nach Inkrafttreten der als Mietpreisbremse bekannten Regelung zur Begrenzung von Wiedervermietungsmieten ist die Bilanz über ihre Wirkung nach wie vor ernüchternd. Ein Großteil der Vermieter:innen ignoriert oder umgeht die im Gesetz verankerte Regelung, dass bei Abschluss eines neuen Mietvertrags die Miete im Grundsatz nicht mehr als 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete betragen darf. Besonders häufig überschreiten private Wohnungsunternehmen die zulässige Grenze. Nicht belegte Ausnahmen, Vermietungen auf Zeit sowie teilgewerbliche und möblierte Vermietung werden als Begründungen von Vermieter:innen herangezogen, um die Mietpreisbremse zu umgehen.
„Erstmals wird durch unsere Untersuchung deutlich, welche Dimensionen bei der Nicht-Einhaltung einer Rechtsregelung sich auftun. Vermieter:innen nutzen die Komplexität des Instruments für ihre Zwecke und verunsichern ihre Mieter:innen teils mit bloßen Behauptungen“, sagt Wibke Werner, GF im BMV. Im Unterschied zu zahlreichen anderen Analysen wurden im BMV knapp 1.000 Fälle juristisch geprüft und ausgewertet. „Die erhobenen Verstöße im Rahmen der Studie sind beträchtlich, sowohl in ihrer Häufigkeit als auch bei der Höhe der Mietpreisüberschreitungen.“
Von rund 6.000 Beratungsfällen im Jahr 2021 zum Anfangsverdacht der Mietpreisüberhöhung im Geltungsbereich der Mietpreisbremse, konnten 935 in der Rechtsabteilung bearbeitete Fälle in der Hauptgeschäftsstelle ausgewertet werden.
Studie zu juristischen Prüffällen im BMV
[PDF, 13 Seiten]
Die Ergebnisse unserer Untersuchung zeigen, dass massiv gegen die Mietpreisbremsenregelung verstoßen wurde. Dabei wurden neben der geforderten Miete bei Abschluss eines neuen Mietvertrags auch der Vermieter:innen-Typ sowie der Umgang mit Ausnahmetatbeständen untersucht.
- Die Untersuchung verdeutlicht, dass Mieter:innen für die Durchsetzung der MPB mindestens Rechtsberatung, häufig sogar die Begleitung durch einen Rechtsbeistand in Anspruch nehmen müssen.
- Von insgesamt 935 Überprüfungsfällen überschritten 912 (98 %) die nach Mietpreisbremsen-Gesetz zulässige Miethöhe. Davon wurde in 35 Fällen die Miethöhe mit Hinweis auf eine Ausnahme von der Mietpreisbremse belegt.
- Bei etwa der Hälfte aller Fälle lagen die Überschreitungen bei mehr als 50 % über der zulässigen Miethöhe.
- Am häufigsten überschritten private Wohnungsunternehmen die zulässige Miete – 66 % der Prüffälle gingen auf Überschreitungen durch private Wohnungsunternehmen zurück, knapp 55 % davon mit einer Überschreitung von über 50 %. An zweiter Stelle stehen bei den Verstößen private Einzelvermieter:innen mit einem Anteil von 30 %, von denen mit rund 41 % der Fälle eine Überschreitung über 50 % darstellten.
- In nur 228 Fällen beriefen sich Vermieter:innen auf Ausnahmen. Hinreichend belegt wurden die Ausnahmetatbestände allerdings nur in 35 Fällen (15,4 %).
„Der offenkundig nachlässige Umgang mit der Mietpreisbremse mündet nicht nur in steigende Wiedervermietungsmieten. Wir haben es hier mit gesetzeswidrig vereinbarten Mieten zu tun. Das Gesetz sieht jedoch keine Sanktionen vor, die Mieten gehen ungefiltert in die Erhebung zur Erstellung des Mietspiegels ein und beeinflussen so das Mietniveau des gesamten Berliner Wohnungsmarktes“, warnt Wibke Werner. „Wir sind empört, dass die Politik seit Jahren zuschaut, wie die gesetzlich verankerte Mietpreisbremse umgangen wird und damit weit hinter den gewünschten Wirkeffekten in den angespannten Wohungsmärkten zurückbleibt.“ Währenddessen geht der Mietenanstieg in Berlin ungebremst weiter, allein von 2021 auf 2022 haben sich die Angebotsmieten um 9 % auf nun 11,50 EUR/qm erhöht (IBB Wohnungsmarktbericht Berlin 2022). Seit 2012 sind die mittleren Angebotsmieten um 60,3% gestiegen. Dringender Handlungsbedarf liegt aus Sicht des Berliner Mietervereins auf der Hand.
Wir fordern daher:
- Die Ausnahmen der Mietpreisbremse müssen gestrichen werden.
- Verstöße gegen die Mietpreisbremse dürfen nicht weiter sanktionslos bleiben.
- Die Handhabung der Mietpreisbremse muss erleichtert und auf eine externe Durchsetzungsstelle verlagert werden, um das Dauerschuldverhältnis zwischen Mieter und Vermieter nicht zu belasten und Mieter:innen Angst und Sorge vor der Durchsetzung ihrer Ansprüche zu nehmen.
- Weitreichende Regelungen zu möblierter Vermietung, Vermietung auf Zeit sowie weitere Umgehungsschlupflöcher müssen im Gesetz nachgebessert werden, z.B. durch Ausweisung und Belegung des Möblierungszuschlags zu Beginn des Mietverhältnisses.
- Durch eine Reform des Paragrafen 5 im Wirtschaftsstrafgesetz (WiStrG) soll flankierend zur Mietpreisbremse die Möglichkeit geschaffen werden, Überschreitungen der zulässigen Wiedervermietungsmiete bußgeldbewehrt zu ahnden.
- Eine Öffnungsklausel durch den Bund soll den Ländern Kompetenz für die Einführung eines rechtssicheren und anwenderfreundlichen Instruments zur Regulierung der (Wiedervermietungs-)mieten einräumen
11.05.2023