Pressemitteilung Nr. 16/04
Bund der Berliner Haus- und Grundbesitzervereine e.V.
Eine Bürgerbauausstellung 2010 haben Haus & Grund Berlin e.V. und der Berliner Mieterverein e.V., Landesverband Berlin im Deutschen Mieterbund, heute anlässlich der Tagung „Städtisches Wohnen Morgen – Qualitätsoffensive Berlin“ gefordert und 10 Bausteine für eine Qualitätsoffensive vorgelegt.
Die beiden Verbände fühlen sich auf Grund des wachsenden Problemdrucks verpflichtet, Interessengegensätze zurückzustellen, wenn es um das gemeinsame Ziel geht, die Lebens- und Wohnqualität der Berliner Innenstadtquartiere zu retten, so Haus & Grund-Sprecher Dieter Blümmel und Mietervereinschef Hartmann Vetter übereinstimmend.
Bürger als Bauherren statt gebauter Fachideologie
Die sozialen, städtebaulichen und wohnungswirtschaftlichen Problemlagen sind nicht weniger dringend als zu den Zeitpunkten der Internationalen Bauausstellungen 1957 und 1987. Es geht um die Zukunft des Wohnstandorts Innenstadt und um die Zukunft der alten europäischen Stadt, die durch Nachfragerückgang, anhaltende soziale Problemkonzentration, wachsende Leerstände und Abwertung unter Anpassungsdruck steht. Anders als bei den Vorgängerausstellungen stehen jedoch heute nur wenig öffentliche Mittel für ein internationales Medienspektakel zur Verfügung. Politische Aufmerksamkeit fehlt, weil es nicht populär ist, Schrumpfung zu planen. Die staatliche Verordnung städtebaulicher Fachideologie muss durch einen nachfragegerechten Umbau der Bürger abgelöst werden.
Das Demonstrationsvorhaben soll zeigen, wie man durch Herabsetzung überzogener Baudichten, Schaffung von hochwertigen privaten Freiflächen und Umorganisation von Grundrissen den städtischen Mietwohnungsbau fit für die Zukunft machen kann. Dabei geht es vor allem darum, die Chancen von Schrumpfung zu nutzen, um Wohnqualitäten zu schaffen, die das innerstädtische Wohnen bisher nur ausnahmsweise zu bieten hat. Die intelligente Übertragung von Eigenheimqualitäten auf städtische Häuser und Wohnungen ist ein wichtiger Orientierungspunkt des Umbaus. Angesichts geringer öffentlicher Mittel sind hierfür private Initiative und privates Kapital notwendig, die man nur mobilisieren kann, wenn das Ausmaß der künftig zu erwartenden Umbrüche der Stadtstruktur ins öffentliche Bewusstsein gelangt.
Hierfür ist die Tagung, deren Ergebnisse dokumentiert werden, ein wichtiger erster Schritt.
10 Bausteine für eine Qualitätsoffensive Mietwohnungsumbau
(1) Die notwendige „Qualifizierung“ des Mietwohnens darf nicht erst beginnen, wenn große Wohnanlagen und Quartiere dauerhaft unvermietbar geworden sind. Umbau und Rückbau müssen beginnen, wenn die wohnungswirtschaftliche Kraft für unsubventionierten Umbau noch vorhanden ist.
(2) Wenn Nachhaltigkeit eine Chance bekommen soll, muss die Polarisierung zwischen einem unreglementierten Einfamilienhausbau und einem überregulierten Mietwohnungsbau überwunden werden. Auch das Nebeneinander von unkontrollierter Zersiedelung und verordneter Überverdichtung verhindert Nachhaltigkeit.
(3) Wer den Mietwohnungsbau und das städtische Wohnen langfristig attraktiv und nachfragegerecht machen will, muss von dem lernen, was die Nutzer im Eigenheim suchen. Der heute vorhandene Eigenheimbau soll nicht kopiert werden. Es geht darum, Qualitäten, die heute ausschließlich im Eigenheim angeboten werden, intelligent auf den Mietwohnungsbau zu übertragen.
(4) Stadtumbau in der Innenstadt und die Demonstration guten Bauens kann nicht verordnet werden. Dies muss durch private Initiative, gute Beispiele, Dialog und die Zusammenarbeit der wichtigen Verbände erfolgen, die das gemeinsame Interesse an einer attraktiven Innenstadt als Wohnort verbindet.
(5) Der Dialog zwischen Anbietern und Nachfragern von Wohnungen muss gestärkt werden; niemand hat ein Monopol auf die Definition von „Bauqualität“. Die Sicherung einer kundenorientierten Qualität ist bei wachsendem Wettbewerb und Angebotsüberhängen am Wohnungsmarkt ein Gebot wirtschaftlichen Überlebens.
(6) Die wenigen Fördermittel im Wohnungsbau sind verstärkt im Sinne von mehr Qualitätswettbewerb einzusetzen und an geeignete Initiativen zu binden, die über eine demokratische Legitimation verfügen. Die Seite der Nutzer muss dabei eine Stimme bekommen.
(7) Die Stadtplanung muss ihre Leitbilder überprüfen. Die Tradition der alten europäischen Stadt ist vielschichtig und besteht nicht nur aus dem baulichen Erbe, das seit Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Die Gleichsetzung von Attraktivität = Urbanität = hohe Dichte verhindert langfristig attraktive Lösungen.
(8) Die Verbindung von Wohnung und privatem Freiraum ist ein Schlüssel zum bedarfsgerechteren Neu- und Umbau von Wohnungen. Die spannungsvolle Verbindung von Landschaft und Gebautem ist eine Kernaufgabe des Städtebaus der Zukunft.
(9) Das richtige Ziel, nachhaltiges Bauen zu fördern, darf nicht dazu führen, dass nur das Bemühen um reduzierte Gebäudeoberfläche zählt.
(10) Schrumpfende Städte sind auch eine Chance zur Verbesserung der städtebaulichen Situation. Die Stadt- und Bauplanung der Gemeinden ist jedoch auf die Wiederherstellung von Wachstum fixiert. Die Schlüssel für die Mittelzuweisung aus dem Finanzierungsverbund bestrafen Schrumpfung. Hiergegen müssen geeignete Formen gefunden werden.
09.07.2014