Pressemitteilung Nr. 15/15
Hier die Stellungnahme des Berliner Mietervereins zum nicht rechtskräftigen Urteils des Amtsgerichts Charlottenburg (Az 235 C 133/13):
1. Nach dem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg sei der Berliner Mietspiegel 2013 nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt. Damit käme ihm die gesetzliche Vermutungswirkung gemäß § 558 d BGB nicht zu, wonach die in ihm genannten Mietwerte die ortsübliche Vergleichsmiete abbilden würden. Die Richterin stützt sich dabei auf ein Gutachten des Statistik-Professors Dr. Krämer von der Uni Dortmund. Sie schließt sich in zwei Punkten der Auffassung des Gutachters an, die dieser bereits in einem weiteren Verfahren vor dem Landgericht Berlin (63 S 220/11), zu dem noch kein Ergebnis vorliegt, geäußert hatte. Weitere Stellungnahmen zum Beispiel des Senats oder anderer Gutachter hat die Richterin nicht eingeholt.
2. In mindestens vier weiteren Verfahren vor dem AG Charlottenburg (217 C 145/14, 217 C 157/14, 229 C 315/14, 232 C 262/14) liegen Urteile zu Mieterhöhungsverlangen vor, in denen der Berliner Mietspiegel 2013 von den Richtern weiterhin als vorrangiges Beweismittel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete genutzt wurde. Sie sind jedoch wie das Urteil vom 11.5.15 noch nicht rechtskräftig.
3. Dem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg war das vom Gericht beauftragte Gutachten des Statistik-Professors aus Dortmund, Dr. Krämer, vorausgegangen. Der Gutachter hatte dem Berliner Mietspiegel 2013 – wie in einem anderen Gerichtsverfahren auch dem Berliner Mietspiegel 2009 – die Eigenschaft als qualifizierter Mietspiegel abgesprochen. Der Berliner Mieterverein hatte damals das Gutachten wegen der mangelhaften Auseinandersetzung mit der Erstellung des Berliner Mietspiegels scharf kritisiert. Diese Abteilung des Amtsgerichts ist nun dennoch den Ausführungen des Gutachters gefolgt.
4. Grundsätzlich kann bei jedem Miethöhe-Streitverfahren zur ortsüblichen Vergleichsmiete der Mietspiegel angegriffen werden. Voraussetzung ist lediglich, dass substantiiert vorgetragen wird, warum der Mietspiegel nicht qualifiziert sei. Nach Auffassung des Berliner Mietervereins mangelte es in den beiden Verfahren, in denen bislang der Mietspiegel als nicht qualifiziert bewertet wird (Mietspiegel 2013: AG Charlottenburg 235 C 133 und Mietspiegel 2009: LG Berlin 220/110) an diesem substantiierten Vortrag. Ob der jeweilige Mietspiegel als Beweismittel zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beim Streit über die Mieterhöhung noch verwendbar ist, hängt letztendlich davon ab, wie die vier Kammern des Berliner Landgerichts urteilen werden. Solange in den Entscheidungen des Landgerichts Berlin nicht die Tendenz vorherrschend wird, dem Berliner Mietspiegel die „Vermutungswirkung“ abzusprechen, die ortsübliche Vergleichsmiete darzustellen, büßt er seine Eigenschaft als vorrangiges Beweismittel für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nicht ein. Allerdings ist davon auszugehen, dass die 63. Kammer des Landgerichts (Az 63 S 220/11) ebenfalls der Auffassung ist, dass der Berliner Mietspiegel – in diesem Fall die Ausgabe 2009 – nicht qualifiziert ist. Eine Entscheidung steht in diesem älteren Verfahren zwar noch aus, aber die zuständige Richterin ist auch hier entgegen ihrer früheren Auffassung der Meinung, dass der Mietspiegel die ortsübliche Vergleichsmiete nicht zutreffend abbildet und hat nach Gutachtenstellung des Statistikprofessors Krämer von der Uni Dortmund ein weiteres Gutachten zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete erstellen lassen.
5. Bei den beklagten Mietern handelt es sich um Mitglieder des Berliner Mietervereins. Sie werden anwaltlich vertreten. Gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg werden die Beklagten mit großer Wahrscheinlichkeit Berufung einlegen, so dass die Entscheidung nicht rechtskräftig wird und das Landgericht Berlin über die Frage entscheiden wird.
6. Das Urteil des Amtsgerichts hat keine Auswirkung auf den am 18. Mai 2015 neu erscheinenden Berliner Mietspiegel 2015. Der Berliner Mietspiegel 2015 wird als qualifizierter Mietspiegel erscheinen. Die Vermieterverbände Haus & Grund und BFW tragen den qualifizierten Mietspiegel 2015 nicht mit, obwohl die beiden Verbände den Status „qualifiziert“ in den letzten Jahren immer mitgetragen haben. Dass die beiden Vermieterverbände den Mietspiegel 2015 nicht mittragen, hat jedoch keine rechtliche Bedeutung. Der Berliner Mietspiegel wird vom Senat in Auftrag gegeben und als qualifizierter Mietspiegel anerkannt. Die Zustimmung der Verbände ist freiwillig und bei Anerkennung durch den Senat für den Status „qualifiziert“ keine Voraussetzung. Die Vermieterverbände wollen mit ihrer Ablehnung Vermieter zur Durchsetzung höherer Mietforderungen ermuntern, Einfluss auf die Richterschaft nehmen und letztendlich ihren Unmut mit der Einführung der Mietpreisbremse kundtun.
7. Durch das Urteil des AG Charlottenburg und des zu erwartenden Urteils der 63. Kammer des Landgerichts Berlin wird es eine gewisse Rechtsunsicherheit geben, vor allem für Mieter, deren Miethöhestreitigkeiten vor dieser Abteilung bzw. Kammer landen. Ob zum Beispiel auch dem Berliner Mietspiegel 2015 die Qualifiziertheit abgesprochen wird, ist aber keineswegs gewiss. Da aber im Grunde jederzeit ein Mietspiegel im Miethöhestreit wieder angegriffen werden kann, muss zur Stärkung der Rechtssicherheit die Bundesregierung von ihrer Ermächtigungsnorm in § 558 c Abs. 5 BGB Gebrauch machen und Vorschriften über den näheren Inhalt und das Verfahren zur Aufstellung und Anpassung von Mietspiegeln erlassen. Es ist zudem zu prüfen, wie durch gesetzliche Maßnahmen die Mietspiegel gestärkt werden. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz muss in Vorbereitung der geplanten zweiten Novelle des Mietrechts für diese Problematik eine Lösung finden.
Im Zusammenhang mit der Bekanntgabe des Urteils vom AG Charlottenburg kam es zu zahlreichen Fragestellungen, die leider fehlerhaft in der Öffentlichkeit beantwortet wurden.
Dazu folgende Klarstellungen des Berliner Mietervereins:
Wozu werden Mietspiegel gebraucht?
Nach dem Gesetz dürfen Vermieter die Miete im freifinanzierten Wohnungsbau nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Mieterhöhungen nach Modernisierung oder wegen gestiegener Betriebskosten sind davon ausgenommen. Der Gesetzgeber unterscheidet zwischen „einfachen“ und qualifizierten Mietspiegeln. Der qualifizierte Mietspiegel muss nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden erstellt und von der Gemeinde oder den Vertretern von Mietern und Vermietern anerkannt werden. Dem Mietspiegel kommen vor allem zwei unterschiedliche Bedeutungen zu:
1. Er dient den Vermieter als Begründung für eine Mieterhöhung. Vermieter können aber alternativ Mieterhöhungen auch mit drei Vergleichswohnungen – auch aus dem eigenen Bestand -, mit einer Mietdatenbank oder einem Gutachten begründen. Will der Vermieter jedoch mit der Mieterhöhung eine Miete erzielen, die über dem entsprechenden Mietspiegelwert liegt, begründet er die Mieterhöhung in der Regel mit Vergleichswohnungen. Als Begründungsmittel sind Mietspiegel daher bei Vermietern beliebt, bei Mietern weniger. Der Rechtstreit um den Mietspiegel tangiert die Begründung von Mieterhöhungen aber nur am Rande, denn Vermieter können zur Begründung einfache und qualifizierte Mietspiegel verwenden. Gibt es in einer Gemeinde wie in Berlin einen qualifizierten Mietspiegel, muss der Vermieter auch bei der Begründung der Mieterhöhung mittels Vergleichswohnungen oder mittels der anderen Begründungsmittel auf das entsprechende Mietspiegelfeld des qualifizierten Mietspiegels verweisen.
2. Stimmt der Mieter dem Mieterhöhungsverlangen nicht oder nur teilweise zu, weil er vermutet, dass mit der Forderung die ortübliche Vergleichsmiete überschritten wird, wird der Vermieter seine Forderung klageweise durchsetzen wollen. Die Richterschaft hat dann zu entscheiden, ob mit der Forderung des Vermieters die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten ist. Beim qualifizierten Mietspiegel wird nach § 558 d Abs. 3 BGB vermutet, dass die im Mietspiegel verzeichneten Mietwerte die ortsübliche Vergleichsmiete wiedergeben (sogenannte Vermutungswirkung). Der Mieter kann daher den Mietspiegel als Kontrollinstrument für die tatsächliche Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete einsetzen. Genau dagegen richten sich die derzeitigen Angriffe der Vermieter auf den Mietspiegel. Für den einfachen Mietspiegel gilt diese „Vermutungswirkung“ nicht. So hat Köln zum Beispiel nur einen einfachen Mietspiegel. Bei Miethöhestreitigkeiten werden dann vom Gericht immer Gutachten (Kosten: 2000 – 4000 €) in Auftrag gegeben, die die Kosten des gerichtlichen Verfahrens deutlich erhöhen und aus Mietersicht problematisch sind, weil sie die ortsübliche Vergleichsmiete schlechter wiedergeben können als Mietspiegel und weil die Gutachten in der Regel die Vermieterforderungen erfüllen. Am Mieter bleiben dann die Verfahrenskosten hängen und er muss zudem eine erhöhte Miete zahlen.
Es wird behauptet, die Zahlen des Mietspiegels würden aus politischen Gründen klein gerechnet. Stimmt das? Was bedeutet in diesem Zusammenhang Extremwertbereinigung?
Diese Behauptung, unter anderem vertreten vom Hauptgeschäftsführer von Haus & Grund Deutschland, entbehrt jeglicher Grundlage und diskreditiert auch den Berliner Landesverband von Haus & Grund. Denn der hatte die Berliner Mietspiegel bislang weit überwiegend mitgetragen. Der Mietspiegel 2013 ist insoweit nicht anders erstellt worden als frühere Mietspiegel.
Der Vorwurf der „manipulierten“ Daten bezieht sich auf die sogenannte Extremwertbereinigung. In den Hinweisen der Bundesregierung zur Erstellung von Mietspiegeln wird empfohlen, dass von den empirisch erhobenen Mietdaten nur ein gewisser Anteil, die sogenannten „üblichen“ Mieten einer Gemeinde abgebildet werden. Damit wird nicht zum Ausdruck gebracht, dass die außerhalb dieses Anteils liegenden Mieten Wuchermieten sind, sondern dass sie als nicht üblich in dem jeweiligen Mietspiegelfeld angesehen werden können. Diese Verfahrensweise ist bundesweit akzeptiert und wird auch beim Berliner Mietspiegel vorgenommen.
Die Frage besteht nur darin, nach welchem statistischen Verfahren die Extremwertbereinigung erfolgt. Gesetzlich gibt es dazu keine Vorschrift. Im Berliner Mietspiegel erfolgte bis 2013 die Extremwertbereinigung wie bei der Mehrzahl aller deutschen Tabellenmietspiegel mittels eines sogenannten Vertrauensintervalls. Dabei werden die Mietwerte herausgenommen, die außerhalb des 2,24-fachen der Standardabweichung um den Mittelwert herum liegen. Das Problem besteht darin, für alle Mietspiegelfelder in einem einheitlichen Verfahren eine sachgerechte Extremwertbereinigung durchzuführen. Das ist deshalb schwierig, weil die Mietspiegelfelder eine höchst unterschiedliche Datenverteilung haben. Es kann jedoch nicht angehen, die Qualifiziertheit eines Mietspiegels an einem Mietspiegelfeld zu beurteilen, wie es der begutachtende Statistikprofessor aus Dortmund und die Richterin des AG Charlottenburg gemacht haben. Das nämlich ist tatsächlich höchst unqualifiziert.
Im Übrigen hat der begutachtende Statistikprofessor Krämer nicht nachgewiesen, dass mit dem seiner Meinung nach einzig akzeptablen Verfahren zur Extremwertbereinigung (Interquartilsabstand bzw. boxplot-Methode) tatsächlich weniger Extremwerte eliminiert werden.
Ist die Kritik am Mietspiegel neu oder hätte der Senat „gewarnt“ sein müssen? Ist eine angekündigte Änderung der Mietspiegelerstellung ausgeblieben?
Ein Mietspiegel enthält neben der wissenschaftlichen Erarbeitung durch Datenerhebung und Datenauswertung immer auch normative Elemente, weil die gesetzlichen Vorgaben sehr allgemein sind. Über diese normativen Elemente wird und wurde immer wieder vor allem zwischen den Verbänden der Mieter und Vermieter gestritten. Das ist normal, weil die Interessenlagen eindeutig sind. Gleichzeitig kam es in Berlin durch Kompromisse zumeist zu einem einhellig getragenen und anerkannten Mietspiegel.
Im Laufe der Mietspiegelerstellung kam es immer wieder zu Veränderungen, zum einen, weil sich der Wohnungsmarkt ändert, zum anderen, weil den an der Erstellung Beteiligten neue Erkenntnisse vorlagen. Der Senat hätte durch konkrete Änderungen am Mietspiegel diesen aktuellen Vermieterangriff und das damit einhergehende Urteil des AG Charlottenburg nicht vermeiden können, es sei denn, er hätte quasi im vorauseilenden Gehorsam für Vermieter den Mietspiegel so gestrickt, dass die Vermieter keine Angriffe mehr starten würden. Dann wäre aber der Mietspiegel mit Sicherheit nicht mehr qualifiziert im Sinne des Gesetzes. Vom Senat angekündigte Änderungen des Mietspiegels, die die Vermieterkritik am Mietspiegel aufnehmen würden, hat es im Übrigen noch nie gegeben.
Die Vermieter-Angriffe auf den Berliner Mietspiegel haben nichts mit der Qualität des Mietspiegels zu tun, sondern treten vermehrt auf, seit in Berlin bei Wiedervermietungen bzw. neuen Mietverträgen wegen der Wohnungsknappheit Mieten erheblich oberhalb der Mietspiegelwerte vereinbart werden können. Mit der Verabschiedung der Mietpreisbremse hat die Kritik der Vermieterverbände am Mietspiegel zugenommen. Mieterhöhungen in bestehenden Mietverhältnissen wie auch die Preisbremse bei Wiedervermietung haben die ortsübliche Vergleichsmiete als Grundlage. Jetzt wird von Vermieterseite vermehrt auf den Mietspiegel als Abbild der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeschlagen. Gemeint ist aber vor allem die Mietpreisbremse, der man auf diese Art „den Zahn ziehen“ will. Bei der Gelegenheit soll dann die Miterhöhung auch erleichtert werden.
Was haben die Erstellungskosten für Mietspiegel mit dem Thema zu tun?
Zum Teil hat die Kritik des Gutachters in den Miethöhestreitigkeiten – hier vor allem beim Verfahren LG Berlin 63 S 220/11 – Einfluss auf die Kosten für die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels. Da wurde bemängelt, dass die Rücklaufquote der an Mieter versandten Fragebögen zu gering sei und damit der Mietspiegel nicht als repräsentativ gelten könne. Alle Verbände, die an der Mietspiegelerstellung mitwirkten wie auch der Senat haben bislang einhellig die Auffassung vertreten, dass die Rücklaufquote keine Ursache für mangelnde Repräsentativität sei.
Will man dennoch eine deutlich höhere Rücklaufquote bei Mietern und auch privaten Kleinvermietern, dann muss man den Datenerhebungsaufwand erheblich ausweiten und wird auch erheblich höhere Kosten haben. Es darf aber bezweifelt werden, dass selbst bei einer solchen Kostensteigerung ein anderes Ergebnis des Mietspiegels zustande käme. Natürlich wäre eine gesetzliche Beteiligungspflicht von Mietern oder Vermietern für den Rücklauf von Vorteil. Gleichwohl ist nicht bewiesen, dass das freiwillige Verfahren dazu führen würde, dass wegen einer spezifischen Auswahl von Personen, die bereit sind, an der Mietspiegelerhebung teilzunehmen, das Ergebnis unzulässig verfälscht würde. Gesetzlich ist nicht vorgeschrieben, dass die befragten Mieter und Vermieter den tatsächlich vorhandenen Merkmalen von Einkommen, sozialem Status, Berufen, etc. entsprechen müssen.
Beim Mietspiegel geht es um eine Befriedungsmaßnahme zur Umsetzung von Mieterhöhungen. Wer auch aus wissenschaftlicher Sicht unnötig hohe Anforderungen an die Mietspiegel stellt, muss dann allerdings auch beantworten, wie sie finanziert werden solle.
Ist die Wohnlageeinteilung beim Mietspiegel willkürlich?
Die Erstellung der Wohnlageneinstufung zum Berliner Mietspiegel und ihre turnusmäßige Aktualisierung ist im Methodenbericht zum Berliner Mietspiegel 2013 in ihren methodischen Grundlagen und wissenschaftlichen Aspekten ausführlich beschrieben worden (Kap. 11). Der vom AG Charlottenburg beauftragte Gutachter hat diese Ausführungen weder gewürdigt, noch hat er sie auf ihre Wissenschaftlichkeit hin untersucht. Stattdessen wird kritisiert, dass in der Berliner Wohnlagenkarte für die drei Wohnlagen einfach, mittel und gut unterschiedliche Definitionen gegeben werden für den inneren Stadtbereich und den Außenbereich. Nach seiner Einschätzung wird dadurch ein „Homogenitätsgebot“ verletzt. Was hiermit gemeint ist und welcher Wissenschaft dieses Gebot entstammt, wird im Gutachten nicht erwähnt.
Das Mietrecht formuliert in § 558 BGB ein „Vergleichbarkeitsgebot“. Die ortsübliche Vergleichsmiete ist aus den Mieten von Wohnungen mit vergleichbarem Wohnwert zu bestimmen. Der Berliner Mietspiegel konstatiert in seinem Wohnlagensystem zwar unterschiedliche Wesensmerkmale für die Wohnlagen im inneren und äußeren Stadtbereich, trifft aber letztlich die Aussage, dass trotz dieser Unterschiedlichkeiten die korrespondierenden Wohnlagen im inneren und äußeren Stadtbereich in ihren Wohnwerten so vergleichbar sind, dass sie jeweils als einheitliche Wohnlagenkategorie behandelt werden müssen. Dieses ist keine Frage statistischer Wissenschaft, sondern Ausfluss der normativen Komponente des deutschen Vergleichsmietensystems.
Leider hat sich auch die Richterin des AG Charlottenburg nicht detailliert mit den Wohnlagekriterien befasst. Das es auch in Hellersdorf ebenso wie in Charlottenburg mittlere Wohnlage geben kann, dürfte als Hinweis für eine ungeeignete Wohnlagenbestimmung nicht ausreichend sein, zumal als Argument lediglich angeführt wird, dass die Bodenrichtwerte anders sein.
Es ist unbestritten nicht einfach, die Wohnlagezuordnung wissenschaftlich umzusetzen. So werden bei deutschen Mietspiegeln unterschiedliche Merkmale verwendet. In Manchen Mietspiegeln werden zwei Wohnlagen (z.B. Hamburg) ausgewiesen in manchen vier (z.B. München). Manche Kommunen verzichten vollständig auf eine Wohnlageeinteilung. Üblich sind allerdings drei Wohnlagen (einfach, mittel und gut). Es gibt im Übrigen keine wissenschaftliche Begründung für eine „bevorzugte“ Wohnlage. Die Vermieterstrategien sind durchsichtig. Letztendlich geht es ihnen im Moment nur darum, in Anbetracht der Wohnungsmarktlage auch in Bestandsmietverhältnissen höhere Mietsteigerungen durchsetzen zu können.
15.05.2015