Pressemitteilung Nr. 15/11
Der Berliner Mieterverein sieht mit Sorge, dass durch den im heutigen Bauausschuss beschlossnen Gesetzentwurf eine falsche Weichenstellung für die Mieten im Sozialen Wohnungsbau eingeschlagen wird, die nach Verabschiedung des Gesetzes im Parlament kaum noch rückholbar sein wird.
„Der wesentliche Kritikpunkt am Wohnraumgesetzentwurf ist, dass die Mietenbildung zukünftig über das System der ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgen soll und damit erhebliche Mietsteigerungen für Sozialwohnungen nach sich ziehen wird“, erklärte Mietervereinsgeschäftsführer Reiner Wild.
Der Berliner Mieterverein hält dies für falsch, weil
- bereits heute die konkreten Nettokaltmieten gemäß Mietspiegel 2011 (Mittelwerte) für den Baujahrgänge 1984-1990 bei 6,40 Euro pro Quadratmeter monatlich, für die Baujahrgänge 1991 bis 2009 sogar bei 7,05 Euro pro Quadratmeter monatlich liegen,
- bereits heute die für Mieterhöhungen letztendlich maßgeblichen Oberwerte der Mietspiegelspannen 2011 zwischen 6,41 – 8,88 Euro pro Quadratmeter monatlich (Baujahrgänge 1984-1990) bzw. 6,70 – 10,23 Euro pro Quadratmeter monatlich (Baujahrgänge 1991 bis 2009) liegen,
- große Teile der Mietspiegelfelder nicht besetzt sind für die Baualtersklassen 1984-1990 und 1991-2000 und deshalb Mieterhöhungen mit Bezug auf drei vergleichbare Wohnungen (auch aus dem eigenen Bestand) begründet werden können,
- für Neuvermietungen gar keine Begrenzungen existieren.
„Nach unserer Schätzung liegen in der Gruppe der Sozialwohnungen ohne Anschlussförderung (28.000 Wohnungen der Baujahrgänge ab 1987) mindestens drei Viertel aller Sozialmieten noch deutlich unter den freifinanzierten Vergleichsmieten, sodass der Übergang in die Vergleichsmiete für den Erwerber (nur der Verkaufsfall wird im Gesetzentwurf geregelt) in der Regel also deutliche Mieterhöhungsmöglichkeiten schafft“, erklärte Wild. Bislang stieg die Miete jährlich im Schnitt um 0,13 Euro pro Quadratmeter monatlich (ohne die Mieterhöhungen in Richtung Kostenmiete für die Wohnungen ohne Anschlussförderung). Das ist deutlich weniger als die BGB-Regelung, die 20 Prozent in drei Jahren ermöglicht. Mit dem Gesetzentwurf soll die Kostenmiete von bis zu 18/19 Euro pro Quadratmeter monatlich unmöglich gemacht werden. „Doch hier wird ein möglicher Vorteil mit deutlichen Nachteilen für viele Sozialmieter erkauft“, befürchtet Wild.
Außerdem würde diese Regelung den Umstieg auf ein sozialeres weil staatlich regulierbares Mietensystem mit Höchstwerten bzw. Richtsatzmieten unmöglich machen. Dabei wäre ein solches z.B. in der Stadt Stuttgart praktiziertes System viel sinnvoller, weil dies die Winkelzüge gegen das Investorengeschäftsmodell bei Erwerb/Insolvenz etc. unnötig machen würde.
Zudem bleibt unklar, ob nicht für den Fall des Erwerbermodells der bisherige Eigentümer 6-12 Monate vor dem geplanten Verkauf eine Mieterhöhung bis zur Kostenmiete vornimmt und dann ein leeres Haus weiterveräußert. Dann käme auch die Bindung an die ortsübliche Vergleichsmiete für den Erwerber nicht zum Tragen.
Der Ausstieg aus dem Kostenmietsystem (bei Erwerb/Insolvenz/Zwangsversteigerung und bei vorzeitiger Rückzahlung der Darlehen) allein ist kein Weg zur Verbesserung der Situation der Mieter. Der Weg führt nur über ein Richtsatzmietensystem, dass sich unter Berücksichtigung eines Abstandgebotes von der Höhe her an den Vergleichsmieten orientieren sollte.
09.07.2014