Pressemitteilung Nr. 13/14
„Wir empfehlen den Berlinerinnen und Berlinern am kommenden Sonntag sich am Volksentscheid zu beteiligen, jedoch den Antrag der Bürgerinitiative für die Freihaltung des kompletten Tempelhofer Feld ebenso abzulehnen wie den Antrag des Berliner Abgeordnetenhauses“, erklärte der Geschäftsführer des Berliner Mietervereins, Reiner Wild.
Zum Vorschlag der „Initiative 100 % Tempelhofer Feld“ für die Freihaltung:
Der Ausschluss einer Randbebauung greift zu kurz. Der BMV hat immer darauf verwiesen, dass eine Lösung der Wohnungsmarktprobleme allein durch Neubau nicht greifen wird. Gleichwohl geht es auch nicht ohne die Schaffung neuen Wohnraums. Etwa 70 % aller Wohnungssuchenden, so eine Schätzung des Mietervereins, fragen Wohnraum innerhalb des S-Bahnringes nach. Dies trifft insbesondere auf die Neuberliner Bürger zu. Immerhin hatte Berlin in 2013 einen Nettozuwachs von fast 48.000 Personen. Das Tempelhofer Feld gehört zu den wenigen Flächenpotenzialen im Hauptnachfragegebiet, die durch das Land Berlin einer Bebauung zugeführt werden können. „Gerade weil das Tempelhofer Feld im Unterschied zu den meisten anderen Potenzialflächen in der Innenstadt dem Land Berlin gehört, könnte hier auch Neubau für mittlere und untere Einkommensschichten entstehen“, so Wild. Es sei naiv zu glauben, man könne über das derzeitige Baurecht private Grundeigentümer in nennenswertem Umfange an anderer Stelle zu Verdichtungsmaßnahmen und dem Bau preisgünstiger Wohnungen bewegen, die in der Regel zudem auf wenig Gegenliebe bei der dortigen Bewohnerschaft stoßen. Die Randbebauung kann städtebaulich im Übrigen auch eine Chance für die Aufwertung der inneren Freifläche des Feldes sein. Äußerungen aus dem Vorstand der Bürgerinitiative, auch bei einem erfolgreichen Volksentscheid für die Freihaltung des Feldes könne dieser Gesetzesbeschluss aufgeweicht werden und am Ende eine behutsame Bebauung ermöglichen, sei eine Wählertäuschung. „Deshalb haben wir auch für die Empfehlungen der Oppositionsparteien des Abgeordnetenhauses kein Verständnis“, erklärte Wild.
Zum Vorschlag des Abgeordnetenhauses für die Sicherung einer verkleinerten Freifläche und einer Randbebauung
Auch dieser Antrag greift zu kurz. Es finden sich nach dem Scheitern eines Allparteienbeschlusses im Abgeordnetenhaus keine Anhaltspunkte für den Willen nach einer „behutsamen Entwicklung“ des Feldes, die den Anforderungen einer sozial orientierten inneren Stadterweiterung Rechnung trägt. Die Ursache liegt darin, „dass sich SPD, CDU und Finanzsenator Nußbaum nicht wirklich auf das vom Stadtentwicklungssenator Müller proklamierte Ziel, 50 % der Wohnungen sollen zwischen 6 und 8 € Miete nettokalt kosten, einigen konnten“, so Wild. Misstrauen ist daher angebracht.
Solange sich der Senat nicht dazu bekennt, dass für eine wachsende Stadt auch zusätzliche Steuermittel („Infrastruktursofortprogramm“) für die notwendige technische und soziale Infrastruktur aufgebracht werden müssen, wird aus finanziellen Gründen der Druck groß, teurere Wohnungen oder mehr Eigentum zu schaffen und zu Lasten der Urbanität verdichteter zu bauen. Nach Auffassung des Berliner Mietervereins soll für den Bau dauerhaft preisgünstiger Wohnungen die Wohnungsvergabe bzw. Mietpreisbildung gemäß der Berliner Haushaltsstruktur vorgenommen werden. Das bedeutet, dass sich die Bauherren verpflichten, 2/3 der Wohnungen mit öffentlicher Förderung zu errichten, sodass auch Haushalte mit Transfereinkommensbezug (25 % der Wohnungen) und sonstige WBS-Berechtigte anmieten können. Aussagen zum potenziellen Baufeld an der Neuköllner Seite fehlen bislang vollständig. Der Berliner Mieterverein kritisiert, dass der Senat in seiner neuen Wohnungsbauförderung mit einer zu hohen Einstiegsmiete beginnt und zudem die Eigentumsumwandlung nicht ausschließt. Auch dadurch werden die Versprechungen unglaubwürdig.
Um aus der ehemaligen Verkehrsenklave Tempelhofer Feld ein normales Stück Innenstadt zu machen, ist vor allem Partizipation notwendig. Eine demokratisch legitimierte Erweiterung der vorhandenen Stadt in das Tempelhofer Feld hinein, ist ohne Berücksichtigung der anliegenden Nachbarquartiere und Bezirke undenkbar. Sie sind nicht nur Anrainer, sondern auch Akteure. Dies hat der Senat bislang sträflichst missachtet. Die Einbindung lokaler Anforderungen wird auch positive Effekte auf die Gewerbenutzung haben. Gleichwohl besteht hier für die Entwicklung des Tempelhofer Feldes die schwierige Aufgabe, eine Brücke zwischen den gesamtstädtischen Anforderungen und den Bedürfnissen der angrenzenden Stadtquartiere zu schlagen. Dazu ist eine ergebnisoffenere Planung erforderlich. Es geht dabei nicht um die offiziellen Beteiligungsverfahren nach Bundesbaugesetz. Davon halten die Bürger ohnehin nichts, wie neue Untersuchungen wieder belegt haben.
Der Senat will in der zweiten Hälfte der Legislatur in der Wohnungspolitik einseitig auf den Neubau setzen. So soll es anstatt eines Bündnisses für Wohnen nur ein Bündnis für den Wohnungsneubau geben. „Das halten wir für falsch“, so Wild.
Ist „2 x Nein“ zwecklos, weil dann der Masterplan des Senats kommt?
Nein, denn einerseits kann eine behutsame Entwicklung mit preisgünstigen Mieten an den Rändern nur ermöglicht werden, wenn man den Antrag nach 100 % Freifläche für Freizeit und Sport ablehnt und andererseits den leeren Versprechungen des Abgeordnetenhausbeschlusses von CDU und SPD, was die Randbebauung betrifft, eine Absage erteilt. Bei einer Ablehnung des Antrags aus dem Abgeordnetenhaus dürfte zumindest politisch der Masterplan zur Disposition stehen, da Senator Müller sich hinter den Abgeordnetenhausantrag gestellt hat.
28.05.2014